Vea Kaiser „Blasmusikpop“

Vea Kaiser „Blasmusikpop“

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als dieser Roman 2012 erschienen ist. Naja, an den Roman weniger als an den einprägsamen und witzigen Titel: „Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam". Mit derartigen Titeln hat man mich genauso schnell wie mit ansprechenden Covern. Da ich aber noch so viel Anderes, mir wichtiger erscheinendes zuerst lesen musste, hab ich mich erst jetzt dazu aufraffen können.

Inhalt/Klappentext

Gegen die Engstirnigkeit und den unreflektierten Traditionssinn der Bewohner des abgeschiedenen alpenländischen Bergdorfes St. Peter am Anger hegt Johannes A. Irrwein - geschult an seinem Großvater, dem Bandwurmforscher Johannes Gerlitzen - seit frühester Kindheit eine starke Abneigung. Bildungshungrig und aufgeweckt wie er ist, sehnt er sich nach jener aufgeklärten, zivilisierten Welt, die er hinter den Alpenmassiven vermutet. Als der Musterschüler jedoch unerwartet durch die Matura fällt, beginnt er, sich mit seinem Dorf auseinanderzusetzen. Seinem Lieblingsautor Herodot nacheifernd macht er sich daran, die Chroniken seines Dorfes zu verfassen - und verursacht dabei ungewollt das größte Ereignis in der Geschichte St. Peters, das das Bergdorf auf immer verändern wird. Ein 14,8 Meter langer Fischbandwurm, eine Seifenkiste mit Kurs auf den Mond, ein ungeahnt attraktiver Mönch im Jaguar, ein fallender Engel, eine schwangere Dorfprinzessin, eine altphilologische Geheimgesellschaft, eine nordic-walkende Mütterrunde, ein Jungfußballer mit dem Herz am rechten Fleck, eine sinistre Verschwörung der Dorfältesten sowie jede Menge poppige Blasmusik gehören zum unvergesslichen Mikrokosmos dieses Romans, der durch seine Hingabe an leuchtende Details und skurrile Begebenheiten, durch seinen erzählerischen Furor und seine Vielstimmigkeit besticht. Ein wagemutiges, herausragendes Debüt. "Blasmusikpop" wird Sie verzaubern. Vea Kaiser „Blasmusikpop“

Was ich dazu sage

Bis auf den witzigen Titel wusste ich (wieder einmal) nicht, um was es in „Blasmusikpop" eigentich geht. Weder Rezensionen noch den Klappentext habe ich im Vorfeld gelesen. Inzwischen mag ich das aber eigentlich doch ganz gerne, denn oft läßt man sich durch so viel beeinflussen, dass man dann vielleicht gar keine Lust mehr hat ein Buch zu lesen, weil man schon eine vorgefertigte Meinung hat. Hätte ich mich also auf die (negativen) Rezensionen auf amazon verlassen, hätte ich das Lesen wohl gleich bleiben lassen können.

Vea Kaiser hat sehr angenehmen Schreibstil, der sich sehr flüssig und spannend liest. Ein ganz klein wenig musste ich beim Lesen an die Brenner Romane von Wolf Haas* denken, die ich wirklich sehr gut finde. Aber das liegt wahrscheinlich am Setting der Geschichte. Da Kaiser selbst Wurzeln in einem kleinen österreichischen Dorf hat, beschreibt sie sowohl den Dorfaufbau als auch die Personen und deren Hierarchie sehr gut und glaubwürdig, wenn auch teilweise (besonders im letzten Drittel) sehr überzeichnet. Aber es handelt sich bei Blasmusikpop ja auch um einen sartirischen Roman, da darf das ruhig sein.

Geschrieben ist die Geschichte teilweise in Mundart, was ich eigentlich ganz gerne mag und gut in den Rahmen hinein passt. Aber auch hier: im letzten Drittel wird einfach zu dick und viel zu klischheehaft aufgetragen. Ich sag nur:

„Na dann lassts uns tanzn, bis den Mädls de Duttln aus den Dirndln hupfn!"
(S. 471)

Die ersten beiden Drittel sind dagegen wirklich toll zu lesen, Kaiser baut die Handlung sehr gut auf, beschreibt das Dorf und einzelne Bewohner. Diese bleiben allerdings alle etwas farblos und eben klischeehaft, einzig die Hauptcharaktere sind genauer ausgearbeitet, besonders Doktor Johannes Gerlitzen und sein junger Enkel Johannes A. Irrwein, was aber bestimmt (ich hoffe es zumindest) so gewollt war.

Ich finde es wirklich beachtlich, wie gut Blasmusikpop als Erstlingsroman eigentlich geschrieben ist. Der krasse Gegensatz dazu allerdings, wenn man Vea Kaiser in diversen Interviews sprechen hört. Das Wort Fremdschämen kommt einem da in den Sinn. Wer genau wissen will, was ich meine, sucht mal auf der einschlägigen Videoplattform nach dem Interview mit Markus Lanz oder mit ARD Druckfrisch... Aber zum Glück muss man sie ja beim Lesen nicht hören 😉

Fazit

Trotz einem recht schwachen letzten Drittel, ein absolut kurzweiliges und lesenswerter Roman!


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