Vaterlands- und Muttiverrat

Der heutigen Welt entnehme ich, dass trotz aller Bemühungen die Umfragen in NRW einfach nicht das hergeben, was sich Springer wünscht. Die rot-grüne Mehrheit steht trotz Piraten und sogar trotz potentiellem Wiedereinzug der FDP. Das ist insofern nicht allzu erstaunlich, als dass die Stimmen für die FDP auch in Schleswig-Holstein von der CDU kamen, da reicht ein Blick auf die Verteilung von Erst- und Zweitstimmen. Ergo sind Gewinne der FDP zu einem großen Teil Verluste der CDU, aber eben ganz bestimmt nicht von Rot-Grün. Im Gegenteil dürfte das sogar eher eine Mobilisierung zur Folge haben.

Dazu kommt, dass die deutschlandweite Medienkampagne für die Piraten (die gerne eine Kampagne gegen diese Partei wäre, aber eben nichts versteht und nichts verstanden hat) mittlerweile auch die Restbestände schwarz-gelber Wählerschaft in die Arme eben dieser Partei treibt. Man war wohl etwas zu beschäftigt damit, sich das Ergebnis im Norden schön zu saufen, und deswegen hat man ein paar zentrale Botschaften nicht mitgekriegt.

Auch haben sich ein paar Daten in Deutschland herumgesprochen, die es schwer machen, die Leute anständig zu veralbern. Dazu gehört die Tatsache, dass die Neuverschuldung im Bund schneller steigt als in sämtlichen Bundesländern; die theatralischen Worte, mit denen dort wie in Europa und natürlich NRW ein „Sparkurs“ beschworen wird, sind von hohem Unterhaltungswert, aber eben auch ein totes Pferd. Es muss auch nur auf den letzten Haushaltsentwurf von Rüttgers hingewiesen werden, dessen Neuverschuldung doppelt so hoch angesetzt war wie die jetzige unter Kraft, um weitere Pfeile in einen Ballon zu schießen, der nie abheben wird. Dass es dennoch penetrant versucht wird, zeigt einen mangelnden Respekt vor der Intelligenz des Wählers, der alle Fragen beantwortet, die man zur Wahlbeteiligung oder zum Erfolg der Piraten haben könnte.

Der Nachteil dabei ist, dass sich Opposition in Gänze auch weiterhin nicht zusammenfindet, um eine Mehrheit gegen Merkel zu schmieden. Herr Röttgen hat zwar ein paar ulkige Pirouetten gedreht, die einmal mehr sehr schön offenbahrt haben, wie diese Frau funktioniert, aber an die Kanzlerin traut sich allen voran die Partei nicht dran, die fürs erste die einzige wäre, die sie ablösen könnte. Dabei ist eine Frau, die ihren eigenen Kronprinzen wenige Tage vor der Wahl enthauptet, nur damit seine Niederlage bloß nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden kann, eigentlich ein leichtes Ziel.

Es ist der Dame scheinbar bewußt, dass ihr "Kurs" - eine bemerkenswerte Abfolge von Vollbremsungen und Kehrwertwenden - besser nicht diskutiert werden sollte; die Hoffnung der meisten Leute, dass die sogenannte "Euro-Krise" einfach und wohlgemerkt irgendwie vorbei gehen könnte, wird sich so oder so nicht erfüllen. Dafür war die Kelle aus den Steuertöpfen, die unsere Kanzlerin quer durch Europa über den Banken ausgegossen hat, einfach zu lecker; wäre ich eine Bank, ich hätte eine todsichere neue Anlagestrategie.

So habe ich nur das Wetter, aber immerhin: Das geht ja im Moment.

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