2012 hab ich mir ja zum persönlichen “Jahr der Walz” ausgerufen. Ich will viel sehen, viel lernen und mich auf fotografisches Neuland wagen. Eine Sache, die mich schon länger faszinierte waren die so genannten Edeldruckverfahren. Seit ich das irgendwann mal beim Grossmeister Vernon Trent gesehen habe, spukte mir das Thema gewaltig im Kopf herum. Ja, irgendwie mag ich den Gedanken, das Fotografie nicht mit dem geknipsten Foto aufhört. Ein weiterführender Prozess, der das Foto in ein “nicht reproduzierbares Einzelstück” verwandelt, kommt meinem Verständnis von Fotografie sehr entgegen.
Nun bietet mein Analog-Grossdealer und Berater in allen Lagen – die Firma Spürsinn -, seit einiger Zeit neben Analog-Einsteigerseminaren, auch Workshops zu Edeldruckverfahren wie Vandyke oder Cyanotopie an, doch leider sind meine freien Wochenenden sehr knapp. Umso glücklicher war ich, dass man mir dort, ein auf mich ganz persönlich zugeschnittenes Einzelcoaching unter der Woche, anbot und so machte ich mich am vergangenen Mittwoch auf den Weg. Die Ansage war: “Wir machen so lange, bis dir die Augen zufallen” und da ich pfiffig bin, schlief ich mich vorher gründlich aus
Um einen Vandyke zu erstellen, benötigt man nicht zwingend analoges Ausgangsmaterial. Man kann im Grunde jedes herkömmliche digitale Foto nutzen. Spürsinn hat da ein bestimmtes Pergament aufgetrieben, auf das man sein Foto mit einem herkömmlichen Tintenstrahldrucker bedrucken kann. Man kann sich sein Negativ also “selbst drucken” Somit ist das Verfahren auch für die interessant, die sich noch nicht an die analoge Fotografie trauen, aber dennoch etwas besonderes suchen. Das ganze Verfahren kann man - wenn man sich keine teure Laboraustattung leisten will – mit Material aus dem Baumarkt (ein paar Plastikschalen und Laborzangen sollte man allerdings schon anschaffen) und dem Spürsinn “Vandyke Starter-Set” bewerkstelligen.
Wir begannen zunächst mit etwas Papierkunde. Ja, so ein Edeldruck fängt schon bei der Wahl des richtigen Papiers an.
Danach wurde es ernst. Unter Rotlicht wird das Papier mit der Vandyke Emulsion eingestrichen. Und hier liegt bereits ein großer Teil der Kunst. Das Auftragen, verteilen und die richtige Randgestaltung im schummrigen Rotlicht mit einer farblosen Emulsion, ist eine Herausforderung, die ich mir einfacher vorgestellt hatte.
Danach wird das Papier getrocknet. Wir nutzten die Zeit des Trocknens, um uns mit der Bearbeitung der “Negative” auseinander zu setzen:
Ich als alter Grafikhase, hatte da jetzt keine Probleme “hinterher” zu kommen. Also raus damit auf den Drucker und los:
Anschliessend - nicht lachen – wird der das Papier ganz einfach mittels Gesichtsbräuner “ausbelichtet”…
… und die Schalen mit Unterbrecherbad, Fixierer und Toner vorbereitet.
Was dann folgt, ist echt ein Hochgefühl an Gefühlen und erinnerte mich an die Szene aus “Cast away”, in der Tom Hanks auf der gestrandeten Insel in die Nacht brüllt: “Ich hab eiiiin Feueeeerrr gemaaaaaacht!”
Zu sehen, wie sich das Bild sich in der Schale entwickelt, ist der Hammer.
Wir haben bis tief in die Nacht “Vandyked” und es fühlte sich verdammt gut an. Ich hab ne Menge gelernt und das Gefühl, einen Schritt in eine Richtung gegangen zu sein, mit der ich was anfangen werde. Wozu ich einen solchen Aufwand in digitalen Zeiten betreibe, weiss ich auch nicht – und ich will es irgendwie auch nicht hinterfragen. Warum leckt sich der Hund die Eier? Weil er es kann! Einen eigenen Vandyke in der Hand zu halten, ist schon ne geile Sache.
Manchmal müssen Dinge keinen Sinn ergeben, damit sie Sinn machen.