"Mönche und Nonnen, Scholaren und Handwerksburschen, Söldner und Klopffechter, Begharden und Beghinen, Geissler und Spielleute, Hausierer und Schatzgräber, Zigeuner und Juden, Quacksalber und Teufelsbeschwörer, heimische Wallfahrer und Jerusalempilger: die Palme tragend, zum Zeichen, dass sie aus dem gelobten Land kamen; zahllose Bettler-Spezialitäten: die Valkenträger, die den blutig angestrichenen Arm in der Binde trugen, die Grautener, die sich epileptisch stellten, die falschen Blinden, die Mütter mit gemieteten verkrüppelten Kindern und noch vielen anderen Sorten; alles erdenkliche Variétévolk, die sogenannten Joculatores: Akrobaten, Tänzer, Taschenspieler, Jongleure, Clowns, Feuerfresser, Tierstimmenimitatoren, Dresseure mit Hunden, Böcken, Meerschweinchen..."
Lese gerade "Zu Fuss. Eine Geschichte des Gehens" von Johann-Günther König. Ein erschütternder Gedanke aus dem Mittelteil des Buches: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, so nach der Grossen Pest oder dem Dreissigjährigen Krieg, lebte mehr als ein Zehntel der deutschen Bevölkerung auf der Strasse. Um 1600 dürften es gut zwei Millionen Menschen gewesen sein. Ein Teil davon waren Wanderarbeiter, Gewerbler und Tagwerker, Scherenschleifer und Kesselflicker. Dazu kamen Vagabunden, Bettler, Landstreicher. Selbst gebrauchte Kleidungsstücke, die damals den Gegenwert eines Monats Lohnarbeit kosteten, waren für sie unerschwinglich; kam der Winter, starben sie zuhauf an der Kälte, an Erkältungen, an der Erschöpfung. Der grosse Kulturhistoriker Egon Friedell beschrieb den Menschenmix von damals auf den Strassen und Pfaden in seinem eloquenten Stil so: