US-Wahl 2016: My 2 cents

Von Mandy

Oh, Amerika… du hast es also wirklich getan. Donald Trump wird 45. Präsident der USA. Puuuuh. Ich hab erstmal eine Weile gebraucht um das Wahlergebnis letzte Woche zu verdauen. Immer noch trudeln Nachrichten von Freunden und Familie ein, die mich fragen, was ich zu der Wahl sage, wie es mir damit geht. Erst war ich kurz irritiert, aber da Amerika doch fast meine zweite Heimat ist und ich erklärter Hillary-Fan bin, macht es irgendwie auch wieder Sinn. Ja… und was habe ich nun eigentlich dazu zu sagen? Hier der Versuch meine Gedanken mal zu Papier zu bringen.

Fangen wir mit dem 9. November an. Am besagten Mittwochmorgen war die Nacht gegen 5 Uhr schlagartig vorbei: Ich schreckte vor Aufregung aus dem Schlaf und konnte nicht mehr schlafen – vor allem nicht, nachdem ich auf dem Smartphone die Live Polls und meine Social Media Kanäle gecheckt habe. Und feststellen musste, das Trump Hillary bereits eingeholt hatte. Das sah absolut überhaupt nicht gut aus.

Omg! That doesn’t look good at all… #ElectionNight

— Mandy (@TravelRoads) 9. November 2016

Aber vage Hoffnung hatte ich noch… bis zu dem Zeitpunkt als ich gerade auf dem Weg ins Büro war und mir meine liebe Freundin Tanja schrieb: „… An dich denke ich heute ganz besonders… Was ein Tag!“…ein komisches Gefühl breitete sich aus, ich checkte die aktuellsten Ergebnisse und mitten auf der Straße brach es aus mir heraus: „Neeeeein! Nein, nein, nein! F***!“ Die Leute guckten zwar etwas komisch, aber das war mir in dem Moment herzlich egal, ich jedenfalls lief wie in Trance weiter zur Arbeit und konnte es einfach nicht fassen. Amerika hat wirklich Donald Trump gewählt?!?!?

@TravelRoads irgendwie hoffe ich immer noch, dass ich morgen aufwache und das alles wieder weg geht

— Synke Unterwegs (@nsynke) 9. November 2016

America just elected a man who said „Grab them by the p***y“ over the first female president https://t.co/DjCqkODtnx? pic.twitter.com/dHIgf5GVyF

— HuffPostWomen (@HuffPostWomen) 9. November 2016

What the f***?! … das Wahlergebnis hat mich doch mehr getroffen als ich erwartet hätte. In den letzten 2 Jahren war ich, wie eigentlich immer, mittendrin im US-Wahlkampf. Das es eine historische Wahl werden würde, war klar, aber das die USA in ganz anderem Sinne wieder einmal „Geschichte schreiben“ würden… damit hatte ich nicht gerechnet. Ich jedenfalls  fieberte mit meinen amerikanischen Freunden mit, die am Wahltag stolz auf FB Fotos posteten, wie sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine Frau zur Präsidentin wählen würden und mir noch in der Nacht ein Foto von ihrem angekreuzten Wahlzettel schickten. Gern hätte ich mich eingereiht und Hillary persönlich gewählt, dabei bin ich nicht mal Amerikanerin. Trotzdem fühle ich mich dem Land und den Menschen so tief verbunden, dass ich oft das Gefühl habe, ich wäre mehr mit Amerika verwurzelt als mit meiner eigenen Heimat(und nein, das bedeutet nicht ich will dahin auswandern…).

Und die Aussicht, dass nicht nur eine Frau, sondern DIE Frau, Hillary Clinton, nun wirklich, wirklich Präsidentin werden könnte, hat mich ebenfalls in hoffnungsvolle Aufregung versetzt. Mein Gefühl nach der Wahl und nach Hillarys Rede am nächsten Tag lässt sich dann am besten mit folgendem Satz, einer meiner amerikanischen Freundinnen aus DC, ausdrücken: „My heart is broken.“ Und auch ich verdrücke, ehrlich, ein paar Tränen.

Warum? Eine Frage, über die ich einerseits nicht lange, und dann wieder doch, nachdenken muss. Hillary Clinton begleitet mich durch mein Leben, seit ich 14 -15 Jahre alt bin, könnte man sagen. Bereits damals als sie ins Weiße Haus als First Lady einzog, faszinierte mich ihr Werdegang und ihr Leben auf eine Weise, dass ich ihren weiteren Lebensweg mit Spannung mit verfolgt habe.

Für mich ist sie eine der beeindruckendsten, stärksten und inspirierendsten Frauen unserer Zeit. Die Hingabe, Leidenschaft, der Mut und Ehrgeiz mit dem sie sich für Themen, mit denen auch ich mich identifizieren kann, bereits ihr ganzes Leben lang einsetzt und kämpft, wie z.B. für Gleichberechtigung und das Recht auf freie Entscheidung, spricht mich einfach sehr an. Ich bewundere außerdem, wie sie berufliche wie private Niederlagen einsteckte und dennoch die Stärke fand wieder auf zu stehen und weiter zu machen. Wie keine andere Frau, steht sie für das Erreichen von Träumen und das Durchbrechen der „gläsernen Decke“ und entsprach dabei, früher als Gouverneurs & First Lady, eben nicht ganz so dem damals typischen Rollenbild einer Frau. Vertrat vehement ihre Meinung und „eckte“ mit ihren Ansichten und ihrem Auftreten immer wieder an. Etwas, was als Jugendliche schon extrem Eindruck auf mich machte.

Weitaus tiefer gehender beschreibt Teresa dies in ihrem Artikel bei edition f. Und spricht mir damit mehr als aus dem Herzen – auch in Bezug auf die eigene Perspektive und warum die Niederlage Hillarys für manche von uns vielleicht schmerzhafter ist als für andere. Wenn ich so zurück denke… auch ich rebellierte schon recht zeitig gegen bestehende Rollenbilder in meinem Umfeld, diskutierte und stellte viele Dinge infrage. Mir wollte einfach nicht in den Kopf, warum eine Frau irgendetwas nicht können/schaffen sollte. Und ich verstand nicht, warum von mir als Mädchen/Frau bestimmte Sachen erwartet wurden, nur weil ich eine Frau bin.

Zusammen mit meinem starken Interesse an Frauen in der Geschichte und Politik, besonders in den USA, führte dies schließlich auch dazu, dass ich mich in meinem Studium eingehender mit der Thematik beschäftigte. In meiner Magisterarbeit von 2011 schrieb ich – überraschung – über die Geschichte der amerikanischen Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidatinnen der USA und über den langen Weg der (amerikanischen) Frauen in Sachen Gleichberechtigung und Wahlrecht.

Ja und ich war der festen Überzeugung, wenn es derzeit eine Frau ins Amt schaffen könnte, dann definitiv Hillary Clinton! Bereits 2011 hegte ich dabei den Gedanken, dass dieses Kapitel vielleicht noch nicht abgeschlossen sein könnte. [„I have a dream..“]

„We have still have not shattered that highest and hardest glass ceiling. But some day, someone will.“ —Hillary

— Hillary Clinton (@HillaryClinton) 9. November 2016

Noch im Mai diesen Jahres debattierte ich in Washington  ausgiebig mit meinen amerikanischen Freunden über den Wahlkampf. Bernie Sanders war da teilweise sehr präsent und sprach einige mit seinem Programm und seiner Art mehr an als Hillary. Die dennoch vielleicht nicht von jedem gemocht, aber respektiert wurde, besonders im Hinblick auf das bisher Erreichte. Eine andere Freundin dagegen war ebenso begeistert von Hillary wie ich. Einig waren wir uns auf jeden Fall alle, dass Trump einfach nicht gewinnen kann/darf. Und am Ende jede Stimme gegen ihn zählt.

Auch als ich im September im Westen der USA unterwegs war, hatte ich den Eindruck, die Stimmung sei total Anti-Trump. Zumindest in Kalifornien und Nevada. Von den Amerikanern, die ich getroffen habe, war keiner Trump Anhänger, jeder ließ sich über ihn aus – O-Ton: „Was für eine Witzfigur!“

Nur in Utah liefem im Radio immer wieder „hetzerische“ Reden gegen Hillary. Und genau in den Staaten, die ja hauptsächlich Trump wählten, war ich nun leider nicht unterwegs. Neugierig wie ich bin, hätte mich das aber ja schon mal sehr interessiert…

Wie auch immer, umso schmerzvoller ist es, dass Hillary nun – wo sie soweit wie keine andere Frau zuvor kam – ausgerechnet gegen jemanden wie Trump verliert. Meiner Meinung nach nicht mal annähernd ein ebenbürtiger Gegner, was das Ganze irgendwie nur noch viel schlimmer macht. Und welches Zeichen setzt diese Wahl nun für all die Mädchen da draußen? Hillary selbst hat das in ihrer Rede ganz treffend formuliert:

„To all the little girls watching…never doubt that you are valuable and powerful & deserving of every chance & opportunity in the world.“

— Hillary Clinton (@HillaryClinton) 9. November 2016

„This loss hurts. But please never stop believing that fighting for what’s right is worth it.“ —Hillary

— Hillary Clinton (@HillaryClinton) 9. November 2016

Ich weiß nicht wann, aber ich hoffe sehr, es dauert nicht nochmal so lange bis eine Frau um das höchste Amt in den USA kandidiert – und es am Ende auch bis dorthin schafft. Insgeheim hege ich ja noch ein kleines bisschen Hoffnung, dass nicht doch noch ein „Wunder“ geschieht und Trump doch nicht ins Weiße Haus einzieht… (kann er wegen Unfähigkeit eigentlich abgesetzt werden? Neuwahlen?)…

Ändert sich dadurch nun eigentlich auch etwas an meinem Wunsch weiterhin die USA zu bereisen? Definitiv nein. Ich kann allerdings auch nicht leugnen, dass mir durch die Wahl gerade ein klitzekleines bisschen die Vorfreude verflogen ist… es ist schwer zu erklären, aber das Gefühl ist jedenfalls gerade da.  Ich bin mir aber auch sehr sicher, dass es wieder vergeht und mich die Lust am Planen der nächsten US-Reise packt!

So far… das waren meine „just 2 cents“ zu dem Thema US-Wahl. Schaut auch gern mal bei Thomas & Melanie vorbei, dort findet ihr einen weiteren lesenswerten Artikel zum US-Wahlergebnis.

Wie habt ihr den Ausgang der Wahl empfunden? Werdet ihr weiterhin in die USA reisen?