Uraufführung

Nachdem Luise zweimal hintereinander eine tragende Rolle in einem Theaterstück bekommen hat, ist sie nicht mehr aufzuhalten. Kaum erwähnt einer das Wort Theater, stellt sie sich aus den Anwesenden ein Ensemble zusammen, verschanzt sich mit diesem in einem entlegenen Winkel der Wohnung und dann wird geprobt und zwar “richtig und nicht so ‘Gell, ich wäre jetzt der Gärtner und würde dort drüben ein Blümchen giessen’ oder solchen Quatsch”. Natürlich führt Luise nicht nur Regie, sie gibt auch den Text vor und dass sie eine der tragenden Rollen übernimmt, versteht sich von selbst. Sie hat ja auch am meisten Erfahrung.

Heute waren das Prinzchen und der Zoowärter die Auserwählten, die mitmachen durften. Pünktlich um halb acht wurde vor ausgebuchten Sofaplätzen das Stück “Die Reise nach England” uraufgeführt. Eine herzzerreissende Geschichte von drei Waisenkindern, die sich mit nackten Füssen und nur einer Scheibe Knäckebrot zu ihren guten Grosseltern nach England durchschlagen müssen. Natürlich hat die Regie ein Happy Ending vorgesehen, dumm ist nur, dass die Zuschauer es nicht zu sehen bekamen,  weil einer der Schauspieler mitten im Stück streikte.

Am Anfang lief noch alles bestens. Die drei Kinder sassen laut schluchzend am Grabe ihrer Eltern. Nun gut,  das Prinzchen hätte vielleicht nicht zum Publikum gewandt “Ihr seid beide tot” sagen sollen,  aber über diesen Schnitzer konnte Luise noch hinwegsehen. Auch die erste Etappe des Fussweges nach England verlief leidlich gut,  dann aber weigerte sich das Prinzchen,  der im Stück übrigens die kleine Lily war, nach einer kurzen Nacht wieder aufzustehen. Nachdem sich das Kind unter vielen Drohungen – “Prinzchen,  willst du vielleicht nichts von dem Eintrittsgeld? Wenn du nicht sofort mitmachst,  behalten der Zoowärter und ich alles für uns!” – doch noch zum Weitermachen bewegen liess,  war auch schon die Mittagspause dran. Betrübt kauten die drei an ihrem trockenen Knäckebrot,  wohl wissend,  dass dies ihr letzter Vorrat war. Dennoch wollte das Prinzchen nicht weitermarschieren,  ehe er seine ganze Scheibe verdrückt hatte. Wieder Drohungen,  diesmal verbunden mit Herumzerren,  um das Kind auf seine Füsse zu stellen,  wieder ein zögerliches Mitmachen,  dann aber hatte der Kleine endgültig genug. Anstatt den beschwerlichen Weg nach England weiterzugehen,  machte er es sich auf dem Zuschauersofa bequem.

Noch einmal versuchte die verzweifelte Luise,  ihren Schauspieler mit der Aussicht auf eine fette Gage zu locken,  doch es liess sich nichts ausrichten. “Wenn du nicht sofort weitermachst,  musst du ein Jahr lang ins Gefängnis”,  machte Luise die renitente “Lily” auf die überaus harten Vertragsbedingungen aufmerksam. Das Prinzchen liess sich nicht beeindrucken. “Wo ist denn das Gefängnis?”,  wollte er bloss wissen und als er im ganzen Wohnzimmer keines entdecken konnte,  machte er weiter in Verweigerung. 

Luise war am Boden zerstört,  hatte sie doch stundenlang mit ihren beiden Brüdern geprobt. Zum Glück hatten Karlsson und der FeuerwehrRitterRömerPirat Erbarmen mit ihr und so konnten die Zuschauer zumindest erahnen,  dass am Ende alles gut sein würde. Auch wenn es etwas befremdlich war,  dass Grossvater Karlsson auf die traurige Nachricht, dass die Kinder nun ohne Eltern waren,  mit einem trockenen “Ach so,  dann wohnt ihr eben jetzt bei uns. Stellt euch mal eurer Grossmutter vor”,  reagierte. Aber er hatte ja auch keine Zeit zum Proben… 

Uraufführung



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