UP IN MABLE’S ROOM (1926)

USA 1926
Mit Marie Prevost, Harrison Ford, Phyllis Haver, Harry Myers, William Orlamond u.a.
Regie: E. Mason Hopper
Dauer: 66 min

UP IN MABLE’S ROOM (1926)

Grapevine Video bringt monatlich ca. zwei Stummfilme auf DVD neu heraus; darunter befinden sich in der Regel Streifen, die aus verschiedenen Gründen von den grösseren DVD-Herstellern für eine kommerzielle Auswertung im grossen Stil nicht nicht in Betracht gezogen werden. So findet man bei diesem Kleinanbieter viele Stummfilmraritäten, die man sonst wohl nie zu sehen bekäme.
Damit ist bereits angedeutet, dass Grapevine ein Billiglabel ist, das für seine DVDs in der Regel auf 16mm-, 8mm- oder 9,5mm-Material zurückgreift, Filme, die Inhaber Jack Hardy aus eigener Sammlung oder aus Sammlungen befreundeter Zelluloid-Freaks beschafft. Die Silberscheiben werden dann on demand, bei Nachfage, immer wieder neu gebrannt, auf DVD-R. Die Bildqualität erreicht dabei natürlich nie die Qualität der Produkte der professionellen Anbieter, welche restaurierte Filme auf den Markt bringen. Ganz und gar unbetrachtbar sind die Grapevine-Filme aber dennoch nicht.

Im Grapevine-Sortiment gibt es einige unbedeutende Streifen, deren Veröffentlichung wohl nur gerade die ganz Angefressenen zu begeistern vermag. Aber es finden sich auch kleine Juwelen, wie die hier zu besprechende Komödie Up in Mabel’s Room.

Der Film basiert auf dem gleichnamigen Theaterschwank von Otto A. Harbach, der im selben Jahr wie die Verfilmung entstand und der wiederum auf einer Geschichte von William Collinson basiert. Die Leinwandadaption besorgte der spätere Regisseur Tay Garnett (The Postman Always Rings Twice, 1946).

Um es gleich klarzustellen: Ich kein Fan von Schwänken. Allzuoft habe ich miterlebt, dass die an sich schon exaltierte Handlung von exaltiert agierenden Schauspielern (sowieso nicht mein Ding!) dargeboten wurde, und das ist jeweils zuviel des “Guten”! Also ungeniessbar.

Doch hier liegt der Fall anders. Die immer irrer werdenden und immer schneller eintretenden Wendungen des Stücks setzt die hier zu Werk gehende Schauspielertruppe mit grösstmöglicher Präzision im Spiel und mit viel Understatement um. Die Wirkung: Umwerfend!

Die Farce dreht sich um das geschiedene Ehepaar Mabel und Garry Ainsworth  (Marie Prevost und Harrison Ford – nein, nicht der!, sondern der! Es gab noch einen anderen, gleichnamigen). Scheidungsgrund war seinerzeit ein Négligé, das Garry gekauft hat. Mabel dachte, er gehe fremd, obwohl es die Widmung To Mabel from Garry trug. Doch diese entdeckte sie zu spät.
Nun will sie ihren Garry mit allen Mitteln zurückerobern, was er allerdings nicht zulässt, weil er nicht will, “dass sich dieselbe Frau zweimal von mir scheiden lässt!”

Mabels eiserner Wille und Garrys Weigerung beschwören nun eine ungeheures Durcheinander, das aus fiesen Ränkespielen, frechen Lügen, dummen Missverständnissen und kalten Berechnungen entsteht und das das Glück zweier weiterer Paare und die Nerven von Garry und seinem Butler auf eine harte Probe stellt.
Der letzte Akt des Stücks spielt in Mabels Zimmer und ist ein rasantes Versteckspiel mit ständig wechselnden Ausgangslagen. Ich fühlte mich beim Betrachten an Frank Capras Klassiker Arsenic and Old Lace erinnert: Wie später Cary Grant flitzt Harrison Ford hier wie eine ausser Kontrolle geratene Flipperkugel durchs Dekor, immer peinlichst bemüht, den letzten verbleiben Rest Verstand beisammen zu halten. Der frühere Herr Ford könnte Grant durchaus als Vorbild gedient haben. Für mich jedenfalls war dieser Herr eine komödiantische Entdeckung.

Derer gibt es in diesem Film noch weitere: William Orlamond als hagerer Diener Hawkins ist zum heulen komisch, ebenso der aus Chaplins City Light bekannte Harry Myers. Und auch der mir bis dahin nicht bekannte Paul Nicholson hat eine Szene von tränentreibender Komik.

Eine Entdeckung der anderen Art war für mich Marie Prevost. Sie spielt ihre Rolle mit ebensoviel Witz und Engagement wie ihre Kollegen und Kolleginnen, doch bei ihr kommt ein unverhüllt erotischer Unterton hinzu, der noch heute wirkt. Ihre Mabel ist derart  sexy, dass die Nöte ihres Gatten, der sich ihren Lockungen aus Stolz widersetzen will, geradezu physisch greifbar werden.

Kurz und gut: In Up in Mabel’s Room stimmt einfach alles. Der Film ist eine herrlich anzusehende Screwball-Comedy mit gekonnten Slapstick-Einlagen, wunderbarem Schauspieler-Ensemble, schönem Dekor und passender Begleitmusik. Ein kleines Juwel, für dessen Erreichbarkeit man Grapevine durchaus dankbar sein darf.
Michael

UP IN MABLE’S ROOM (1926)

UP IN MABLE’S ROOM (1926)

UP IN MABLE’S ROOM (1926)

UP IN MABLE’S ROOM (1926)

UP IN MABLE’S ROOM (1926)

UP IN MABLE’S ROOM (1926)

UP IN MABLE’S ROOM (1926)

Die DVD-Ausgabe: Für diese DVD-R wurde wahrscheinlich eine sehr gut erhaltene 16mm-Kopie verwendet. Der Bildtransfer ist recht gut, lässt aber etwas an Schärfe und Tiefenschärfe vermissen. Das alles reicht natürlich nie an die Bildqualität einer Kino- oder WoM-DVD heran, aber diese Scheibe von Grapevine Video ist die einzige Möglichkeit, den Film zu sehen.

Die Musikbegleitung wurde von Jack Hardy zusammengestellt. Er hat einige passende Musikstücke zusammengemixt und auf die Handlung abgestimmt, was ihm meiner Meinung nach hier sehr gut gelungen ist.

Reginalcode: 0

Bestellung: Der Film kann direkt beim Hersteller, Grapevine Video, bestellt werden. Die Bestellung ist unkompliziert, der Versand nach Europa kostet nur $ 4 und die Filme sind in der Regel eine Woche nach der Bestellung da. So schnell und billig versendet sonst kein amerikanischer Anbieter.

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