Untreue
Paulo Coelho
Diogenes, 2014
978-3257069082
19,90 €
›Ich will dir treu sein und dich ewig lieben. In guten wie in schlechten Zeiten. Bis dass der Tod uns scheidet.‹ Wenn es nur so einfach wäre! Linda hat alles, doch das Entscheidende fehlt. Hat sie den Mut, die Frage nach der Leidenschaft zu stellen? Denn zu einer großen Liebe ist man ein Leben lang unterwegs.
Linda, 31, Frau und Mutter – am Anfang noch ziemlich interessant, weil sie die Probleme sieht, die sie hat. Auch stellt sie fest, dass es fast Luxusprobleme sind, da sie einen gut verdienenden Mann hat, recht wohlgeratene Kinder und hübsche Kleidung. Dass, das nicht alles im Leben ist, wissen wir nicht erst seit gestern. Und auch, dass Frauen in bestimmten Lebensjahren zu gewissen Fragen neigen. Das Thema ist also alt und Linda auf den weiteren Seiten sehr anstrengend. Auch wenn sie viel überlegt, kommt sie nie zu Entschlüssen, weint, zaudert, aber eine Lösung, die auch mir gefällt oder annehmbar wäre, findet sie nicht.
Ihr Ehemann tut mir sehr leid. Er wird sehr schablonenartig dargestellt und ist eigentlich nur dazu da, ihr gut zu zusprechen, während sie nicht gerade nett zu ihm ist. Wahrscheinlich denke ich in Schranken und Grenzen, aber mal ehrlich: Mein Mann würde anders reagieren.
Da der Leser schon ahnen kann, um welches Thema es geht, halte ich nicht viel hinter den Berg. Der Typ, der Dreiecksgeschichte ist so ein Klischee, dass ich ihn nicht mal mit der Kneifzange angefasst hätte.
Der gesamte Roman fokussiert das Innenleben von Linda. Da bleibt nicht viel Aufmerksamkeit für die Schweiz. Wenn der Leser doch mal einen Blick auf die Schweiz werfen kann, geschieht dieses durch Vorurteile, die viele Menschen haben und wir alle kennen, die Linda dann versucht zu entkräften.
Klischee noch und nöcher! Wären da nicht einige Sätze, die trotzdem sehr nah am Leben waren und die eine kleine Botschaft enthalten haben, hätte ich dieses Buch schnell zugeklappt. Aber so wartete ich immer auf die kleinen Sonnenmomente des Buches und des Autors.
Es geht um die Frage im Leben: War es das? Bin ich zu leidenschaftslos und kann ich das ändern? Linda überlegt ihre Ängste hin und her, beschäftigt sich Tag und Nacht mit ihnen und somit muss auch der Leser dadurch. Auf Dauer ist es schier anstrengend Lindas Gedanken zu lesen, zu verstehen und sie dann auch noch für gut zu befinden. Manchmal wollte ich sie nur anschreien, denn sie denkt nicht immer an ihre Umwelt, ihren Mann, ihre Kinder. Oft habe ich mich gefragt: Was will Coelho damit transportieren?
Seine Romane haben meist eine tolle Botschaft, die der Leser sich auch ansatzweise oft zu Herzen nehmen kann. Aber hier? Vielleicht habe ich alles missverstanden. Es ist nicht so, dass ich die Beschäftigung mit Problemen nicht gut finde. Aber will er hier nicht etwas legitimieren, was anderen Menschen weh tut? Etwas, was ich mir nicht vorstellen kann? Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass es mir nie passieren kann oder in meinem Umfeld. Aber ich brauche kein Buch darüber zu lesen, dass jede Handlung einen Sinn hat und Linda sogar hilft.
Kirschen, die Versuchung, die Lippen einer Frau, der Kuss – sie haben viele Bedeutungen, die aber alle sehr nah an dem Titel des Romans liegen. Ich finde sie einfach nur sehr plakativ und fast zu offensichtlich, sodass ich mich fragen, ob sie hätten sein müssen. Mit dem Titel zusammen bilden sie ein zu offensichtliches Bild, dass mich auf etwas stoßen will, von dem ich nicht weiß, ob ich es lesen und wissen möchte.
Diesmal bin ich wirklich enttäuscht. Als Verfechter von Paulo Coelhos Bücher hat in diesem Roman nichts gepasst. Linda ist weinerlich und recht unzugänglich. Die Grundbotschaft will bei mir nur Rechtfertigung für etwas sein, dass Linda ihr Leben und ihre Entscheidung nennt. Untreue ist für viele ein trauriges Thema. Ich hatte mir zwar keine Erleuchtung erhofft, weil das Thema schon ziemlich alt ist, aber einen sensibleren Umgang, sowie der Autor es sonst mit schwierigeren Themen immerhin auch schafft.