Mit dem Motorrad durch Litauen, Lettland und Estland
Anfang Juni dieses Jahres haben wir uns zu viert mit unseren Motorrädern auf den Weg ins Baltikum gemacht ... und der Urlaubär ist mitgekommen.
Für diese Tour hatten wir uns vorgenommen, so viel wie möglich auf unbefestigten Wegen (Schotterpisten) zum Endurowandern unterwegs zu sein.
Dienstag
Dienstagabend fanden wir uns an der Fähre in Kiel ein, die uns in 23 Stunden nach Klaipėda in Litauen bringen würde. Schon hier hatten wir als Motorradfahrer unter den unüblich hohen Temperaturen von bis zu 30°C zu leiden. Die Kabinen an Bord der Fähre waren klimatisiert und wir ließen uns an Bord einen super leckeren Burger schmecken, der nicht viel kostete.
Mittwoch
Am nächsten Tag um 17:00 Uhr (das Baltikum gehört zu einer anderen Zeitzone) legte die Fähre in Klaipėda, dem wichtigsten Ostseehafen in Litauen an. Da wir vorab keine Unterkünfte gebucht hatten, machten wir uns auf den Weg aus der Stadt, um noch einige Kilometer nordwärts zu kommen, bevor wir uns eine Hütte für die Nacht suchen wollten. So überquerten wir noch am selben Abend die erste Staatsgrenze nach Lettland.
Gleich hinter der Grenze fanden wir, nach unserer ersten staubigen Schotterstrecke, zwei kleine Hütten auf einem noch völlig leeren Campingplatz bei der Ortschaft Rucava.
Hier, zwischen der Ostsee und einem Binnensee, warteten viele blutrünstige Mücken auf uns. Da die Hütten keine Kochzeile hatten, bestand unser Abendessen aus ein paar Müsliriegeln und einigen Kekskrümeln, die uns der Urlaubär übriggelassen hatte. Eine kalte Dusche und der sehr schöne und einsame Ostseestrand direkt am Campingplatz sorgten jedoch für gute Laune.
Donnerstag
Am folgenden Tag machten wir uns früh auf den Weg in Richtung Norden. Auch jetzt lagen viele unbefestigte Schotterpisten vor uns, denn im gesamten Baltikum sind viele offizielle Straßen nicht asphaltiert. Das kam dem Anliegen unsere Enduros in dem ihnen zugedachten Lebensraum zu bewegen sehr entgegen. Auch wenn dies aufgrund der großen Hitze in diesen Tagen (bis zu 35°C) zu einer sehr, sehr staubigen Angelegenheit wurde. Vor allen für den von uns, der als letzter in unserer kleinen Kolonne fuhr ... 😉
Was uns auffiel, waren die außerordentlich vielen brütenden Störche im Baltikum. Oftmals standen die Störche dicht am Straßenrad und suchten nach Nahrung. Manchmal war eine Vollbremsung angesagt, weil die Störche einfach über die Straße spazierten!
Aufgrund der Hitze suchten wir uns an diesem Tag früh einen Platz für die Nacht. Unsere Wahl fiel auf die kleine Hafenstadt Ventspils an der Ostsee. Wir mieteten eine Hütte auf einem modernen Campingplatz mitten in der Stadt in Strand- und Hafennähe.
Nachdem die Sonne am Abend tiefer stand, unternahmen wir einen ausgiebigen Spaziergang durch die sehenswerte Stadt, deren Bewohner die sommerlichen Temperaturen im Freien genossen. Nachdem wir von einer jungen Einheimischen eine kurze Einführung in die Sehenswürdigkeiten der Stadt erhalten hatten, erkundeten wir diese zu viert. Dem Urlaubär war es draußen immer noch zu heiß.
Freitag
Das Frühstück bestand an diesem Tag aus geschmolzener Nuss-Nougat-Creme auf zerkrümeltem Weißbrot und aus klebrigen Nuss-Müsliriegeln ... 😉 Anschließend machten wir uns auf unseren weiteren Weg nach Osten in Richtung Riga, der Hauptstadt Lettlands. Wir wollten nach Estland auf die Insel Saaremaa, wo wir zwei Baumhäuser als Unterkunft angemietet hatten.
Wieder führte uns unser Weg über sehr einsame unbefestigte Wege. Autos, die uns auf den Schotterpisten mit hohen Geschwindigkeiten überholten, erzeugten Staubwolken, die uns Anfangs an einen Flächenbrand glauben ließen. Wir wurden mit feinstem Staub überzogen und unsere Sichtweite zum Teil auf wenige Meter beschränkt ...
Kurz nach Mittag, zur größten Hitze des Tages, erreichten wir Riga. Da es keinen akzeptablen Weg um die Großstadt gab, fuhren wir in zahlreichen Staus mitten durch die Stadt und schwitzten entsprechend in unseren Motorradklamotten.
Nachdem wir die Stadt durchquert hatten, brachte der Fahrtwind Abkühlung.
Am frühen Nachmittag hatten wir den Rigaischen Meerbusen fast umrundet und suchten uns kurz vor der Grenze zu Estland eine Hütte in einem Urlaubsresort mit dem Namen Rakari.
Das Resort lag dicht an der Ostsee und in der Vorsaison waren wir fast die einzigen Bewohner. Was uns sogleich auffiel: es gab kaum Mücken!
Am Vortag hatten wir uns noch ein Abendessen von den Vorräten gekocht, die jeder in kleinen Mengen dabeihatte. An diesem Abend suchten wir das Restaurant in dem Resort auf: Dachten wir auf der litauischen Fähre noch an einen Zufall, wurden wir erneut positiv von dem aufgetischten Essen überrascht. Uns wurden von einer netten Bedienung super leckere Gerichte zu einem unglaublich günstigem Preis serviert!
Nach einem abendlichen Spaziergang am nahen Strand, fielen wir in unsere bequemen, frisch bezogenen Betten.
Samstag
Ab Samstagnachmittag hatten wir zwei Baumhäuser in der Wildnis der estnischen Insel Saaremaa gebucht. Folglich machten wir uns rechtzeitig auf den Weg. Nach circa 200 Kilometer Fahrt erreichten wir den Hafen, von dem aus wir mit der Fähre auf die Insel übersetzten.
So gelangten wir auf die vorgelagerte Insel Muhu, die über einen Damm mit der Insel Saaremaa verbunden ist und erreichten nach weiteren 60 Kilometern unseren Treffpunkt an der nördlichen Küste der Insel.
Unsere Vermieter waren ein Ehepaar aus Deutschland. Schon seit vielen Jahren verbrachten diese die Sommer auf Saaremaa. Und jetzt vermieteten sie unter anderem die Baumhäuser an Urlauber aus der ganzen Welt. Die Baumhäuser lagen versteckt in einem Wald in Wassernähe bei Soela und waren sehr einfach eingerichtet. Jedes Baumhaus hatte eine eigene Außenküche, eine Außendusche und eine Komposttoilette im Wald.
Zum Glück hatten wir die beiden genialen Baumhäuser für zwei Nächte gemietet. So konnten wir das Leben mitten im Wald und die Insel zwei Tage lang genießen und erkunden.
Die vielen Mücken im Wald waren zwar lästig, doch gewöhnte man sich daran. Und nachts schliefen wir unter Moskitonetzen einen erholsamen und ungestörten Schlaf.
Sonntag
Den Sonntag nutzen wir dazu, um mit unseren Motorrädern die Insel Saaremaa zu erkunden.
So klapperten wir bei angenehmen Temperaturen einige der Sehenswürdigkeiten ab.
Wir wanderten an der Steilküste Panga pank im Nordwesten der Insel, staunten über die Kaali-Meteoritenkrater im Inselinneren, suchten die bekannte Arensburg in Kuressaare auf und gönnten uns am südlichsten Punkt des Archipels, am Leuchtturm bei Sääre, ein sehr leckeres und preisgünstiges Mittagessen.
Montag
Der Montag wurde für uns zu einem reinen Fahrtag in Richtung Süden. Da wir am Mittwoch an der Fähre zurück nach Deutschland sein mussten, legten wir an diesem Tag eine Strecke von fast 400 Kilometern zurück. Vorbei an unzähligen Störchen und über einige Schotterpisten umfuhren wir die Hauptstadt Riga diesmal. Kurz vor der Grenze zu Litauen suchten wir uns wieder eine kleine Hütte auf einem noch unbelegten Campingplatz im Landesinneren in der Nähe von Jelgava. Auf dem Campingplatz gab es ein Restaurant auf dessen großer Sonnenterrasse wir zum wiederholten Mal auf dieser Motorradtour ein super leckeres, kreativ zubereitetes und günstiges Essen genossen!
Dienstag
Am folgenden Tag stand ein Besuch am berühmten Berg der Kreuze (Kryžių kalnas) in Litauen auf unserem Programm. Dieser touristisch geprägte katholische Wallfahrtsort besteht aus einem Hügel auf dem zehntausende Kreuze in allen Größen und aus den verschiedensten Materialien aufgestellt sind. Ursprünglich aus Protest gegen die sowjetische Besatzung Litauens.
Unser Freund der Urlaubär fand hier immer wieder neue Sitzplätze ...
Auch wenn keiner von uns religiös ist, war der Hügel doch beeindruckend und erzeugte bei uns eine gewisse Ehrfurcht. Aufgrund der herrschenden Hitze fiel unser Besuch allerdings entsprechend kurz aus.
Im Anschluss machten wir uns auf den Weg nach Klaipėda an die Ostseeküste von Litauen. Wir wollten noch die Kurische Nehrung besuchen, bevor wir uns am Mittwoch wieder auf die Fähre zurück nach Kiel begeben mussten.
Diese insgesamt 98 Kilometer lange Halbinsel, die das Kurische Haff von der Ostsee trennt, ist einen Besuch wert.
Unberührte Sandstrände und Dünen wie an Dänemarks Nordseeküste und dichte Kiefernwälder bestimmen das Bild der Nehrung. Und mittendrin malerische Ortschaften wie Juodkrantė und Nida.
Letzterer war unser Zielort auf der langen, schmalen Halbinsel. Hier, in diesem von vielen deutschen Touristen besuchten Urlaubsort, hatten wir das erste und einzige Mal Pech mit unserer Unterkunft: Auf keinem Campingplatz konnten wir eine freie Hütte für vier Motorradreisende finden.
So kam es, dass wir in Nida zwei kühle Zimmer in einem Hotel buchen mussten, die jedoch kaum teurer waren als eine Campinghütte.
Um es kurzzumachen: Auch hier war das Essen im Baltikum wieder einmal vorzüglich. Sowohl zum Abend in einem netten Restaurant am Hafen von Nida als auch das Hotel-Frühstück am nächsten Morgen. Die Pfannkuchen waren himmlisch, was unser Urlaubär schmatzend bestätigte ... 😉
Mittwoch
Unser letzter Tag im Baltikum. Um 20:00 Uhr legte unsere Autofähre in Klaipėda ab. Daher genossen wir noch einen Vormittag bei sehr hohen Temperaturen in Nida. Unter anderen stießen wir auf ein kleines, privates Bernstein-Museum, das ebenfalls einen Besuch wert ist. Hier bestaunten wir zum Beispiel einen 3,8 Kilogramm schweren Bernsteinbrocken, der in der Ostsee gefunden wurde!
Mittags mussten wir im Hotel auschecken und stiegen schweren Herzens wieder in unsere dicken Motorradhosen und -jacken. Trotz des Fahrtwindes wurde es unter der Kleidung sogleich wieder unerträglich heiß. Daher suchten wir uns am nördlichen Ende der Kurischen Nehrung einen schattigen Platz unter einer großen Beton-Bushaltstelle aus Sowjetzeiten und tauschten Motorradbekleidung gegen T-Shirt und kurze Hose. So verbrachten wir den Nachmittag bis zum frühen Abend bei bis zu 35° C mit dösen und Ausrüstungspflege.
Gegen 19:00 Uhr konnten wir die Fähre befahren und nachdem wir unsere Motorräder im Bauch der Fähre vertäut hatten, genossen wir die klimatisierten Decks des Schiffes.
Donnerstag
Über Nacht brachte uns die Fähre über die Ostsee bis auf die Höhe der dänischen Insel Bornholm. Unterwegs mussten wir unsere Uhren aufgrund des Wechsels zurück in die mitteleuropäische Zeitzone +1 um eine Stunde zurückstellen. Gegen 17:00 Uhr legte die Fähre dann, nach ungefähr 22 Stunden Fahrt, in Kiel an.
Das Wetter hier in Mitteleuropa war wesentlich milder und es sah nach Regen aus. Doch kamen wir alle trocken nach Hause.
Fazit zu unserer Motorradreise durch das Baltikum
Zum beschaulichen und günstigen Endurowandern ist das Baltikum in der Vorsaison ideal. Viele Straßen sind (noch?) nicht befestigt und asphaltierte Straßen wechseln oft zu Schotterpisten über. Die Fähre in Kiel ist für Norddeutsche gut erreichbar und bringt einen bequem bis nach Klaipėda, um von hier aus die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland zu bereisen.
Was uns auf unserer Tour durch das Baltikum aufgefallen ist und was wir uns gemerkt haben:
- Viele Schotterpisten,
- großartige und teils einsame Ostseestrände,
- unglaublich viele brütende Störche,
- extrem leckeres und günstiges Essen in außerordentlich kreativen Restaurants,
- preiswerte Unterkünfte (inkl. Endreinigung und Bettzeug),
- 4G an jeder Milchkanne,
- teils grausam viele Mücken und
- geniale Baumhäuser mitten in der estnischen Wildnis.
Weiterführende Links
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