Die wechselvolle Geschichte der Vennbahn begann am 15. Mai 1882 und am 30. Juni 1885 wurde das erste Teilstück der neuen Eisenbahn von Aachen-Rothe Erde bis Monschau eröffnet, später reichte die Vennbahntrasse dann bis nach Luxembourg. Lange war die Vennbahn wichtig für die Region und länderübergreifend von Deutschland über Belgien bis nach Luxembourg und bis 2001 fuhren hier auch noch Züge. Da eine Wiederaufnahme des Betriebes für den Schienenverkehr nur nach einer umfangreichen Sanierung möglich gewesen wäre, wurde auf bzw. streckennah der Vennbahntrasse ein neuer Fernradweg gebaut, der 2013 offiziell eröffnet und in das RAVeL-Netz (frz.: Réseau Autonome de Voies Lentes) integriert wurde. Dieser grenzübergreifende Fernradweg zählt mit seinen 125 Kilometern Länge zu den längsten Bahntrassenradwegen Europas.
Wir hatten uns jetzt entschlossen, den ganzen Vennbahnweg an einem Tag zu befahren. Das hieß, Einstieg in Aachen Rothe Erde in Richtung Lammersdorf, Monschau, St. Vith bis nach Troisvierges in Luxembourg. Am darauffolgenden Tag sollte es dann auf gleicher Strecke zurück nach Aachen gehen, also ca. 250 Kilometer in zwei Tagen. Das war vom Prinzip her machbar, denn der Weg ist mit max. 2 % steigungsarm und überwiegend asphaltiert. Eigentlich sprach alles für eine lockere Tour, unwesentliche Steigungen, tolle Natur und top Ausschilderung, eigentlich. Es kommt ja selten so, wie geplant, so auch dieses Mal. Es ist nichts schlimmes passiert, uns hat lediglich um diese Jahreszeit die Dunkelheit eingeholt. So kam es, dass wir kurz nach St. Vith, oder anders ausgedrückt, nach ca. 100 Kilometern, einen Campingplatz anfahren mussten und es nicht bis nach Luxemburg geschafft haben. Das ist schade, aber nicht schlimm.
Betrachtet man das Höhenprofil, ist man anfangs etwas geschockt, denn die ersten 40 Kilometer geht es nur bergauf, bei 2% ist das aber nicht wirklich schlimm.
Den Vennbahnweg zu fahren bedeutet Genussradeln und wir sind ganz regulär in Aachen Rothe Erde eingestiegen. Bei Sonnenschein zu starten ist immer schön und dieser Weg läuft wirklich easy, auch wenn wir Gepäck in Form von Taschen und Anhänger dabei hatten, immerhin wollten wir ursprünglich in Luxembourg zelten. Anfangs zwischen Aachen in Richtung Brand und bis Kornelimünster ist noch relativ viel Betrieb und im Sommer sind hier Unmengen an Radfahrern, Skatern und Spaziergänger unterwegs. Von Kornelimünster aus ist man dann schnell in Belgien, Roetgen und dann durch den Wald bis Lammersdorf. Es ist wirklich wunderschön und man wundert sich fast, wie schnell man doch die Kilometer abgespult hat. Trotz des sonnigen Wetters wehte hier oben doch ein kalter Wind, naja, immerhin hatten wir Ende Oktober.
Nach Monschau ändert sich dann die Landschaft. Plötzlich hat man den Eindruck, im hohen Venn zu stehen und wer schon mal dort war, weiß, wie beeindruckend das ist. Weniger ist echt manchmal mehr.
Dieses Stück war eines meiner Favoriten, vielleicht kommt es daher, dass ich das Venn so mag. Es lässt sich easy fahren und manchmal wird man auch etwas abseits geführt aber meistens fährt man auf oder nahe der alten Gleise. Besonders schön ist es, dass viele alte Signale, Signalanlagen oder sonstige Schilder aus der Bahnzeit noch vorhanden sind und diesem Weg einen zusätzlichen Flair geben. Auch die vielen alten und nicht mehr benutzten Bahnhöfe hatten es uns angetan und jeder einzelne scheint eine Geschichte zu erzählen. Teilweise stehen sogar noch alte Züge und Wagons auf Nebengleisen.
Mitten in Belgien wird aus dem top geteerten Vennbahnweg dann plötzlich ein fester Schotterweg. In diesem kleinen Ort haben wir auch glatt die Abzweigung verpasst. Das lag nicht am Weg oder der Ausschilderung, die ist ok, nur aufpassen sollte man trotzdem. So sind wir einen Kilometer in die falsche Richtung gefahren, bevor wir es bemerkt hatten. Der neue Untergrund war trotz des fehlenden Teers gut fahrbar und teilweise sah es aus, als würde man durch einen grünen Tunnel fahren. Einfach toll und dann plötzlich taucht kurz vor dem Örtchen Born ein großes und altes Viadukt auf. In Kornelimünster hatten wir so ein Viadukt noch oben befahren, hier unterquert man es. Hier war nicht wirklich viel los, nur vereinzelt begegneten uns Spaziergänger oder Radfahrer, das war schon sehr angenehm. Im Oktober zu fahren heißt auch, dass die Tage kürzer sind und so kam es, dass wir den gesamten Weg nicht geschafft hatten, die Dunkelheit holte uns ein. So mussten wir kurz nach St. Vith vom Weg abweichen und einen Campingplatz anfahren. Das war schade, denn wir wollten wenigstens bis zur Burg Reuland kommen aber wenn man etwas trödelt, dann reicht es eben manchmal nicht.
Am kommenden Tag sind wir den gleichen Weg wieder zurück gefahren. Normalerweise machen wir das nicht sondern suchen uns einen alternativen Rückweg. Beim Vennbahnweg war das anders und wir wollten auch den Rückweg genießen. Es gibt viele schöne Rastmöglichkeiten und es macht einfach Spaß, diesen Weg zu erfahren. Kurz vor der deutschen Grenze wurden wir dann nochmal spontan vom Weg umgeleitet, denn ein belgisches Auto Crossrennen kreuzte den Vennbahnweg. Was man nicht alles erlebt, echt ein cooles Wochenende. Ist man dann erst mal wieder in Lammersdorf, hat man es fast geschafft. Ab hier haben die letzten 40 Kilometer ein leichtes Gefälle, nicht viel aber ausreichend, um es laufen zu lassen.
Was für ein toller Weg, was für ein tolles Wochenende. Am Besten fährt man diesen Weg zusammen mit einem echten Freund…