Unterm Bankenrettungsschirm: Spanien wird jetzt von der ESFS – European Financial Stability Facility- regiert

Von Humanicum

100 Milliarden per Telefonkonferenz

Spanien wird als viertes Euroland unter den europäischen Rettungsschirm schlüpfen und kann auf Notkredite bis zu 100 Milliarden Euro zurückgreifen. Das beschlossen die Finanzminister der Eurozone am Samstag in einer dreistündigen Telefonkonferenz.

Anders als in den Fällen Griechenland, Portugal und Irland wird es dabei aber erstmals um spezielle Notkredite zur Stabilisierung des angeschlagenen Bankensektors in Spanien gehen. Die Bedingungen für die Hilfsmaßnahmen sind sehr hart, vor allem für die Bevölkerung.

Ursachen der spanischen Bankenkrise: durch Habgier befeuerte Immobilien Zockerei

Vor allem eine Vielzahl “fauler” Immobilienkredite hat die Bankenbranche in die Krise gestürzt; der Bauboom in den Touristenzentren des Landes erwies sich als völlig überzogen. Der spanische Staat, der unter einer extrem hohen Schuldenlast ächzt, verfügt nicht über genügend freie Mittel, um die nationalen Institute aus eigener Kraft zu retten. Er kann es sich zudem auch nicht ohne weiteres auf den Kapitalmärkten besorgen, weil Spanien – wie Finanzminister Christóbol Montoro zuletzt selbst einräumte – dort keine Kredite zu erschwinglichen Bedingungen mehr erhält, die Kreditwürdigkeit Spaniens wurde zuletzt von diversen Ratingagenturen stark nach unten korrigiert.

So musste Spanien über den eigenen Schatten springen und seinen Stolz hinten an stellen, um offiziell Hilfe bei der EU zu beantragen. Die Notkredite werden nun umgehend an den spanischen Bankenrettungsfonds Frob fließen, der sie an notleidende Banken weitergibt. Verantwortlich für die Rückzahlung ist die spanische Regierung, die damit als Bürge auftritt.

Das Konstrukt der ESFS – European Financial Stability Facility

Das besondere an den gewährten Notkrediten besteht nun darin, dass sie ausschliesslich zur Stabilisierung des Bankensektors benutzt werden, und nicht, wie im Falle der anderen Ländern, zur gesamtwirtschaftlichen Unterstützung. Kreditgeber ist die EFSF, die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität ( englisch European Financial Stability Facility).  Diese europäische Institution ist eine Aktiengesellschaft nach luxemburgischem Recht mit Sitz in Luxemburg (Stadt). Sie wurde am 7. Juni 2010 gegründet. Gesellschafter der EFSF sind die Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe. Die Euro Gruppe ist ein Gremium, in dem die Staaten der Eurozone ihre Steuer- und Wirtschaftspolitik koordinieren und über die Einhaltung des Euro-Stabilitätspaktes wachen, um das Funktionieren der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion sicher zustellen.

Im Krisenfall kann die EFSF Kredite von bis zu 440 Milliarden Euro aufnehmen, indem sie Anleihen herausgibt, für die ihre Mitgliedstaaten bis zu dem vereinbarten Betrag haften. Als Dienstleister für die EFSF tritt übrigens die Deutsche Finanzagentur auf, die die Ausgabe der Anleihen organisiert. Diese Kredite werden an die finanziell angeschlagenen Mitgliedstaaten weitergereicht. Jeglicher Hilfe muss allerdings ein einstimmiger Beschluss des Direktoriums, also aller Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe, vorausgehen.

Bedingungen, um Markt und Finanzsystem zu stärken – auf Kosten der Menschen

Die Bedingungen, zu denen die EFSF die Kredite an die betroffenen Mitgliedstaaten weitergibt, werden von der Europäischen Kommission ausgearbeitet. Dazu können insbesondere auch Auflagen zu Haushaltskonsolidierung, Lohnkürzungen, Steuererhöhungen und radikaler Sozialabbau zählen. Da Spanien bereits entsprechende Sparbemühungen gezeitigt hat, was von Schäuble, Lagrande und anderen führenden europäischen Finanzpolitikern ausdrücklich gelobt worden ist, gilt die entgültige Zusage als absolut sicher. Ein weiteres Leiden der Banken und Wirtschaftsunternehmungen ist auch nicht hinzunehmen, abwarten indiskutabel.

Vertrauensbeweise

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Währungskommissar Olli Rehn zeigten sich deswegen über die spanische Entscheidung, den Rettungsschirm in Anspruch zu nehmen, erleichtert und  sicherten die volle Unterstützung der EU-Kommission zu. “Wir sind sicher, dass Spanien schrittweise das Vertrauen der Investoren und Martkteilnehmer zurückgewinnen kann.” Inwieweit das Vertrauen der Menschen in die markradikale deformierte Demokratie zurückkehren wird, ist hingegen unsicher.

mfg René Brandstädter – humanicum