Nicht zu übersehen: Seit dieser Woche erhellt die neue Leuchtwand zur Ausstellung „Sieben Kisten mit jüdischem Material“ unseren Museumseingang. Foto: Kerstin Dembsky.
Jeder Handgriff muss jetzt sitzen. Bis zur Eröffnung unserer neuen Wechselausstellung „Sieben Kisten mit jüdischem Material“ – Von Raub und Wiederentdeckung 1938 bis heute am 5. November bleiben nur noch wenige Tage. Es wird geklebt, gerückt und gehängt – immer mit einem wachsamen Auge fürs Detail. Wir haben unserer Ausstellungstechnikerin Sabine Menges und ihrem Produktionsteam über die Schultern geschaut und das bunte Treiben auf den Ausstellungsflächen für Sie fotografisch dokumentiert.
Mit Zollstock und Klebeband ausgerüstet markieren Kurator Bernhard Purin und Architekt Martin Kohlbauer die Stellen für die Ausstellungstexte an den Vitrinen. Zu sehen sind hier drei Tora-Schilder aus der ehemaligen Synagoge in Arnstein, die während des Novemberpogroms von 1938 beschlagnahmt wurden. Foto: Kerstin Dembsky
Am 9. und 10. November 1938 wurden Synagogen nicht nur zerstört, sie wurden auch systematisch ausgeraubt. Die damals beschlagnahmten jüdischen Ritualobjekte gelten heute entweder als verschollen oder sind in der ganzen Welt verstreut. Vor diesem Hintergrund kam es im Jahr 2016 im Depot des heutigen Museums für Franken in Würzburg zu einem spektakulären Fund: Das Museum bemüht sich erstmals nach 1945, seine gesamten Bestände zu inventarisieren. Dabei stieß man auf zahlreiche Kisten mit jüdischen Ritualgegenständen, die zum Teil bis zur Unkenntlichkeit verbrannt oder fragmentiert waren.
Kurze Lagebesprechung: Tatkräftige Unterstützung beim Ausstellungsaufbau erhält unser Team dieses Mal von den Mitarbeitern des Unternehmens „museom service“. Foto: Kerstin Dembsky
Bernhard Purin, Direktor des Jüdischen Museums München, konnte diesen Bestand in den vergangenen zwei Jahren aufarbeiten und sieben Synagogen in Würzburg und der umliegenden Region zuordnen. Ein Forschungsprojekt in Kooperation mit der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern und gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste ergab, dass etwa ein Drittel der rund 150 Objekte während des Novemberpogroms 1938 in den Synagogen beschlagnahmt wurde. Die Quellenlage zeigt: „Sieben Kisten mit jüdischem Material“ wurden im Anschluss an das Museum übergeben. Das Museumsgebäude wurde bei der Bombardierung Würzburgs am 16. März 1945 komplett zerstört und mit ihm auch die darin gelagerten Ritualgegenstände.
Eine wackelige Angelegenheit für den Restaurator Thomas Sensberg: Dieser noch armlose Chanukka-Leuchter stammt aus der ehemaligen Synagoge in Miltenberg. Foto: Kerstin Dembsky
Einige der Leuchter-Arme wurden jedoch in den vergangenen zwei Jahren im Museumsdepot wiedergefunden. Für die Ausstellung werden die Einzelteile nun erstmals wieder vereint. Foto: Kerstin Dembsky
Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt des Jüdischen Museums München und des Museums für Franken in Würzburg. Sie präsentiert erstmals die geraubten und lange Zeit vergessenen jüdischen Ritualgegenstände ― darunter wertvoller Tora-Schmuck, Chanukka-Leuchter, Seder-Teller und vieles mehr ― und erzählt ihre Geschichten. Anhand von Inschriften konnten Namen ursprünglicher Eigentümerinnen und Eigentümer ermittelt werden, welche die Objekte an ihre damaligen Gemeinden stifteten. Auch ihre Biographien, die zum Teil im 18. Jahrhundert beginnen, sowie die ihrer Nachfahren, können in der Ausstellung erfahren werden.
Wir laden Sie herzlich ein zur Eröffnung der Ausstellung „Sieben Kisten mit mit jüdischem Material“ – Von Raub und Wiederentdeckung 1938 bis heute am Montag, 5. November 2018, um 19 Uhr im Jüdischen Museum München.
Die Ausstellung wird bei uns bis 1. Mai 2019 und im Museum für Franken – Staatliches Museum für Kunst- und Kulturgeschichte in Würzburg vom 5. Juni bis 15. September 2019 zu sehen sein.
Anfang November wird zudem ein Katalog zur Ausstellung erscheinen:
„Sieben Kisten mit jüdischem Material“. Von Raub und Wiederentdeckung 1938 bis heute, herausgegeben vom Jüdischen Museum München und Museum für Franken, Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin Leipzig 2018, 320 Seiten, 29,80 Euro.