Von Günter Verdin
Cristiano Ronaldo ist ein guter Schauspieler. Nicht ganz so begabt wie Andrej Arschawin. Aber respektabel. Während der russische Teamchef bei - selten gewordenen- Triumphbezeugungen im Ganzkoerpereinsatz den Clown spielt, begnügt sich der portugiesische Fussballstar mit mimischen Mitteln. Beim EM-Viertelfinalspiel Portugal gegen Tschechien reichte die Skala von verärgert (über schlechtes Zuspiel), Wut und Verzweiflung über seine Pfostenschüsse bis zur Freudenfeier aller 43 Gesichtsmuskeln beim Siegestreffer. Paul Kelly, der ehemalige Personenschützer im Secret Service der USA würde von " maskierten Signalen" sprechen, denn bei Ronaldo scheint alles inszeniert bis in die Gel-Frisur.
Paul Kelly ist ein "Truth Wizard", einer jener höchst seltenen Naturtalente, die auf Anhieb erkennen, ob ein Mensch lügt oder die Wahrheit sagt. Er arbeitet mit dem Psychologen Paul Ekman aus San Francisco zusammen, der einen "Atlas der Gefühle" erarbeitet hat. Von 10.000 Gesichts-Ausdrücken sind etwa 3.000 lesbar, also Emotionen zuzuordnen, die übrigen sind blosse Grimassen. Viel Wissenswertes also, das wir in der spannenden 3SAT-Doku "Rätselhafte Mimik" in vielen Interviews und Bild-Beispielen über die Arbeit von Psychologen, Geheimdienstlern und Ethnologen erfahren, auch über autistische Menschen, die Gesichter nicht erkennen und Mimik nicht deuten können. Tipps für die praktische Anwendung in unserem Alltag blieben allerdings selten. Immerhin wissen wir jetzt, wie wir echte Freude erkennen können, nämlich in den Augen. Die lachen automatisch mit, weil die Ringmuskeln beteiligt sind, die sich unserer Kontrolle entziehen. Schau mir in die Augen, Kleines...