Unsere Hausgeburt

Das Warten hat ein Ende!

Es war gerade dunkel geworden und Achim ging nach draußen, um Holz zu holen. Zwar waren die Tage jetzt Mitte September noch warm, doch abends wurde es bereits frisch und das merkt man in der alten Dorfschule, in der wir leben schnell. Wir schalten die Heizung erst möglichst spät im Jahr zum ersten Mal an und lieben die angenehme Wärme, die von dem Feuer aus unserem Ofen ausgeht, übrigens die erste Anschaffung nachdem wir in das Haus eingezogen waren. Ebenso lieben wir das schöne stumpfe Licht des Feuers und das Knacken des Holzes beim Verbrennen. Deswegen hatten wir uns unser Wohnzimmer bereits vor Monaten als das Geburtszimmer unseres zweiten Kindes ausgesucht.
Seit etwa zwei Stunden hatte ich leichte und unregelmäßige Wehen. Am Morgen schon hatte ich leichte Wehen gespürt, die allerdings wieder verschwanden. Dieses Mal hatte ich das Gefühl, dass die Wehen in echte Geburtswehen übergehen würden und hatte unsere „To-Do-Liste“ für die Vorbereitung auf die Hausgeburt hervorgeholt. „Ofen anfeuern“ stand ganz oben. Eigentlich war es eine Liste von unserer Hebamme, die wir aber durch einige Punkte ergänzt hatten, damit die Geburt ganz nach unseren Vorstellungen ablaufen könnte. Achim hatte bereits die Matratze ins Wohnzimmer getragen, die wir für die Geburt vorgesehen hatten. Der Wasserkocher lief und der erste Kräutertee war aufgesetzt. Ich machte mir ein kleines Lämpchen an, das für ein schönes indirektes Licht im Raum sorgte und legte meine Lieblings-Entspannungs-CD ein. Für mich hieß es jetzt, zurücklehnen und in meinen Körper hören.

Wir bereiten alles vor

Achim war mittlerweile mit einem Eimer Holz zurückgekommen und feuerte den Ofen an. Anschließend setzte er sich zu mir, massierte meine Schultern und wir machten es uns zu zweit gemütlich. Wir waren entspannt und aufgeregt zugleich. So lange hatten wir auf diesen Moment gewartet. Ging es nun wirklich endlich los? Das Baby sollte laut errechnetem Geburtstermin bereits 8 Tage zuvor gekommen sein und wir waren fest davon ausgegangen, dass der Geburtstermin nicht wesentlich überschritten würde. Meine Schwester war bereits seit fast zwei Wochen bei uns, denn sie sollte sich während der Geburt um unsere zweijährige Tochter Karla kümmern. Mittlerweile hatte sie ihren geplanten Abreisetermin, ursprünglich 5 Tage nach Stichtag, um ein paar Tage verschoben. Eigentlich wollte sie eine Reise nach Portugal machen, die sie nun später antreten würde. Wir hatten ihr einen neuen Flug gebucht für Montagmorgen. Nun war es Samstagabend. Ein echter Krimi!
Es war 21 Uhr und die Wehen kamen regelmäßig. Ich war mir sicher, das waren Geburtswehen. Achim brachte große, weiche Handtücher in die Küche und legte sie in den Ofen, den er auf 50 Grad heizte. Diese sollten das Baby einhüllen, wenn es geboren war. Er stellte den Kräutertee und Wasser auf einen Tisch im Wohnzimmer, dazu eine Schüssel mit Weintrauben, Energieriegel und etwas Rohschokolade. Nun waren auch die letzten Punkte auf unsere Liste getan. Wieder machten wir es uns gemütlich und Achim notierte sich die Abstände meiner Wehen, damit wir auch rechtzeitig, jedoch auch nicht zu früh unsere Hebamme anrufen würden.

Ebba und Karla

Utes Schwester Ebba ist unsere Babysitterin für die Geburt! <3"><3"><3

Hausgeburts-Hebammen: Die Rebellinnen der Nacht

Unsere Hebamme Sabine hatte mich bereits während der Schwangerschaft begleitet und die Vorsorgeuntersuchungen übernommen. Sie kam aus dem Süden von Hamburg und wohnte damit fast 50 km von unserem Dorf entfernt. Es ist gar nicht einfach, eine Hebamme zu finden, die Hausgeburten übernimmt. Es gibt sie leider immer weniger! Ein Beruf, der eine Rund-um-die-Uhr Einsatzbereitschaft erfordert, feste Arbeitszeiten gibt es nicht und meistens arbeiten die Hebammen Tag und Nacht. Auch lohnt sich dieser Job finanziell kaum, da die Versicherungen der Hebammen enorm hoch sind. 3-4 Geburten im Monat muss eine Hebamme machen, damit sie auch etwas verdient. Was wir außerdem wirklich bitter finden ist, dass der Job wenig Anerkennung findet und unter starkem Rechtfertigungsdruck steht. Zum Teil sind Hebammen, die Hausgeburten betreuen, sogar Anfeindungen ausgesetzt. Hausgeburten gelten in unseren modernen High-Tech-Gesellschaften als Risiko, als verantwortungslos und leichtsinnig. Eine Einstellung, die für uns wenig nachvollziehbar ist und meist von uninformierten Menschen vertreten wird. Man kann davon ausgehen, dass sich hinter den Hebammen, die Hausgeburten übernehmen, starke Frauen verbergen, die ihren Beruf als Berufung leben. Für uns wahre Heldinnen und Rebellinnen in unserer modernen Gesellschaft!
So auch Sabine. Sie machte seit 20 Jahren Hausgeburten und hatte dabei schon vieles erlebt. Sie begleitete beispielsweise einmal eine Geburt im Bauwagen ohne fließendes Wasser. Sie sagte, sie stelle sich ganz auf die Wünsche und Bedürfnisse der Frauen ein und sei letztlich offen für fast alles. Dieses Urvertrauen in die Frauen und ihre Gebärfähigkeit beeindruckte mich sofort und entsprach genau meiner Einstellung zum Thema Geburt. Mit ihrem alten Hebammenkoffer aus Leder kam sie regelmäßig zu mir und machte alle wichtigen Untersuchungen, jedoch ohne High-Tech und Ultraschall. Die Herztöne hörte sie mit einem Hörrohr ab, mit einem Maßband überprüfte sie die Entwicklung des Babys und tastete meinen Bauch ab um die Lage des Kindes zu kontrollieren. Wir unterhielten uns viel und bauten ein vertrauensvolles Verhältnis zueinander auf. Es war schön jemanden zu haben, der die gleiche Einstellung mit uns teilte. Sie überließ jede Entscheidung uns und redete uns nicht rein. Sie verlangte keine zusätzlichen Untersuchungen vom Gynäkologen.

 

Wie es weitergeht, erfahrt ihr im zweiten Teil unsers Geburtsberichtes! Besucht uns auf Facebook und verpasst keine Veröffentlichung!


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