Unser Leben gleicht einem Baum!

Von Wernerbremen


Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch zum Wochenende eine Geschichte von
Gabriele Ramos erzählen:

„Der Sternenbaum“

„Zunächst hielten die Gräser ihn für ihresgleichen.Als sie den Irrtum bemerkten, war es bereits zu spät. Sie konnten den kleinen Baum nicht mehr ersticken. So versuchten sie, ihn auf andere Weise loszuwerden.
Dieser Hügel gehört uns, sagten sie. Du bist ein Fremdling. Wir wollen
Dich nicht in unserer Mitte haben. Du störst uns. Tag und Nacht redeten sie so
auf den kleinen Baum ein.

Quelle: Helmut Mühlbacher


Die Einsamkeit und unser Hass werden ihn krank machen, und schließlich wird
er sterben, dachten sie, und sie freuten sich, wenn Käfer und Raupen an dem
kleinen Baum nagten, wenn der Regen ihn zu Boden drückte und der Wind ihn
zauste.

Einmal zog ein Sturm über den Hügel. Der kleine Baum bog sich stöhnend hin
und her und seine Wurzeln klammerten sich an die aufgeweichte Erde. Als
der Sturm vorüber war, stand der kleine Baum schief da, halb aus der Erde
gerissen, die Blätter zerfetzt.

Die grauen Wolken verzogen sich, die Sonne kam hervor, irgendwo rief
zaghaft ein Vogel. Die Gräser trockneten schnell, richteten sich auf und
betrachteten den kleinen Baum.

Quelle: J. Roloff


Nun ist es um ihn geschehen, tuschelten sie. Seht nur seine Wunden.

Ich werde es euch zeigen, dachte der kleine Baum, der die Gräser schon um
ein gutes Stück überragte. Er dachte es, obwohl er sich sehr müde und
schwach fühlte. Am liebsten hätte er sich fallen lassen. Es kostete ihn all seine
Kraft, diesem Wunsch nicht nachzugeben, und er war froh, als die Dunkelheit
kam und ihn vor den Gräsern verbarg.

Warum hassen sie mich? dachte der kleine Baum. Fürchten sie, dass ich ihnen
die Sonne wegnehme? Dass sie nicht mehr genügend zur Geltung kommen, wenn
ich einmal groß und stark sein werden?

So wird es wohl sein, dachte der kleine Baum; aber er dachte auch, dass er
das gleiche Recht hätte, auf dem Hügel zu stehen wie die Gräser.

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Schlimm ist nur die Einsamkeit, dachte der keine Baum weiter. Dass ich
nichts habe, woran ich mich aufrichten kann. Er blickte zum Himmel hinauf und
entdeckte gerade über sich einen Stern.

Der kleine Baum fand, dass dieser Stern anders aussah als alle übrigen, und je länger er ihn betrachtete, desto besser gefiel ihm der Stern. Er vergaß seine Schmerzen und seine Müdigkeit und die neidischen Gräser.

Du bist schön, Stern, wagte der kleine Baum endlich leise zu sagen.
Der Stern gab keine Antwort.
Du bist sehr schön, Stern, sagte der keine Baum ein wenig lauter.
Der Stern antwortete auch diesmal nicht.

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Er kann mich wohl nicht hören, dachte der kleine Baum. Er ist zu weit
entfernt. Wenn ich größer wäre... Unwillkürlich reckte sich der kleine Baum.
Die Sehnsucht nach dem Stern gab ihm Kraft. Er richtete sich auf, seine
Wurzeln senkten sich tiefer in die Erde.

Ich kann wachsen, Stern, flüsterte der kleine Baum. Warte nur, ich werde
Dir jeden Tag ein Stückchen näher kommen. Hat man je so etwas gehört?
zischelten die Gräser. Er will hinauf zu den Sternen. Welche Überheblichkeit! Zu
Strafe wird der nächste Sturm ihn zerschmettern.

Der kleine Baum kümmerte sich nicht um das Gerede der Gräser.
Er blickte seinen Stern an und war glücklich.

Ich liebe dich, Stern, sagte der so leise, dass die missgünstigen Gräser es
nicht hören konnten. Du kannst nicht zu mir herabsteigen, aber ich kann zu
Dir hinaufwachsen. Eines Tages werden wir uns treffen und es wird wundervoll
sein. Wenn Du reden willst, werde ich zuhören.

Wenn Du schweigen willst, werde ich meinen eigenen Gedanken nachhängen.
Wenn Du Hilfe brauchst, werde ich da sein.
Und irgendwann wirst Du mich auch lieben.

Die ganze Nacht betrachtete der kleine Baum seinen Stern und er konnte
erst schlafen, als der Stern im Tageslicht verschwunden war. Der kleine Baum
wachte nun immer in der Nacht und schlief am Tage, denn sonst hätte er ja
seinen Stern nicht sehen können. Und wenn einmal Wolken über den Himmel zogen
und den Stern verbargen, war der kleine Baum traurig.

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Die Liebe zu seinem Stern gab dem kleinen Baum Mut und Kraft. Er wuchs,
bereitete seine Äste aus, wurde stark und groß.

So vergingen viele Jahre.

Die Stürme konnten ihm nichts mehr anhaben, ja, der Baum liebte sie nun sogar.
Es tat ihm gut, wenn ab und zu ein Sturm über den Hügel brauste und ihn
von morschen Ästen und welken Blättern befreite.

Der Baum liebte auch den Regen. Ganz besonders aber liebte er den Schnee.
Denn in jeder Schneeflocke erkannte er seinen Stern.

Doch eines Tages begriff der Baum, dass er nicht weiter wachsen konnte.
Und er begriff, dass der Stern für ihn unerreichbar war.

Da überkam den Baum eine große Schwermut. Seine Wurzeln stellten ihr
Arbeit ein, die Blätter vertrockneten, die Äste brachen ab. Bald stand der Baum
gespenstisch kahl auf dem Hügel. Nun stirbt er endlich! frohlocken die
Gräser. Der nächste Sturm wird ihn entwurzeln. Der nächste Sturm kam in der Nacht. 
mit Donner und Blitzten. Auf einmal wusste der Baum, was er tun musste, um
seinen Stern zu erreichen.

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Er sammelte die ihm noch verbliebenen Kräfte, zog einen Blitz auf sich,
und im Nu brannte er lichterloh.

Zahllose kleine Sterne wirbelten hoch. Der Sturmwind trug sie hinauf, immer höher und höher, bis sie ihr Ziel erreicht hatten.“

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Ihr Lieben,
in dieser sehr besinnlichen Geschichte erkenne ich unser Leben wieder.
Unser Leben ist gekennzeichnet dadurch, dass wir in der Kindheit und Jugend um unseren Platz im Leben kämpfen müssen.

 
Oft begegnen uns in Kindheit und Jugend Menschen, die uns entmutigen wollen, die uns an unserer Entwicklung hindern wollen, die uns in unseren Wachstum hindern.
 
Aber bisweilen begegnen wir auch liebevollen Menschen in Kindheit und Jugend, die uns mit ihrer Liebe wärmen, die uns mit ihrer Zuneigung zeigen, dass wir liebenswert sind, deren Liebe dazu führt, dass unsere Hoffnungen Flügeln bekommen, dass wir und etwas zutrauen, dass wir nicht verzagen und lernen, unseren Weg zu gehen.
In der Mitte unseres Lebens erleben wir viele wunderbare Tage im Kreise unserer Familie, aber es begegnen uns auch Tage des Sturms, des Leid, der Not und der Angst.
In solchen Tagen ist es gut, sich nach einem Ziel auszurichten, zu wissen, wo man geborgen ist.
Für mich symbolisiert Gottes Hand diese Geborgenheit. Ich kann in Gottes Hand umfallen, müde werden, krank werden, versagen, aber ich kann niemals aus Gottes Hand herausfallen.

Denn auch das Ende unseres Lebens ähnelt dem Baum. Unsere Kräfte lassen nach und irgendwann ist es zeit, heimzugehen, wie mein Großvater das nannte. 
Aber das Nachlassen der Kräfte und das Älterwerden sollten uns nicht traurig stimmen, sondern wir sollten dafür dankbar sein, was das Leben uns auch an wunderbaren Tagen und Momenten geschenkt hat.
Ich wünsche Euch nun ein fröhliches unbeschwertes und dankbares Wochenende und grüße Euch alle herzlich aus dem schönen sonnigen BremenEuer fröhlicher Werner

Quelle: Karin Heringshausen