Unravel

Von Pressplay Magazin @pressplayAT

Unravel

6Plattformer

Mit Unravel präsentieren EA und das schwedische Entwicklerteam Coldwood Interactive mit ein paar Jahren Verspätung ihren Beitrag zum Genre “melancholischer Puzzle-Plattformer”. In der Tat wirkt Unravel auf den ersten Blick, als hätte man bei Limbo das Licht aufgedreht. Es ist ein gemächliches Jump-and-Run mit Physik-Rätseln, das sich durch eine Mechanik abhebt: Unser Protagonist Yarny ist nur ein paar Zentimeter groß und besteht aus einem Stück Draht, um das ein langer Garnfaden gewickelt ist. Als solcher läuft er von links nach rechts durch die Levels und versucht auf dem Weg Hindernisse zu überwinden, die vor allem seiner geringen Größe zu verdanken sind: unachtsam im Weg abgestellte Gegenstände, unüberquerbar scheinende Flüssen und Tiere auf der gnadenlosen Jagd nach allem, das klein ist und ein bisschen wie Essen aussieht.

Nun hat das Garn-Gimmick unlängst schon den Nintendo-Plattformern um Kirby (Kirby’s Epic Yarn) und Yoshi (Yoshi’s Wooly World) einen visuellen und spielerischen Twist gegeben, aber Unravel geht noch einen Schritt weiter und baut eine Mechanik darum: An bestimmten Punkten in der Umgebung kann Yarny sich nämlich selbst anknüpfen und dann bis zu einem bestimmten Punkt (an dem er sehr traurig aussieht) weiter auftrennen – so lange das Garn reicht. So improvisiert er sich in Windeseile kleine Lianen, Kletterseile und – durch die Magie zweidimensionaler Darstellung möglich gemacht – Rampen und Trampoline. Eine der Hauptstärken von Unravel ist, wie wunderschön es aussieht. Die Umgebungen sind fast fotorealistisch und bilden mit einem liebevollen Auge fürs Detail gekonnt unsere Welt aus einem ungewohnten Blickwinkel ab. Der Nachteil dabei ist jedoch das die Levels recht schlecht lesbar sind: Wo genau endet die Plattform und beginnt der Abgrund? Wo kann ich hochklettern? Wie weit reicht mein Sprung?

Abgesehen von seiner Garn-Mechanik bringt Unravel nicht wirklich viel Neues auf den Tisch und wirkt dadurch ein bisschen kalkuliert. Es verlässt sich neben seinen nicht besonders aufregenden Logik-Puzzles ganz auf den altbewährten Grundsatz “Ästhetische Sentimentalität = Kunst” und hakt auch sonst jedes noch so müde Artsy-Indie-Plattformer-Klischee ab: Melancholische Geigenmusik im Hintergrund? Check. Kleines, fragiles Wesen mit großem Kopf als Protagonist? Check. Schockierendes/herzzerreißendes Ende? Check. Sogar das Ende von Journey gibt es noch einmal. Und tatsächlich bekommen wir ganz zu Beginn eine Nachricht darüber eingeblendet, dass die Entwickler jahrelang ihr gesamtes Herzblut in dieses Spiel gesteckt haben. Damit darf man sich also bereits emotional manipuliert fühlen, bevor überhaupt der Titelbildschirm eingeblendet wird.

All das außer Acht lassend ist Unravel ein halbwegs solider Puzzle-Plattformer mit wirklich schöner Grafik. Wer sich damit einen schönen gemütlichen Nachmittag machen will, maximal unterbrochen von ein paar kleinen Hirnverdrehern und verpassten Sprüngen, der kann dem kleinen Yarny eine Chance geben.

Plattform: PS4 (getestet), Xbox One, PC, Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 7, Release: 9.2.2016, www.unravelgame.com


Autor

Andreas Capek

 
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