Für die 14-jährige Franka beginnt ein neues Leben im Haus Eulenruh, einem Erziehungsprojekt für Kinder und Jugendliche im beschaulichen Dörfchen Waldburgen. Franka hat schon viel erlebt, musste viel durchmachen in ihrem kurzen Leben und das Alles hat sie hart gemacht, wie einen Jungen. Auch äußerlich gleicht sie eher einem Vertreter des anderen Geschlechts, als einem jungen Mädchen, was ihr öfter mal Schwierigkeiten einbringt. Sie lebt sich schnell ein in ihrem neuen zu Hause bei Vera und Andreas Kämpf und ihren neuen „Geschwistern“ dem 18-jährigen Ricardo, dem 16-jährigen Computerfreak Michael, den Zwillingen Lizzy und Ann, sowie den kleinen aber traumatisierten Axel und Denise. In der Schule und im Dorf sind die Kinder aus dem Haus Eulenruh allerdings nicht gerade gut angesehen. Bald beginnen die ersten Probleme und Provokationen. Schnell steigern sich die Vorkommnisse und werden immer merkwürdiger. Hat dies alles mit den geheimnisvollen Ruinen von „Unland“ hinter dem Elektrozaun zu tun? Welches Geheimnis verbirgt sich in der Dorfchronik?
Mit „Unland“ hat Antje Wagner einen Jugendroman geschaffen, der sich nicht so einfach kategorisieren lässt. Mit einfühlsamen Worten schildert sie das Leben von Franka und den anderen, zum Großteil Waisenkindern, im Haus Eulenruh, die in der Vergangenheit so viel erlebt haben und erdulden mussten. Ihre Vergangenheit wirft lange Schatten in ihr neues, besseres Leben und sie können nicht so einfach abgeschüttelt werden. Was über dreiviertel der Geschichte wie ein normales, sozialkritisches Buch erscheint, lässt im letzten Viertel die Grenzen zwischen Realität und Fiction verschwimmen und überschreitet die Schwelle zum Schattenland, in dem die tiefsten Ängste der Menschheit verborgen liegen.
Diese Wendung macht für mich den Charme der Story aus. Die ganze Zeit lauerte eine unterschwellige Bedrohung hinter jeder Ecke und hinter jedem Baum, die aber durch die Idylle wieder überdeckt wird. Menschen benehmen sich plötzlich merkwürdig, Tiere verschwinden, bis alles durch den Gerechtigkeitssinn und der Neugier der Kinder auf den Gipfel der Spannung getrieben wird.
Antje Wagner schreibt in einer leichten Sprache. Ihre Erzählweise ist locker und fließend und weist viele Wörter der Jugendsprache auf, die jungen Lesern sehr entgegenkommen dürften. So kommt aber gerade Franka, als Berlinerin, sehr authentisch rüber.
Die Darstellung und Ausgestaltung der, vom Schicksal gezeichneten, Charaktere ist der Autorin wunderbar gelungen. Franka ist nach außen hin oft hart, sie versteckt sich hinter ihrem jungenhaften Äußeren, dennoch verbirgt sich in ihr ein verletzliches Mädchen, das einfach nur geliebt werden will. Die 15-jährigen Zwillinge Ann und Lizzy haben ihre eigenen Strategien entwickelt, wie sie mit der Ablehnung des Dorfes Waldburgen umgehen. Sie werden Frankas beste Freundinnen. Ricardo ist ein sehr tougher junger Mann, der aber seine „Geschwister“ über alles liebt und sie gegen alles und jeden verteidigen würde. Michael neigt zu Wutausbrüchen und verschanzt sich in seiner virtuellen Computerwelt.
„Unland“ ist ein Taschenbuch, dessen Covergestaltung eher schlicht ist. Dennoch vermittelt es gerade durch seine Schlichtheit eine bedrückende und geheimnisvolle Atmosphäre. Es ist ganz in schwarz gehalten. Nur weißes, hohes Gras ist im Vordergrund zu sehen. Blickfang ist der pinke Titel in der Mitte des Covers.
„Unland“ ist „Morbus Dei“ für Jugendliche! Es hat mich mit seiner geheimnisvollen Atmosphäre sofort in seinen Bann gezogen und bis zu seinem fantastischen Schluss nicht mehr losgelassen!
Unland
von Antje WagnerBroschiert: 379 Seiten Verlag: Bvt Berliner Taschenbuch Verlag (4. September 2010) Sprache: Deutsch ISBN-10: 3833350520 ISBN-13: 978-3833350528 Vom Hersteller empfohlenes Alter: 12 - 13 Jahre
Rezension vom 21.11.2010
Mein Dank gilt dem