Unkontrollierte Flexibilität in der Produktentwicklung

Ein frustrierter Geschäftsführer bat mich kürzlich, dass ich mir den Entwicklungsprozess für neue Produkte in seinem Unternehmen einmal ansehe. In seinem Unternehmen werden komplexe elektrische Geräte entwickelt und produziert. Allerdings durchlaufen die Geräte scheinbar mehrfach den Entwicklungsprozess. Kaum sind wichtige Baugruppen entwickelt und in ein erstes Funktionsmuster eingeflossen, wird das neue Design schon wieder verworfen.
Auf meine Frage nach der Kernursache für diese permanenten Designänderungen wurde mir berichtet, dass einer der wichtigsten Wettbewerber immer wieder ähnliche, scheinbar bessere Produkte auf den Markt bringt, während das eigene Team sich noch in der Entwicklungsphase befindet. Um besser als der Wettbewerb am Markt zu erscheinen, wird das Konzept kurzerhand eingestampft und ein neues Produkt mit anderen/neuen Features generiert. Diese Vorgehensweise führt zu signifikant verspäteten Markteinführungen, mit entsprechend verspäteter Umsatzgenerierung.
Aber warum dauert die Projektrealisierung so lange, so dass der Wettbewerb(er) stets früher am Markt mit innovativen Produkten ist?
Als wir mit der Diskussion fortfuhren und ich nach der Antwort auf meine Frage suchte, wurde die Problematik plötzlich klar. Ich fragte, "wie früh in der Entwicklungsphase die gesammelten Kundenanforderungen in einen Design Freeze ("Einfrieren" der Entwicklungsanforderungen im Pflichten- bzw. Lastenheft) münden".
Der Geschäftsführer hatte bislang nicht den negativen Einfluss seines "flexiblen" Entwicklungsteams auf das Unternehmensergebnis betrachtet. Aber als wir die Situation diskutierten wurde ihm klar, dass sein Problem in der unkontrollierten "Flexibilität" seiner Mitarbeiter zu suchen war. Statt das Hauptaugenmerk auf die Identifizierung und Umsetzung entscheidender kundenseitiger Produktanforderungen zu legen, war sein Team mehr damit beschäftigt stets eigene neue Funktionen und als wichtig empfundene Verbesserungen in die laufenden Entwicklungen einfließen zu lassen. Die Informationen über die Wettbewerberprodukte wurden dabei teilweise als Vorwand genommen, um der eigenen Kreativität mehr Raum zu geben.
Dies führte in der Folge zu mehreren Entwicklungsanläufen ohne dabei den Einfluss auf die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zum Kunden zu betrachten. Diese "Iterationen" führten zwangsläufig zu Verspätungen in den Entwicklungsprojekten und im Umkehrschluss zu einer besseren Marktposition des Wettbewerbs. Mit den Worten der Theory of Constraints lag der Engpass in diesem Fall in der "unkontrollierten Flexibilität" des Entwicklungsteams. 
Sollte sich ein Teil meiner Leser in einer ähnlichen Situation befinden, dann helfen vielleicht die nachfolgenden Empfehlungen:
  1. Einfrieren der Anforderungen – Spezifizieren Sie die entscheidenden Produktanforderungen und deren Umsetzung in einem Projektplan, bevor ihre Entwickler, Konstrukteure, Programmierer, etc. mit der Arbeit beginnen.
  2. Anforderungen bleiben Eingefroren – Erlauben Sie nur dann Änderungen am geplanten Konzept, wenn ihre Kunden dies ausdrücklich wünschen und mit einer verspäteten Fertigstellung leben können. Am Markt wird viel erzählt, aber lassen Sie sich nicht von angeblich niedrigeren Preisen, anderen oder zusätzlichen Features ihres Wettbewerbs verunsichern. Um diese Themen können sie sich nach Markteinführung und ersten Gewinnen immer noch kümmern.
  3. Sehen Sie Produkteinführungen im Markt als Kontinuum – Kleine Verbesserungen und zusätzliche Funktionalitäten bei vergleichbaren Produkten des Wettbewerbs sollten nicht ignoriert werden. Das Gleiche gilt für Ideen ihrer Mitarbeiter, allerdings sind sie Teil eines kontinuierlichen Produktverbesserungsprozesses für das nächste "Produkt-Update" in geordneten Bahnen (vergl. Pkt. 1).

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