Dicke Männer schießen mit Platzpatronen
Die Spermien dicker Männer fristen bisweilen ein trauriges Dasein. Sie sind deformiert, bewegungsunfähig oder schlichtweg zu wenige. Die Folge: Die Herren der Schöpfung schießen mit Platzpatronen, haben es schwer, Kinder zeugen.
Forscher am Institut für Labordiagnostik und der Hautklinik der Universität Leipzig haben in mehreren Studien die Spermienqualität von über 1600 Männern untersucht. Sie fanden heraus, dass wesentliche Funktionen eines Spermiums gestört sein können. «Die Samenzelle kann zu langsam sein, eine fehlerhafte DNS aufweisen oder ein fehlendes Akrosom haben. Ebenso können zu wenige Spermien produziert werden», sagt Professor Uwe Paasch, Leiter der Andrologischen Abteilung des Universitätsklinikums Leipzig. Das sei von Mann zu Mann unterschiedlich. Der Experte erklärt: «Funktioniert etwa der Stoffwechsel bei einem Mann nicht richtig, sind die Mitochondrien in ihrer Funktion gestört. Infolgedessen sind die Spermien langsam.»
Mittels neuester Techniken haben die Leipziger Forscher zusammen mit Biochemikern der Technischen Universität Dresden herausgefunden, dass dicke Männer im Sperma einen wesentlich höheren Anteil des Proteins Eppin aufweisen als Normalgewichtige. «Zudem deuten unsere Forschungen auf Abweichungen bei einer ganzen Reihe von Eiweißen hin», erläutert der Experte. Es sei noch unklar, wie genau das Übergewicht die Bildung der Spermien stört und weshalb mehr Eppin produziert wird, sagt Paasch gegenüber news.de. Diesbezüglich verspreche man sich von einer neuen Studie der Forschungsgruppe weitere Erkenntnisse.
Ungesunder Lebensstil bremst Samenzellen
Die Forscher vermuten, dass ein Lebensstil mit wenig Bewegung und ungesunder Ernährung auch für die männliche Fruchtbarkeit eine Rolle spielt. Durch eine zu hohe Energiebilanz infolge von falscher Ernährung kann es zu hormonellen Veränderungen im Hoden kommen. «Das hat Einfluss auf die Mobilität der Spermien. Gleichzeitig hindert das Eppin die Spermien daran, schnell zu schwimmen», sagt der Androloge. Die Samenzellen können deshalb die Eizelle nicht erreichen. «Aus der Sicht der Evolutionstheorie ist das sogar nachvollziehbar: Wer nicht fit genug ist, wird von der Reproduktion ausgeschlossen und zeugt keine Nachkommen.»
Andere Studien haben außerdem gezeigt, dass dicke Männer ein niedriges N-Acetylglucosamin-Level haben, das wesentlichen Einfluss auf die Spermienanzahl, den Testosteronlevel und den Anteil an normal geformten Spermien hat.
Junge dicke Männer eher betroffen
Die Ergebnisse der Leipziger Andrologen weisen auf eine besondere Risikogruppe hin: «Wir sehen in der Sprechstunde häufig Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, deren auffälliges Merkmal Fettleibigkeit ist», so der Experte. Das Spermiogramm zeigt bei ihnen nur eine geringe Zahl normal gestalteter Samenzellen.
Man vermutet, dass ein frühes Dicksein die größte Rolle dabei spielt, unfruchtbar zu werden. «Männer die schlank waren und im Laufe der Zeit zugenommen haben, sind scheinbar weniger davon betroffen. Das haben wir allerdings noch nicht beweisen können», so Paasch.
Das Alter sei generell ein wesentlicher Faktor in Bezug auf die Unfruchtbarkeit. «Männer können zwar noch im hohen Alter Kinder zeugen», so der Androloge. Die Wahrscheinlichkeit nehme aber ab. Ein Grund könnte auch darin liegen, dass die meisten Menschen ab dem mittleren Alter an Körpergewicht zunehmen. Professor Paasch weiß: «Die beiden Faktoren Alter und Gewicht sind dann schwer voneinander zu trennen.»
Ab einem Meter Bauchumfang wird es kritisch
Ab wann ein Mann übergewichtig ist, entscheiden zwei Parameter: «Der [tt=Der BMI berechnet sich aus dem Körpergewicht Body-Mass-Index (BMI)spielt eine Rolle für die Anzahl gesunder, normal gestalteter Spermien pro Samenerguss», sagt der Professor. Er gibt aber zu bedenken, dass ein BMI von 25 für einen kleinen Mann etwas ganz anderes bedeuten könne als für einen großen Mann. Das ließe mitunter falsche Rückschlüsse zu. «Deshalb messen wir auch den Hüftumfang der Männer. Ein Bauchumfang von mehr als 102 Zentimetern ist die kritische Schwelle», sagt der Experte. Im Klartext: Männer mit einem BMI von über 30 und einem Hüftumfang von mehr als einem Meter sind adipös.
Besteht der Verdacht, dass etwas nicht stimmt, sollte man zum Andrologen gehen, rät Paasch. Eine mikroskopische Untersuchung des Samenergusses, das sogenannte Spermiogramm, gibt in vielen Fällen Aufschluss darüber. Zudem empfiehlt er Männern mit Kinderwunsch, abzunehmen und sich ausreichend zu bewegen.
«Bei einem eingeschränkten Spermiogramm können wir zwar nicht immer helfen, aber wir denken, dass durch eine Gewichtsreduktion die Qualität der Spermien wieder besser wird.» Bewiesen werden soll dies an der Universität Leipzig zusammen mit den Forschern der Klinischen Forschergruppe «Fett und Gefäß», die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wird.