Eigentlich wüsste ich es ganz genau: Als Mutter sollst du dich nie zu früh und erst recht nicht allzu laut über ein paar ruhigere Tage freuen. Aber was hätte ich denn tun sollen? Die Vorfreude auf die erste Sommerferienwoche, in der vier von fünf Kindern im Jungscharlager sind, was Karlsson, „Meinem“ und mir sieben Tage ungewohnte Ruhe im Haus beschert, war einfach zu gross. Da musste ich doch hin und wieder davon reden, auch wenn ich ganz genau wusste, dass irgendwo immer ein paar Käfer lauern, die mithören, um dich genau dann zu attackieren, wenn ruhigere Zeiten anbrechen.
Genau so war es auch diesmal. Als ich gestern Nachmittag die Packliste fürs Jungscharlager studierte, klingelte es plötzlich an der Türe. Es war eine dicke, fette Erkältung, die mir einen Besuch abstatten wollte.
„Meine Liebe, wie habe ich dich doch vermisst! Es ist so lange her, seitdem wir Zeit hatten, uns zu unterhalten“, rief sie und versuchte, mich an ihre Brust zu ziehen.
„Halt! Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?“, stammelte ich und versuchte, mich ihr zu entziehen, doch ohne Erfolg, denn sie war unglaublich kräftig.
„Nun hab dich nicht so!“, sagte sie mit beleidigtem Unterton. „Da haben wir im Winter so viele nette Stunden miteinander verbracht und jetzt gibst du vor, mich nicht zu kennen. Man wird als Erkältung ja wohl auch mal im Sommer unangekündigt bei seinen besten Freunden reinplatzen dürfen.“
„Ääääh, es ist so… es ist gerade sehr ungünstig. Luise, der FeuerwehrRitterRömerPirat, der Zoowärter und das Prinzchen wollen nämlich morgen ins Ferienlager fahren und da dachten ‚Meiner‘ und ich….“
Weiter kam ich nicht, denn die Erkältung fiel mir ins Wort: „Wunderbar! Da hast du ja nicht nur Platz für mich, sondern auch noch für meine reizenden Kinderlein. Ohrenweh! Halsweh! Kopfweh! Wo steckt ihr denn schon wieder? Ihr braucht euch nicht zu verstecken, die Dame hier ist sehr nett. Sie hat uns gerade eine Ferienwohnung angeboten. Ist das nicht reizend?“
Und bevor ich noch etwas sagen konnte, stürmte die Erkältung mit ihrer ungezogenen Brut ins Haus. Während die Kinder sich die ganze Nacht mit dem FeuerwehrRitterRömerPiraten vergnügten, machte es sich die Erkältung an meinem Bett gemütlich.
„Ist das nicht herrlich?“, sagte sie eins ums andere Mal. „Sieben Tage lang nur du und ich. So etwas gibt es selten, das muss man geniessen.“
„Freu dich nicht zu früh“, gab ich mit heiserer Stimme zurück. „Mir scheint, der FeuerwehrRitterRömerPirat habe bereits die Nase voll von deinen ungezogenen Gören und mit wem wollen sie sich denn vergnügen, wenn er morgen seinen Geschwistern ins Ferienlager nachreist? Karlsson ist zu alt für solchen Kinderkram und ‚Meiner‘ ist von seinen Schülern abgehärtet. Wir werden euch schneller los sein, als dir lieb ist.“
„Wir werden ja sehen“, sagte sie spöttisch und strich mir über meine heisse Stirn. „Wir werden ja sehen…“