Die ungarische Regierung tritt die Menschenrechte von wohnungslosen Bürgern mit Füßen. Am Montag hat das ungarische Parlament wie erwartet mit seiner rechts-populistischen Mehrheit elementare Verfassungsrechte wohnungsloser Bürger außer Kraft gesetzt. Von nun an können Wohnungslose, die zweimal innerhalb von sechs Monaten im Freien nächtigen, mit je 500,- € Geldstrafe belegt werden. Wer das nicht zahlen kann, landet im Gefängnis.
Diese zynische Regelung hat nun die Deckung durch eine Generalklausel in der ungarische Verfassung (Artikel 8, Absatz 3 „Ein Gesetz oder ein örtliches Dekret können die Nutzung bestimmter öffentlicher Plätze zum Übernachten untersagen, um die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit, die öffentli-che Gesundheit und die kulturellen Werte zu schützen.“).
Dies ist ein einmaliger Rückschritt in der sozialpolitischen Nachkriegsgeschichte Europas, in der Zug um Zug alle so genannten Landstreicherparagraphen aufgehoben wurden – in Deutschland mit der Strafrechtsreform von 1974 (§ 361 StGB). Wer kann ernsthaft glauben, dass die Obdachlosen in Ungarn, die in noch tieferer Armut leben als unsere deutschen Obdachlosen, sich vom Gefängnis freikaufen können? Diese menschenverachtende, teure und zum Scheitern verurteilte Politik gegen Wohnungslose bedarf einer klaren und unmissverständlichen Antwort aller Demokraten in der Europäischen Union:
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. fordert
- Bundeskanzlerin Merkel auf, diesen Bruch der Menschenrechte öffentlich beim Namen zu nennen und sich in der EU für ein Verfahren nach Art 7 des Lissabon-Vertrages einzusetzen
- die Bundesregierung auf, gegen Ungarn vor den Europäischen Menschengerichtshof Klage zu erheben.
- von der EU- Kommission, sofort rechtliche Schritte gegen Ungarn wegen Vertragsbruch nach Art 7 des Lissabon-Vertrages einzuleiten.
Thomas Specht, Geschäftsführer der BAG W: „Ungarn befindet sich auf dem Weg aus der Gemeinschaft der demokratischen Staaten. Obdachlose sind gezwungen den öffentlichen Raum zu benutzen. Sie dafür zu bestrafen ist ein Akt der Unmenschlichkeit und verstößt gegen die Menschenrechte!“
FEANTSA, der europäische Dachverband Nationaler Organisationen der Wohnungslosenhilfe, deren Gründungsmitglied die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) ist, hatten in einem offenen Brief das Vorgehen der ungarischen Regierung als Verstoß gegen die vielen internationalen Menschenrechtsverträge verurteilt, die Ungarn unterzeichnet hat: darunter die Europäische Sozialcharta, die Europäische Menschenrechtskonvention, die Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen, der Internationale Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
[Quelle: Pressemitteilung - via Die Freiheitsliebe]