Animal Collective „Centipede Hz“
(Domino)
Man kann es drehen und wenden wie man will – diese Platte ist nicht nur eine Herausforderung, sondern eine Grenzerfahrung. Keineswegs die erste in diesem Jahr, die Swans schickten ja erst kürzlich mit “The Seer” ein Album in’s Rennen, dass durch seine gigantische Spieldauer beeindrucken konnte. “Centipede Hz” tut dies mit der masslosen Fülle, die hier auf den Tonträger verbracht wurde. Wenn Joachim Hentschel gerade fachmännisch in der SZ erläutert, Animal Collective feierten die allgemeine Überforderung und machten somit die Musik der Zukunft, ihre Platte würde sich so anfühlen wie das, “was ein Computer wahrscheinlich kurz vor dem Absturz empfindet”, dann sind das schöne Bilder – allein, sie helfen einem nicht wirklich weiter.
David Portner, Noah Lennox, Brian Weitz und Josh Dibb verfertigen also auf ihrem neuesten Werk Pop von seiner verschwenderischsten, versponnensten Seite. Das Problem: Nach laienhaftem Verständnis braucht selbst die größtmögliche Menge an genialen Ideen einen ruhigen Gegenpol, der sie zur Wirkung kommen läßt, der dem Hörer die Möglichkeit gibt, die Dinge für sich – und sei es auch nur kurz – zu ordnen. Die vier aus Baltimore haben sich entschlossen, auf diese Ruhepunkte konsequent zu verzichten, und so stellt sich schon nach drei Songs eine Sättigung ein, befeuert durch die begründete Ahnung, das gehe bis zum Rest der Platte so weiter.
Stillstand und Besinnung als strafwürdiges Vergehen, selbst “Revolution 9” der Beatles erscheint gnädiger als die elf Stücke hier. Dabei ist es sicher hohe und präzise erarbeitete Kunst, was Animal Colective als irrwitzige Freakshow bieten, weil jedoch alles und jeder auf einmal in den Vordergrund drängt, fühlt sich man sich unweigerlich überbeansprucht und zückt die weiße Fahne. Stücke wie “Moonjock”, “New Town Burnout” oder “Amanita” beginnen als Versprechen, jetzt werde es etwas differenzierter zugehen, nur um danach im wilden Geschrei- und Geräuschmassaker ebenso unterzugehen wie der Rest.
Bei anderen Stücken erkennt man liedhafte Züge, “Rosie Oh”, “Wild Eyed” und “Father Time”, skizzenhaft angedeutete Gesangslinien, die gefallen könnten, wenn, ja wenn… Fast hat man das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen, wenn man sich bei dieser Hetzjagd heimlich und benommen auf den Bordstein setzt, um von Elliot Smith, Bill Callahan, Will Oldham oder einem anderen der großen Weglasser zu träumen. Doch darum geht es wahrscheinlich gar nicht. Mit gutem Willen zu Ende gedacht zeigt einem „Centipede Hz” ja nur die eigene, hier gesunde Beschränkung auf – das zusammen mit dem Recht der Jugend auf Zügellosigkeit macht die Platte sogar recht amüsant. Der Eindruck aber, man habe sich schlichtweg überfressen, hält an, der Genuß bleibt dabei beizeiten auf der Strecke. Der aprubte Schluß des Schauspiels, wie anders hätte es wohl enden können, gleicht dann fast einer Erlösung. www.animalcollective.org
(Domino)
Man kann es drehen und wenden wie man will – diese Platte ist nicht nur eine Herausforderung, sondern eine Grenzerfahrung. Keineswegs die erste in diesem Jahr, die Swans schickten ja erst kürzlich mit “The Seer” ein Album in’s Rennen, dass durch seine gigantische Spieldauer beeindrucken konnte. “Centipede Hz” tut dies mit der masslosen Fülle, die hier auf den Tonträger verbracht wurde. Wenn Joachim Hentschel gerade fachmännisch in der SZ erläutert, Animal Collective feierten die allgemeine Überforderung und machten somit die Musik der Zukunft, ihre Platte würde sich so anfühlen wie das, “was ein Computer wahrscheinlich kurz vor dem Absturz empfindet”, dann sind das schöne Bilder – allein, sie helfen einem nicht wirklich weiter.
David Portner, Noah Lennox, Brian Weitz und Josh Dibb verfertigen also auf ihrem neuesten Werk Pop von seiner verschwenderischsten, versponnensten Seite. Das Problem: Nach laienhaftem Verständnis braucht selbst die größtmögliche Menge an genialen Ideen einen ruhigen Gegenpol, der sie zur Wirkung kommen läßt, der dem Hörer die Möglichkeit gibt, die Dinge für sich – und sei es auch nur kurz – zu ordnen. Die vier aus Baltimore haben sich entschlossen, auf diese Ruhepunkte konsequent zu verzichten, und so stellt sich schon nach drei Songs eine Sättigung ein, befeuert durch die begründete Ahnung, das gehe bis zum Rest der Platte so weiter.
Stillstand und Besinnung als strafwürdiges Vergehen, selbst “Revolution 9” der Beatles erscheint gnädiger als die elf Stücke hier. Dabei ist es sicher hohe und präzise erarbeitete Kunst, was Animal Colective als irrwitzige Freakshow bieten, weil jedoch alles und jeder auf einmal in den Vordergrund drängt, fühlt sich man sich unweigerlich überbeansprucht und zückt die weiße Fahne. Stücke wie “Moonjock”, “New Town Burnout” oder “Amanita” beginnen als Versprechen, jetzt werde es etwas differenzierter zugehen, nur um danach im wilden Geschrei- und Geräuschmassaker ebenso unterzugehen wie der Rest.
Bei anderen Stücken erkennt man liedhafte Züge, “Rosie Oh”, “Wild Eyed” und “Father Time”, skizzenhaft angedeutete Gesangslinien, die gefallen könnten, wenn, ja wenn… Fast hat man das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen, wenn man sich bei dieser Hetzjagd heimlich und benommen auf den Bordstein setzt, um von Elliot Smith, Bill Callahan, Will Oldham oder einem anderen der großen Weglasser zu träumen. Doch darum geht es wahrscheinlich gar nicht. Mit gutem Willen zu Ende gedacht zeigt einem „Centipede Hz” ja nur die eigene, hier gesunde Beschränkung auf – das zusammen mit dem Recht der Jugend auf Zügellosigkeit macht die Platte sogar recht amüsant. Der Eindruck aber, man habe sich schlichtweg überfressen, hält an, der Genuß bleibt dabei beizeiten auf der Strecke. Der aprubte Schluß des Schauspiels, wie anders hätte es wohl enden können, gleicht dann fast einer Erlösung. www.animalcollective.org