16.1.2012 – Hans-Peter Uhl, altgedienter CSU-Politiker und Innenexperte der Unions-Fraktion im Bundestag, fällt seit Jahren immer wieder durch reaktionäre Äußerungen auf, die häufig die Grenze des Erträglichen deutlich überschreiten. Mal betont er, Deutschland würde von Sicherheitsleuten regiert, mal beklagt er sich über die fremden Geräusche, Gerüche oder Anblicke der in Deutschland lebenden „Ausländer“ oder will sich in Bezug auf die Regulierung des Internets an der chinesischen Regierung orientieren.
Vernünftige Einwanderungspolitik
Die Einwanderung nach Deutschland dürfe den sozialen Frieden nicht gefährden. Es nütze nichts, wenn man die ganze Welt umarme und dafür die eigenen Bürger aus den Augen verliere. So äußerte sich Hans-Peter Uhl im Rahmen einer Podiumsdiskussion der Jesuiten-Hochschule in München in der letzten Woche.
Wörtlich sagte der Innenpolitiker dort unter anderem:
„Die Antwort auf die weltweite Migration kann nicht lauten „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“
Eine gute und vernünftige Einwanderungspolitik muss zum Ziel haben, dass keine Kampfgruppen am rechten Rand entstehen.“
Mit anderen Worten: Die angemessene Reaktion auf den rechten Terror in Deutschland besteht darin, die Einwanderung zu begrenzen. Denn je weniger Menschen mit ausländischen Wurzeln in unseren Land leben, desto weniger Veranlassung gibt es für Rassisten und Nazis, sich zu gewalttätigen Gruppen zusammenzuschließen und Anschläge zu begehen.
Diese Äußerungen zeugen von einem menschenverachtenden und rassistischen Welt- und Gesellschaftsbild. Uhl dreht die Kausalität herum und signalisiert so indirekt Verständnis für rechtsradikale Straftäter, die sich nicht anders zu helfen wissen, als Menschen, die nicht ihrem Bild vom guten Deutschen entsprechen, einfach totzuschlagen.
Hans-Peter Uhl verweist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit, am „Dublin II“ Verfahren festzuhalten. Das europaweite Abkommen verpflichtet Flüchtlinge dazu, ihren Asylantrag in dem Land zu stellen, das sie zuerst betreten haben. In der Folge führt dies dazu, dass Flüchtlinge aus Nordafrika meist in Ländern wie Griechenland, Spanien oder Italien bleiben müssen.
Dortige Flüchtlingslager sind oft stark überfüllt und unterliegen katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Darüber hinaus sind die Asylverfahren in den verschiedenen europäischen Ländern höchst unterschiedlich geregelt. Flüchtlinge leiden demzufolge unter einer ausgeprägten Willkür in Bezug auf ihre berechtigten Asylanträge
Uhl sieht sich durch diese Umstände, die Anfang der letzten Woche durch den Europarat scharf kritisiert wurden, nicht veranlasst, eine Veränderung im europäischen Asylrecht zu befürworten. Deutschland sei nicht in der Pflicht, Länder mit einem hohen Aufkommen an Asylverfahren, zu unterstützen.
Von Sicherheitsbeamten regiert
Die reaktionäre Haltung des Innenpolitikers ist in Deutschland kein Geheimnis. Immer wieder gelangen demokratie- und fremdenfeindliche Äußerungen von Hans-Peter Uhl in die Schlagzeilen und werden selbst von Parteifreunden oft nur mit Kopfschütteln quittiert.
So lehnte der konservative Politiker in der vergangenen Woche den „Neonazi“-Untersuchungsausschuss ab, weil dieser ein „Kampfinstrument der Opposition gegen die Regierenden sei“. Auch einem NPD-Verbot steht Uhl kritisch gegenüber. Stattdessen sollen die Deutschen „bei jedem Wahlsonntag zeigen“, dass sie sich von der NPD abwenden.
Im Oktober 2011 sagte Hans-Peter Uhl im Bundestag, dass Deutschland von Sicherheitsbeamten regiert wird:
„Es wäre schlimm, wenn unser Land von Piraten und Chaoten aus dem Chaos Computer Club regiert würde. Es wird regiert von Sicherheitsbeamten, die dem Recht und dem Gesetz verpflichtet sind.“
Als Bundestag und Bundesrat im Juli 2000 das Gesetz zur Entschädigung jüdischer Zwangsarbeiter verabschiedeten, da machte Uhl seiner Verärgerung in der rechten Zeitschrift Epoche Luft. Unter dem Titel „Es gab auch deutsche Zwangsarbeiter“ veröffentlichte er in der Publikation einen Artikel, in dem es unter anderem hieß:
„Erinnern kann nicht bei der schonungslosen Aufdeckung von Verbrechen unter der Nazi-Herrschaft stehen bleiben. Denn diese Form der Erinnerung ist meist unvollständig: Der Verbrechen der Deutschen wird gedacht, aber die Verbrechen an Deutschen werden ausgeblendet.“
Im Jahr 2008 geriet er in die negativen Schlagzeilen, weil er forderte, dass Mindestalter für die behördliche Speicherung personenbezogener Daten von 16 Jahren auf 14 oder zwölf Jahre zu senken, um eine „bessere Überwachung von terrorverdächtigen Minderjährigen“ zu erreichen.
Im Rahmen der Diskussion um eine staatliche Regulierung des Internets sagte Uhl „Was die Chinesen können, sollten wir auch können. Da bin ich gern obrigkeitsstaatlich“. Er setzte sich ab 2009 zunehmend für eine „intelligente Regulierung“ ein, um „die Jugend vor Kriminalität, Terrorismus und Schmutz“ zu schützen. Einwände der Experten vom Chaos Computer Club wehrte er diffamierend ab:
„Die Mitglieder des Chaos Computer Clubs sind Pseudo-Computerexperten ohne Sinn und Verstand und moralisch verkommen.“
Traurige Berühmtheit erlangte der Politiker, als er nach den Anschlägen von Oslo im Juli 2011 behauptete, „In Wahrheit wurde diese Tat im Internet geboren“ und eine Verstärkung der nachrichtendienstlichen Aufklärung im Netz forderte.
Der rechte Rand
Zusammengefasst ist Hans-Peter Uhl der Prototyp eines Politikers, der in der Union gezielt eingesetzt wird, um rechte Wählerschichten „bei der Stange zu halten“. Viele seiner Äußerungen verletzen die Rechte und die Würde von Menschen erheblich. Viele seiner politischen Forderungen sind mit den Grundsätzen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht in Einklang zu bringen.
CDU und CSU leisten sich mit Uhl einen prominenten Provokateur, der am rechten Rand der Gesellschaft auf Stimmenfang geht und dazu Klischees bedient und Parolen bemüht, die nicht nur an bayerischen Stammtischen auf Zustimmung und Beifall stoßen.
Dass gerade aus Uhls Partei immer wieder polemische Forderungen laut werden, die Linkspartei aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verbieten, ist angesichts der menschenverachtenden, rassistischen und antidemokatischen Äußerungen aus den eigenen Reihen unerträglich.
Man wünscht sich, dass die Behörden des Verfassungsschutzes ihre eigentlichen Aufgaben, die Überwachung der Einhaltung des Grundgesetzes und der Grundrechte und die Abwehr von Angriffen auf die Rechtsstaatlichkeit, auch im Hinblick auf rechte Parolen-Rufer aus den Reihen der zugelassenen Parteien wahrnehmen würden.
Die vielzitierte „Blindheit auf dem rechten Auge“ beginnt nämlich nicht erst bei der Untätigkeit gegenüber gewaltbereiten Straftätern aus der rechtsextremen Szene. Sie setzt bereits im angeblich bürgerlichen Lager ein und macht Äußerungen und Forderungen möglich, die jeglicher demokratischen, friedlichen und humanistischen Grundlage entbehren.