Under-Earth

Hauptsächlich wurde ich durch das Cover von Under-Earth angelockt, und in Kombination mit mehr als 500 Seiten entstand bei mir der Eindruck, dass es sich um ein philosophisches Werk, welches zum Nachdenken anregt, handeln muss. Meine Assoziation war nicht ganz passend, aber soviel sei vorweg verraten: Autor und Künstler Chris Gooch versteht etwas vom Storytelling!

Under-Earth CoverUnder-Earth Cover© Copyright Chris Gooch

Plot

Schauplatz des Über-500-Seiten-Wälzers ist eine unterirdische Mülldeponie, die als improvisiertes Gefängnis dient, aus dem es kein Entkommen gibt, dafür sorgen Hunderte von Wachen, 24 Stunden, jeden verdammten Tag.

Doch dieser namenlose Ort ist kein übliches Gefängnis. Alle jene, die dorthin verbannt werden, verlieren all ihre Rechte und sind gezwungen, für Essen und Unterkunft zu arbeiten. 

Die Verbannten müssen im Müll nach brauchbaren Gegenständen suchen in der Hoffnung, diese gegen etwas Geld eintauschen zu können. Wer genug gesammelt hat, muss sich entscheiden, ob ihm etwas zu essen oder eine Unterkunft wichtiger ist – und das jeden Tag auf’s Neue.

1. Handlungsstrang

In diesem Teil der Geschichte geht es vor allem um Verrat, Vergebung und Versöhnung.

Neuankömmling Reese tut sich schwer mit den harten Bedingungen und trifft eine fatale Entscheidung nach der anderen. Gut, dass er schnell auf Malcolm trifft, einen schweigsamen, riesigen Kerl, der Reese ein wenig unter seine Fittiche nimmt und ihm zeigt, wie man überleben kann.

Der Verrat

Sogar vor einer Gruppe prügelnder Halunken beschützt Malcolm Reese, doch dieser wird so sehr von seiner Angst getrieben, dass er eine folgenschwere Entscheidung trifft.

Vorsicht – Spoiler!

Er handelt aus mit der Gruppe einen Deal aus: Er sagt ihnen, wo sie Malcolm finden können, um sich an ihm zu rächen, und im Gegenzug lassen sie ihn für immer in Ruhe.

Dieser bittere Verrat hat weitreichende Konsequenzen für Reese und Malcolm, pusht die Handlung enorm und sorgte dafür, dass ich nicht aufhören konnte zu lesen.

2. Handlungsstrang

Ele und Zoey kannten sich schon, bevor sie ins Gefängnis verbannt wurden. Ihre Überlebensstrategie besteht im Wesentlichen darin, gegen Auftrag in Gebäude einzubrechen. Ihr Auftraggeber Stephen betreibt eine Bar und eine Art Fight Club, bei dem  sich in einer Arena zwei Kämpfer gegenüber stehen und aufeinander einprügeln.

Stephens nächster Auftrag soll ein ganz großes Ding werden: Er möchte, dass die beiden eine Pflanze aus dem Gebäude der Wachleute, einem Hochsicherheits-Komplex, stehlen. Doch ein Einbruch wäre der reinste Irrsinn, viel zu gefährlich. Schließlich stimmen sie doch zu, denn Stephen setzt eine Belohnung aus, die jede Gefahr wert ist: Eine Karte mit geheimen Gängen, welche in die Freiheit führen.

Erzählkunst: 2 parallele Geschichten

In den beiden Handlungssträngen erfahren die Charaktere Höhen und Tiefen, aber vor allem jede Menge Tiefen. Im letzten Akt  kreuzen sich die sonst parallel laufenden Handlungen kurz, um zum Schluss der Graphic Novel wieder getrennte Wege zu gehen. Sehr geschickt inszeniert von Chris Gooch – zwei Geschichten in einer, die nur einen gemeinsamen Nenner haben: (Über)Leben!

Meinung

Under-Earth war lange nicht so philosophisch (wie z.B. Sentient), wie ich es mir erhofft hatte, aber so ist das nun mal mit Erwartungshaltungen, nicht immer werden diese (zur Gänze) erfüllt.

Glücklicherweise bin ich kein bisschen enttäuscht. Chris Gooch verzauberte mich mit einer mitreißenden, niemals langweiligen Geschichte. Die zwei Handlungsstränge sind einerseits sauber getrennt und doch behandeln sie das gleiche Thema, oder besser gesagt, Bedürfnis:

Einfach zu leben, so zu leben, wie man möchte, egal wie aussichtslos die äußeren Umstände auch sein mögen. 

Bevor die Bindungen der Protagonisten zueinander immer stärker, ja fast schon unerschütterlich werden, entfernen diese sich und drohen zu zerreißen. Dass sich Gooch bei tausenden Gefängnisinsassen auf vier begrenzt und diese Charaktere konzentriert und konsequent ausbaut, empfinde ich als Stärke der Graphic Novel. So war es für mich als Leser leicht, eine Bindung zu den vieren aufzubauen. Ich fieberte geradezu mit, als das Finale immer näher rückte, und hoffte, dass alles gut ausgehen wird.

Die beiden Handlungen sind optisch voneinander abgegrenzt. So werden die dunklen Grautöne bei Ele und Zoey teilweise durch Gelbtöne ersetzt. Die allgegenwärtige bedrückende Stimmung wird wird so immer wieder aufgelockert.

Hintergrundgeschichten zu den Protagonisten werden nur minimalistisch erzählt, das Allernötigste quasi. Meistens missfällt mir das Weglassen von Details, bei Under-Earth hingegen stört es mich nicht. Es geht nunmal nicht um Vergangenes, sondern um ein (Über)Leben von Tag zu Tag. Fragen und Bedürfnisse wie: “Habe ich morgen etwas zu essen oder eine Unterkunft?” oder “Werde ich ausgeraubt, überfallen oder abgestochen?” stehen im Vordergrund.

Diese Ängste und Nöte wurden für mich hervorragend eingefangen. Dies und die Charakterentwicklungen machen Under-Earth zur besten Graphic Novel, die ich im Juni gelesen habe, und folglich zum Comic des Monats Juni 2022!



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