Und wo ist die Mütze? Eine kleine Geschichte über Undankbarkeit

Von Wernerbremen

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Ihr Lieben,
heute Nachmittag möchte ich Euch eine Geschichte von JoHanns Rösler erzählen:

„Und wo ist die Mütze?“

„Ich ging an einem Weiher spazieren. Nur wenige Leute warenunterwegs.
Plötzlich hörte ich sechzig Meter rechts von mir das aufgeregte Klingeln einesRadfahrers, einen Aufschlag und ein gewaltiges Klatschen des Wassers.
Kurz darauf kam der Aufschrei einer kindlichen Stimme ausdem Wasser.
Ich besann mich keinen Augenblick und eilte zu der Stelle, von der dieHilferufe kamen.

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Ich sah einen Knaben im Wasser kämpfen, kurz vor dem Wehr des Weihers.Ich streifte meine Jacke ab und sprang, so wie ich war, zudem Jungen hinunter, der mit dem Sog des Wassers kämpfte. Ich zog ihn heraus.Ja, ich fand sogar sein Rad und zog es ebenfalls heraus.
Meine Kleider waren voll Wasser – nicht weniger als die desJungen.
Der hatte bereits eine Menge Wasser geschluckt, erholte sich aber rasch.
Ich steckte ihn in meine trockene Jacke, die an der Innenseite meine Adresseenthielt.
Dann bat ich ihn, sie mir am nächsten Tag wiederzubringen.
Ich war glücklich, einem neunjährigen Jungen das Lebengerettet zu haben.
Er gestand mir übrigens, dass er wegen seines schwachen Herzens nicht Schwimmengelernt hatte.

Am nächsten Tag klingelte bei mir das Telefon.
Ich lag mit ein wenig Fieber in Decken gehüllt.
Das unfreiwillige Bad des Vortages und meine nassen Kleider waren nicht ohneFolgen geblieben.

Als das Telefon zum dritten Mal läutete, meldete ich mich.
Eine herausfordernde Männerstimmer sagte: „Sind Sie der Mann, dem die Jackegehört?“
„Ja“, sagte ich, „mit wem spreche ich?“

„Haben Sie gestern am Stadtweiher einen Jungen aus demWasser gezogen, einen Jungen und ein Fahrrad – stimmt das?“

„Ja“, sagte ich, „mit wem spreche ich? Ich kamglücklicherweise gerade vorbei im richtigen Augenblick. Wie geht es dem Jungen?“
„Vollauf wieder in Ordnung“, sagte der Vater, „auch das Radist wieder geputzt, es war eine Sauarbeit…“ „Ja“, antwortete ich, „ es sahschlimm aus.“
Ich hörte eine Weile nichts, dann kam die Stimme desVaters wieder und jetzt hatte sie einen strengen Unterton:
„Der Junge hatte, ehe er ins Wasser fiel, eine Mütze auf – und wo ist dieMütze?

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Und wo ist die Mütze?“, ist bei mir seitdem zur ständigenRedensart geworden.
Wenn man im Leben genau hinhört: Fragen nicht die meisten Menschen, denen wireinmal etwas Gutes getan haben: „Und wo ist die Mütze?


Ihr Lieben,

ich schäme mich an dieser Stelle stellvertretend für denVater in unserer Geschichte.
So unsensibel, so gefühllos und so undankbar kann sich, so glaube ich, nur einMann, ein Vater zeigen, eine Frau, eine Mutter wäre dazu gar nicht in der Lage,denn sie wäre froh und dankbar, ihr Kind heil und lebendig wiederbekommen zuhaben.

Sicher habt Ihr ebenso wie ich es auch schon des Öfterenerlebt, dass Ihr Menschen etwas Gutes getan habt und dass dann diese Menschenundankbar waren.
Ja, das stimmt, das kommt immer wieder einmal vor und das tut dann weh. Dasist, als bekäme unsere Seele eine kleinen Stich.

Aber entscheidend ist doch dies:
Auch wenn wir Undank erfahren, sollte uns das nicht unsere Haltung verändern.
Es gäbe ja die Möglichkeit, zu sagen: „Weil so viele, denen ich Gutes getanhabe, undankbar waren, tue ich keinem mehr etwas Gutes!“
Wir aber sollten die DENNOCH-Haltung entwickeln:
Jemand ist undankbar – wir tun DENNOCH Gutes!

Nehmen wir unsere Geschichte als Beispiel:
Der Mann hat das Kind vor dem Ertrinken gerettet und der Undank wird ihn sichernicht dazu veranlassen, beim nächsten Mal, falls er wieder dazu käme, wie einKind am Ertrinken ist, zu sagen:
Ich habe Undank erfahren, soll das Kind doch ertrinken!

Undank sollte uns vielmehr veranlassen, erst recht Gutes zutun, erst recht Liebe zu übe, erst recht Freude zu schenken, erst rechtZuversicht und Hoffnung zu wecken.

Wichtig ist aber auch, dass uns diejenigen, die undankbar sind, nicht den Blick verstellen für all die, die sich bei uns bedanken für das, was wir ihnen Gutes tun.
Aber noch etwas Anderes ist wichtig, dass wir nicht vergessendürfen:
Auch uns wird täglich Gutes getan. Es sind oft die kleinen unscheinbarenHandreichungen. Es geht nicht gleich immer um Leben und Tod.
Es wäre schön,wenn wir das, was uns täglich an Gutem getan wird, auch registrieren würden unduns dafür bedanken würden.
Das ermutigt nämlich die, die uns Gutes tun, fortzufahren damit, Gutes zu tun.

Ich wünsche Euch ein fröhliches und erlebnisreichesWochenende und ich grüße Euch herzlich aus Bremen

Euer glücklicher Werner

Quelle: Karin Heringshausen