Und wieder NSA

Inzwischen erregen die Meldungen zur Überwachung ja kaum mehr Aufsehen. Wir haben uns daran gewöhnt, wie an all die anderen zum Alltag gewordenen Schrecken, die eigentlich nicht hinnehmbar sind und uns von der Couch auf die Straße bringen sollten. Da geht es mir nicht anders als dem Rest der Bevölkerung. Es beunruhigt mich, aber letztlich tue ich nur relativ wenig dagegen. Nicht gar nichts, aber bei Weitem nicht genug. Die konkreten – und vergleichsweise banalen – Probleme des Alltags sind eben doch näher und akuter. Mit der aktuellen Meldung rückt das alles aber ein gutes Stück weiter an mich heran.
Eine Analyse der wenigen bekannten Teiles des Quellcodes von XKeyscore, einer der von der NSA verwendeten Schüffelprogramme, hat ergeben, dass all diejenigen als zu überwachende Extremisten markiert werden, die im Internet nach Verschlüsselungsprogrammen wie Tor oder Tails suchen bzw. diese einsetzen. Damit bin ich also jetzt ganz konkret persönlich betroffen. Das sitzt.
Bislang wusste man eben, dass man bei der Massenbeschnüffelung ein Ziel unter Millionen Benutzern ist. Nicht schön, aber eben nur einer von vielen, ohne spezielle Bedeutung. Wenn ich aber für die NSA ein Extremist bin, der gezielt überwacht werden muss, dann ändert sich das. Unter Umständen hat das dann auch ganz konkrete Auswirkungen, wie z.B. bei einer Einreise in die USA. Das gilt dann auch nicht nur für mich, sondern auch recht schnell für mein Umfeld, wie die Vergangenheit schon mehrfach gezeigt hat.

Was aber kann man tun? Die Mehrheit in diesem Land ist offensichtlich nicht bereit, politische Konsequenzen zu ziehen und Politker abzuwählen, die diese Situation einfach hinnehmen  wenn nicht sogar aktiv unterstützen. Hier muss man wohl einfach weiter streiten und debattieren, um die Menschen aufzurütteln. Das bleibt – wie bei allen anderen Themen – ein zäher und ermüdender Prozess, bei dem der Erfolg nur sehr sehr langsam kommt. Wenn überhaupt.

Bleibt also die technische Gegenwehr. Aber die ergibt nur dann Sinn, wenn sie auf breiter Front passiert. Man kann nur dann als Extremist gebrandmarkt werden, wenn man einer der wenigen ist, die sich zur Wehr setzen. Wäre Verschlüsselung der Normalfall, wären wir alle Extremisten und das Wort damit bedeutungslos. Außerdem würde es den Aufwand für Bespitzelung um ein vielfaches erhöhen und nicht nur Diensten wie der NSA das Leben erheblich schwerer machen, sondern auch Kriminellen. Also braucht es auch hier die Masse.

Damit sind wir dann aber beim gleichen Problem wie bei der politischen Lösung. Theoretisch kann ich meine Mails verschlüsseln, genau wie meine Gespräche per Instant Messenger. Ich hab die Software dazu fertig eingerichtet auf allen Endgeräten. Das Problem ist nur, dass ich quasi der Einzige in meinem gesamten Bekanntenkreis bin, auf den das zutrifft. Die Anzahl meiner Freunde, die Email-Verschlüsselung verwenden, ist exakt bei null. Meine Kontaktliste bei Threema umfasst ganze zwei Personen. Dabei arbeite ich in der IT-Branche und nicht wenige meiner Kontakte müssten es eigentlich besser wissen. Das alles ist also nicht weniger frustrierend als die politische Debatte.

Aber es hilft ja nichts, wir müssen diesen Streit führen, immer und immer wieder. Deswegen endet dieser Eintrag mit einem klaren: NUTZT DIE VERDAMMTEN PROGRAMME!


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