Und Schönheit kann man doch nicht messen!

Ja, Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Und klar: Schönheit kommt von innen. Trotzdem möchte ich dieses Thema heute ganz oberflächlich angehen – oder besser gesagt: wissenschaftlich. Halb jedenfalls. Auslöser ist die angeblich schönste Britin, die also solche vermessen wurde. Ich sehe das allerdings ganz anders.

Vor ein, zwei Tagen ging ein Bild um die Welt. Darauf abgebildet: die vermeintlich perfekte Britin. Ah, und woher will man das bitte wissen? Wissenschafter haben sie vermessen – und heraus kam: Florence Colgate (18) hat den goldenen Schnitt.

Wat, wat, wat?! Kleiner Exkurs: Der Abstand zwischen Augen und Mund ist bei Frauen perfekt, wenn er gut ein Drittel des Abstands zwischen Haaransatz und Kinn beträgt. Florence kommt hier auf einen Wert von 32,8 Prozent. Auch wichtig: Der Abstand zwischen den Augen. Dieser ist bei Frauen perfekt, wenn der Abstand zwischen den Pupillen knapp halb so gross ist wie der zwischen den Ohren. Florence kommt hier auf einen Wert von 44 Prozent. Super! Das heißt: Bei Florence ist am perfekten Platz.

So weit, so gut. Nun sah ich mir dieses Gesicht aber genauer an: Ich erwartete eine Erleuchtung, stattdessen gingen die Lichter aus: Ich war enttäuscht, denn was ich da sah, war gewöhnlich. Normal. Würde mir in der City niemals auffallen. Hässlich ist sie keinesfalls. Aber umwerfend schön auch nicht. Man bekommt keinen Augenkrebs, wenn man sie anblickt, aber auch kein Gewinde auf dem Hals. Das ist ihr Vorteil.

Ich scrollte zu den Leserkommentaren – und da tobte ein echter Buchstabenkrieg. Viele attestierten ihr Durchschnittlichkeit. Besserwissen wussten besser, dass der Schnitt durch die Mitte eben das Perfekte sei, was die Proportionen angeht. Und natürlich wurden immer wieder Da Vinci und die Wissenschaft zitiert!

Moment, Moment. Bitte was? Durchschnittlichkeit ist schön? Das widerspricht sich doch!? Nicht ganz. Mit jener Durschnittlichkeit ist etwas anderes gemeint, als diese die wir benutzen, wenn wir andere Menschen beurteilen. Irgendwann hat man Tausende Gesichter übereinander gelegt (kann man selbst testen) und festgestellt, dass das Produkt, was am Ende geboren wird, attraktiver ist, als jedes einzelne Gesicht für sich. Und diese Gesichter wirken deshalb attraktiver, weil wir sie in unseren Hirnen leichter verarbeiten können, als Charakterköpfe. Und weil wir so beschränkt sind, finden wir 0815 eben schöner.

Trotzdem stimme ich dieser These nicht vollkommen zu. Und da bin ich wieder bei Florence Colgate. Es mag sein, dass alles an seiner richtigen Stelle sitzt, aber das was da sitzt, ist meiner Meinung nach genauso wichtig. Die perfekten Proportionen allein bringen nämlich rein gar nichts, wenn der “Inhalt” nicht wohlgeformt ist.

Tja, vielleicht sollten die Wissenschaftler sich auf die Suche nach der Super-Nase, dem heißesten Kussmund und dem sexiesten Augenaufschlag machen. Tjaa, wie soll das aussehen? Naja, ich sag nur: Kindchenschema – darauf fährt die Männerwelt angeblich ab. Auch wissenschaftlich erforscht! Große Kulleräuglein, volle Lippen, hohe Stirn, Stupsnäschen. Aber auch hier wird es schwierig. Es zählen ja auch Augen- und Mundform und so weiter und so fort.

Tja, außergewöhnlich schöne Augen, eine ideal geformte Nase oder eine besonders attraktive Lippenform sehe ich bei Florence eben nicht. Nein, ich bin kein fieses Ding, auch nicht neidisch. Auf keinen Fall. Aber ich sage ganz objektiv: Was als mit der hohen Messlatte “perfekt” deklariert wird, muss diese Perfektion auch erfüllen.

Aber selbst, wenn man das alles erforscht hat und die vermeintlich schönsten Organe in dem Gesicht mit den perfekten Propotionen platziert – was ist dann? Wird es schön sein? Ich glaube kaum. Es wird künstlich aussehen und demnach nicht schön.

Denn ich bin davon überzeugt, dass es minimale “Makel” braucht, um attraktiv zu sein. Denn die Menschheit ist daran gewöhnt. Wir sind alle unvollkommen – und wir sehen und begegnen dieser Unvollkommenheit ständig. Alles andere würde daher nicht menschlich auf uns wirken, sondern fremd und abstoßend.

Dazu passt ein kleiner Exkurs zum Thema Botox: Die neuesten Bilder von Carla Bruni und Catherine Zeta-Jones sind grässlich. Oder auch Meg Ryan. Was tun sich diese Frauen nur an? Sie erstarren lieber zu Salzsäulen als ein paar sympathische Fältchen in ihrem Gesicht zu dulden. Mimik? Braucht man die? Kann man die essen? Nö. Also weg damit! Sieht man eine dieser Ladies sprechen, ist man irrtiert. Denn man versteht es nicht, weil nicht vorhandene Minik eben den geäußerten Gefühlen gegenüberstehen. Das kann unser Kopf nicht miteinander verbinden, es wirkt schlicht unmenschlich.

Und deswegen ist die am PC generierte Perfektion eben auch keine echte Schönheit. Sie ist nicht echt. Daher reicht auch die vermessene Schönheit von Florence einfach nicht aus. In das Raster “goldener Schnitt” fallen viele Frauen: Unter anderem Kate Moss (oh, Gott), Shania Twain (naja), Liz Hurley (ok), Angelina Jolie (yeeeaaah), Claudia Schiffer (oh, neee). Sie sehen aber alle komplett verschieden aus.

Wirklich schön ist in dieser Liste in meinen Augen nur eine: Angelina Jolie. Man kann sie mögen oder auch nicht, schön ist sie. Genauso wunderwunderwunderschön sind/waren Sandra Bullock, Audrey Hepburn und Sophia Loren – eben fast perfekte Schönheiten, wenn man nach wissenschaftlichen Gesichtpunkten geht. Aber die ist eben nicht allwissend – und wird es auch niemals sein.

Meine vier Schönheiten, mehr konnte ich leider nicht ausfindig machen. Urteil: alle gleich schön :)

Und Schönheit kann man doch nicht messen!

Unterschiedlich, trotzdem beide wunderschön. Angelina Jolie | Bild via commons.wikimedia.org (© Remy Steinegger, derivative work: Hekerui) Audrey Hepburn (© hepburn studio publicity still Original uploader was Wikiwatcher1)

Und Schönheit kann man doch nicht messen!

Sophia Loren (Screenshot Trailer Five Miles to Midnight) Sandra Bullock (Screenshot Film Demolition Man)



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