Und plötzlich war Körperverletzung strafbar

Überraschung! Eine medizinisch überflüssige Operation an kleinen Kindern ist strafbar. Welchen Aufschrei diese Selbstverständlichkeit auslöst, ist einfach widerwärtig.

Es wird die Religionsfreiheit beschworen. Is klar! Müssen wir jetzt auch Jungfrauenopfer, Kannibalismus und Kindesmisshandlung aus religiösen Gründen akzeptieren? Nein, natürlich nicht. Also. Regt euch ab, und lasst euer Kind selbst entscheiden, wenn es alt genug ist, ob es sich beschneiden lassen möchte.

Die Diskussion nimmt außerdem groteske Züge an. So wird von den Beschneidungs-Befürwortern, wie hier im Verfassungs-Blog, tatsächlich folgendes behauptet:

Und Juden und Muslime müssen in Deutschland die für ihre Religionszugehörigkeit konstitutiven und für niemanden schädlichen Riten vollziehen können, ohne mit dem Strafrecht in Konflikt zu geraten.

Natürlich ist das schädlich, nämlich für die Kinder. Und jede Operation birgt Risiken. Ein vollkommen unnötiges Risiko, dass keinerlei Rechtfertigung hat, die wichtiger als das Kindeswohl ist. Weiter schreibt der Autor:

Notfalls muss der Gesetzgeber das Problem lösen. Dass man da leicht in die fürchterlichsten Abgrenzungsprobleme gerät, ist mir klar. Wir wollen nicht, dass künftig irgendeine Sekte ihre Babys tätowiert.

Aber das Problem hätte man dadurch vermieden, dass man einfach gesetzlich klarstellt, dass eben die jüdische und muslimische Beschneidung nicht unter § 223 StGB fällt. Die damit implizierte Bevorzugung dieser beiden Religionen ließe sich dadurch rechtfertigen, dass die Unschädlichkeit ihrer Riten nach jahrtausendelanger Praxis keinem rechten Zweifel mehr unterliegt.

Diese Verharmlosung ist eine Unverschämtheit. Ach diese Art von Körperverletzung ist also nicht schlimm, aber ein Tattoo wäre schlimm? Merkt er eigentlich gar nicht, was das für einen Widerspruch darstellt? Natürlich bin ich gegen ein Tattoo, genauso wie ich gegen die Beschneidung bin. Ein Erwachsener kann beides tun, aber nicht mit einem Kind! Nebenbei bemerkt ist ein Tattoo sogar ungefährlicher als eine Beschneidung.

Der Zentralrat der Muslime argumentiert zum Beispiel:

Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), der Koordinationsrat der Muslime und die Türkische Gemeinde verurteilten die Entscheidung der Kölner Richter und fürchten „große Rechtsunsicherheit“. Der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek mahnte, die Religionsfreiheit sei „ein sehr hohes Gut in unserer Verfassung“ und dürfe „nicht Spielball einer eindimensionalen Rechtsprechung sein“.

Eindimensional denken offenbar die religiös verblendeten Typen, die nicht erkennen wollen, dass es sich um eine strafwürdige Körperverletzung handelt. Außerdem wird mit diesem Urteil ganz im Gegenteil zum ersten Mal Rechtssicherheit geschaffen: Körperverletzung bleibt Körperverletzung, auch wenn sie aus pseudoreligiösen Gründen durchgeführt wird.

Viele Grüße vom empörten Alien


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