und plötzlich stand ein fahrrad in meiner wohnung.

ich erinnere mich an ein spiel, das in der grundschule oft gespielt wurde:
wir nahmen alle ein leeres blatt zur hand und schrieben zu einem bestimmten thema 2-3 sätze. danach falteten wir das blatt so, dass nur noch der letzte satz zu sehen war und reichten es an unseren sitznachbarn weiter. dieser konnte anhand dieses letzten satzes die geschichte weiterführen, faltete das blatt dann ebenfalls so, dass nur noch sein letzter satz zu sehen war und gab es dann weiter. wichtig war natürlich, dass niemand den ganzen text, sondern alle wirklich nur diesen einen satz lasen. so ging das blatt also von schüler zu schüler und am schluss hatte man eine geschichte.

ich wollte dieses spiel schon lange mal wieder spielen und fragte meinen guten freund M.S., ob er mitmachen würde. da wir zu weit von einander weg wohnen, um dieses schreibspiel so zu spielen, wie damals in der grundschule, änderte ich kurzerhand die regeln: wir einigten uns darauf, jeweils zwischen 200 und 500 wörter in einem word-dokument zu schreiben. ich wählte einen titel, der mir spontan in den sinn kam.
(eigentlich wählte ich ihn, weil letzte woche tatsächlich einfach so ein fahrrad in meiner wohnung stand, aber das ist eine andere geschichte!)

nachdem der titel feststand und ich ein paar zeilen geschrieben hatte, färbte ich den ganzen text, bis auf den letzten satz, weiss. so konnte M.S. nicht sehen, was dort stand, sondern musste anhand des letzten satzes die geschichte weiterführen. ich schickte ihm die word-datei, er schrieb weiter und sendete mir seinen weissgefärbten text zurück. und immer so weiter. die verlockung, einen kurzen blick auf das geschriebene des anderen zu werfen, war natürlich dementsprechend gross. ich hielt mich jedoch zurück, schliesslich wollte ich mich nicht von seinen zeilen beeinflussen lassen, sondern nur anhand seines letzten satzes weiterschreiben.

heute hat die geschichte endlich ihr langersehntes ende erreicht. insgesamt haben wir es auf ca. 1800 wörter gebracht. was dabei herausgekommen ist, möchte ich niemandem vorenthalten.

anmerkungen:

– die geschichte ist frei erfunden.
– das fettgedruckte habe ich, alles andere hat M.S. geschrieben. danke!
– und ja, die geschichte ist nicht ganz logisch.

viel spass beim lesen!

und plötzlich stand ein fahrrad in meiner wohnung.

gedankenverloren zog ich die tür hinter mir zu und machte mich auf den weg. ich wusste noch nicht so genau, wohin ich gehen wollte, also lief ich einfach mal die strasse entlang. draussen roch es nach frühling und von dem kalten, langen winter war keine spur mehr zu sehen. ein angenehm kühler wind zischte durch meine haare, die sonne schien sanft auf meine haut. ich kam an häusern und grossen gebäuden vorbei, bog auf der hauptstrasse ab und landete in einer seitengasse.

obwohl ich schon mein leben lang in diesem stadtviertel wohnte, war mir der antiquitätenladen noch nie aufgefallen. etwas verwundert näherte ich mich dem schaufenster. in einem goldenen schriftzug stand “eddie’s antiquitätenhandel” geschrieben. im schaufenster waren alte, verstaubte kunstblumen, kerzenständer, lampenschirme und holzkisten zu sehen. ich überlegte kurz, ob ich den laden betreten sollte, einfach so, aus neugier.

als ich die tür aufdrückte, klingelte eine kleine glocke über meinem kopf. eine etwas ältere, fülligere frau hob den blick und senkte ihn dann wieder. sie murmelte irgendwas vor sich hin, wahrscheinlich ein müdes „guten tag!“

ich erwiderte mit einem kurzen nicken und schlenderte durch den raum. dort gab es echt alles: von alten bildern, über postkarten aus dem 18. jahrhundert, bis hin zu moderneren dingen wie telefonen, rasierapparaten und fernsehern.

„suchen sie etwas bestimmtes?“, fragte die verkäuferin, ohne den blick von ihrem buch zu heben. „nein, ich schaue mich nur ein bisschen um!“, antwortete ich und griff nach einer kugel, die nach kurzem schütteln kleine glitzerpartikel über eine miniaturversion des eiffelturmes streute.

„ja, ja, wie alle!“, seufzte sie und blätterte die seite um. der laden war sehr unübersichtlich eingerichtet. es sah ein bisschen so aus, als hätte man sich bei der einrichtung nicht wirklich viel mühe gegeben und alles einfach dort hingestellt, wo es gerade platz hatte. so befanden sich die jacken und pelzmäntel in einer kiste inmitten von alten büchern, und kleine kristallfiguren standen zwischen alten silbergabeln und löffeln. es roch nach altem, modrigem holz und staub. die alte frau legte ihr buch weg und musterte mich. ich konnte ihren misstrauischen blick förmlich spüren.

ach, wie sehr ich es hasste, gemustert zu werden. ich betrat diesen heruntergekommenen, dunkeln antiquitäten-laden ursprünglich aus langeweile und hätte nicht im geringsten einen so mysteriösen moment erwartet. ganz zu schweigen von dem seltsamen blick der alten frau, während sie ein kleines holzkästchen ganz sorgfältig abstaubte.

ich liess mir jedoch nichts anmerken und tat mit meinen blicken dasselbe. ich konnte nicht anders. die alte frau beobachtete ich haglich hinter dem bücherregal hervor und durch meine alte, gemarkte klappbrille von „lorgnon“

was hatte sie da so gierig aus ihrer abgeschlossenen schublade geholt? da unsere distanz sehr gering war und uns nur einige herumstehende verkaufsobjekte trennten, hörte ich immer wieder, wie sie mit dem schmuckästchen sprach. ich konnte mein lachen nicht verkneifen und war froh, noch ein bücherregal vor mir zu haben, um meine seufzer vor ihr zu verstecken.

ich tat einfach so, als würde ich in einem buch lesen und konnte durch meine gelockten haare, die ich in solchen situationen gerne zum sichtschutz vor mein gesicht streute, immer wieder einige blicke erhaschen. der gedanke, dass das kästchen von unschätzbarem wert sein könnte, liess mich nicht mehr los. ich musste es haben.

sie musste meinen gierigen blick bemerkt haben, denn sie umklammerte es noch fester.
„ich gebe ihnen dafür, was immer sie wollen!“, sagte ich vorsichtig.
die alte frau schüttelte jedoch nur den kopf.
„auf gar keinen fall. sie können alles hier kaufen, nur nicht dieses kästchen!“

ich begann so langsam, mich darüber zu ärgern und verliess wortlos den laden.
„dann eben nicht!“, fluchte ich laut und lief die strasse herunter. meine gedanken kreisten weiterhin um die kleine schatulle. weshalb zur hölle wollte sie diese nicht verkaufen? dafür musste es doch einen triftigen grund geben. ich schwor mir, dass ich das noch herausfinden werde.

um meine nerven zu beruhigen, betrat ich einen kleinen süsswarenladen und traf dort auf eine alte bekannte. sie stand breit grinsend hinter der theke, als sie mich kommen sah und begrüsste mich mit den worten: „wie immer?“ und ich nickte. amanda nahm eine papiertüte zur hand und füllte sie mit meinen lieblingssüssigkeiten.

„stress gehabt?“, fragte sie sanft und legte die süssigkeiten auf die waage.
„kann man wohl so sagen!“, seufzte ich.
„sag mal, wem gehört dieser antiquitätenladen am anfang der strasse?!“, wollte ich von ihr wissen. sie zog die augenbrauen zusammen.
„wieso fragst du?“
„ach, nur so. ich war dort drin und da war eine alte frau, die mir nicht verkaufen wollte, was mir gefiel.“

„das habe ich schon oft gehört. das macht sie mit allen. ich weiss gar nicht, weshalb sie diesen laden eigentlich besitzt, wenn sie ja doch nichts verkauft. was wolltest du denn haben?“
„eine schatulle. ich weiss nicht wieso, aber ich muss sie haben. ich muss einfach.“
„ich habe mal gehört, dass die besitzerin den laden so gut wie nie abschliesst. lass uns heute abend mal dahin gehen.“
amandas augen funkelten.
„du meinst, wir sollten einfach einbrechen?!“
„nein, nicht direkt. die alte hat noch was, das mir gehört. und nebenbei holen wir uns die schatulle.“

„amanda, ich glaube, es ist besser wenn wir deine dubiosen einbruchspläne beim thailänder schmieden!“ sagte ich mit einem flauen gefühl im magen.  
„ich kenne da einen guten, altbekannten koch mit thailändischen wurzeln, gleich um die ecke. der kann uns sicherlich weiterhelfen!“

in unseren gesichtern war die sehnsucht nach thailändischem essen zu sehen. nachdem wir die eingangstür, die fast aus ihren scharnieren sprang, erreicht hatten, suchte ich neugierig nach dem vielversprechenden meisterkoch. es war niemand zu sehen. nur einige gäste, die sich fast das eigene handgelenk verdrehten und die fingern verkrampften, nur um mit den traditionellen essstäbchen das essen in den mund zu befördern. fürchterlich, aber irgendwie auch amüsant, wie sie dann doch, nach einigen verbitterten versuchen, die gabel zur hilfe nahmen. 

wir bekamen ein tisch gleich vor dem tresen und bestellten die ganze karte, vom anfang bis zum ende und wieder zurück. ich konnte in amandas augen, zum einen die liebe zum thailändischen essen,  zum anderen aber auch ihre vollgeschöpften hoffnungen, den koch wieder zu treffen, sehen.
als ich den löffel mit einer sauerscharfen “tom ham gai”-suppe, inklusive hühnchen und einigen daranklebenden limettenblättern, überladen hatte, sprang amanda, wie von einer biene gestochen, auf und schrie mit zittriger stimme: „chang mo!”

„wie bezaubernd und aufregend dich weiterzusehen!”
vielleicht waren es auch die festgesetzten chilistückchen, die ihr solch eine stimme verliehen.
chang mo machte einen sympathischen eindruck und setzte sich auch gleich zu uns, da die rush-our mittagszeit vorbei war und er sich eine pause gönnte. wir unterhielten uns alle drei über die vergangenen jahre und klammerten uns noch an gemeinsamen erinnerungen fest. erinnerungen an die zeit, in der wir noch jung und knackig waren. chang mo spendierte uns zum dessert noch eine spezialität aus seiner heimat. die thailändischen donuts „pa thong
go und die frittierten bananen an einer kokosmilch-honig-sauce, schmeckten zwar eigenartig, jedoch sehr süsslich. wir erzählten chang mo von unserem plan und hofften, dass er uns bei der beschaffung der gegenstände weiterhelfen konnte. wir begaben uns in den keller und er flüsterte uns seinen vierstelligen zahlencode zu, um die tür seines kellerschachtes zu öffnen.

nach mehreren anläufen öffnete sich die schwere metalltür mit einem ohrenbetäubenden quietschen. amanda und ich warfen uns gegenseitig etwas verwirrte blicke zu und nachdem chang mo tief einatmete, nahm er all seinen mut zusammen, sprang durch das kleine loch und landete direkt im laden. wir folgten ihm wortlos. im antiquitätenladen war es dunkel und meine augen mussten sich zuerst an die dunkelheit gewöhnen. amanda tastete vorsichtig die wand ab und fand einen lichtschalter.

„wo hat die alte das verdammte ding bloss versteckt?!“, schnaubte chang mo und hetzte hin und her. er schob bücher zur seite, räumte die schweren holztruhen aus dem weg und wirkte von minute zu minute etwas verzweifelter.

„beeilt euch!“, flüsterte amanda und bemühte sich, die angst, von jemandem erwischt zu werden, zu verstecken. ich suchte alle möglichen regale und kisten nach der schatulle ab. vergeblich. hatte die besitzerin etwa geahnt, dass wir hierherkommen und uns einfach das holen würden, was uns eigentlich gar nicht gehört?

„na endlich!“, sagte chang mo laut und schob ein regal, hinter dem sich eine schmale holztür befand, zur seite. er rieb sich feierlich die hände. der schlüssel steckte im schloss und so dauerte es nur wenige augenblicke, bis er zugang zu dem versteckten nebenraum hatte.

„woher hast du gewusst, dass es noch mehr räume gibt?!“, fragte ich verwundert.
„das lokal hier hat mal mir gehört. als ich ausgezogen bin, habe ich mein fahrrad hier vergessen und die alte war nicht bereit, es mir wieder zurück zu geben!“
„was?! wegen einem fahrrad sind wir hier eingebrochen?!“, fauchte amanda plötzlich.
„das ist nicht irgendein fahrrad, meine liebe!“

chang mo verschwand im nebenraum und kam mit einem alten, verstaubten fahrrad wieder raus. doch das war noch nicht alles: lächelnd überreichte er mir das kleine holzkistchen.
ich strich mit dem finger über das eingravierte muster.

„lasst uns von hier verschwinden!“
wir halfen ihm kurz, das regal zurück an seinen ursprünglichen platz zu schieben und verschwanden durch die hintertür. chang mo schob glücklich das fahrrad neben sich her und ich hielt meine schatulle in der hand.

amanda schüttelte den kopf und sagte: „ich kann nicht glauben, dass wir wegen einem fahrrad und einer blöden holzkiste in einen laden eingebrochen sind! was, wenn wir erwischt worden wären?!“
„sind wir aber nicht!“, sagte ich und wusste, dass meine freundin eigentlich recht hatte.
„du musst mir einen gefallen machen!“, sagte chang mo als wir vor seiner wohnung standen.
„ich kann das fahrrad auf keinen fall mit nach hause nehmen! die alte wird wissen, wer es geklaut hat und die polizei einschalten. kannst du es für ein paar tage zu dir nehmen? ich werde es nächste woche abholen, auf vordermann bringen und umfärben.“

nach kurzem zögern liess ich mich auf seine bitte ein. amanda und ich verabschiedeten uns von ihm und liefen schweigend zu meiner wohnung. sie half mir, das fahrrad in den dritten stock zu tragen. müde und erschöpft von der nächtlichen einbruchaktion, setzten wir uns ins wohnzimmer und begutachteten unser diebesgut.

„was hat es eigentlich mit dieser schatulle auf sich?“, wollte amanda von mir wissen. ich wusste nicht, was ich antworten sollte, denn ich wusste selbst nicht, warum ich sie unbedingt haben wollte. „ich weiss es nicht!“, gestand ich.
„na los, öffne sie!“

vorsichtig schob ich den kleinen messingverschluss zur seite und öffnete den deckel. die schatulle enthielt einen kleinen, gelben zettel. ich faltete ihn auf und fing an zu lachen, als ich sah, was draufstand. in krakeliger handschrift stand geschrieben:

“wer nichts riskiert, hat später nichts zu erzählen!”

namasté.

biikee.jpg
(bilder: http://www.google.de)


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