© Sony Pictures / Colin Farrell und Jessica Biel in Len Wisemans “Total Recall”
Ist es das klobige Schauspiel von Darsteller Arnold Schwarzenegger, seine hölzernen One-Liner oder tatsächlich die Inszenierung selbst, mit der Regisseur Paul Verhoeven 1990 den unvergessenen Sci-Fi Klassiker „Total Recall“ auf die Leinwände brachte? Die Frage muss wohl jeder für sich selbst beantworten. Len Wiseman, der Kate Beckinsale in „Underworld“ und „Underworld: Evolution“ in Lack und Leder kleidete, versucht sich mit dem gleichnamigen Remake, welches ebenfalls auf der Kurzgeschichte „We Can Remember It For You Wholesale“ von Schriftsteller Philip K. Dick basiert, an einer durchgestylten Neuauflage, die bereits im nächsten Jahr vergessen sein dürfte. Offenbar wollte Wiseman seinen Traum einer „Total Recall“-Neuauflage in eine echte Erinnerung verwandeln, scheitert hierbei aber daran, dass sein Film nicht mehr als ein 08/15-Actionfeuerwerk ist, das ohne erinnerungswürdige Momente daherkommt.
Vielleicht sollte Wiseman seine Zuschauer selbst zu Rekall schicken, um ihnen seine Träume eines guten „Total Recall“-Remakes als echte Erinnerungen zu verkaufen, so wie es auch Hauptdarsteller Colin Farrell macht, der hier als Fabrikarbeiter Douglas Quaid zwar eine schöne Ehefrau (Kate Beckinsale, nicht in Lack und Leder gekleidet) hat, dennoch das Interesse an einem Urlaub von seinem frustrierenden Arbeitsalltag bekundet. Echte Erinnerungen aus dem Leben eines Geheimagenten könnten dementsprechend genau das sein, was er braucht. Doch als die Programmierung schiefgeht, wird Quaid ein gejagter Mann. Unter dem Kommando von Chancellor Cohaagen (Bryan Cranston) wird er von der Polizei verfolgt und verbündet sich mit der Rebellin Melina (Jessica Biel), die ihn zum Chef der Untergrund-Widerstandskämpfer (Bill Nighy) bringt um Cohaagen zu stoppen, der als Führer der freien Welt für Unterdrückung und Kontrolle sorgt.
Colin Farrell mit Bill Nighy
„Wach auf“ sind die ersten Worte die in „Total Recall“ gesprochen werden, „Wach auf“ werden wohl auch die ersten Worte sein, die manch ein Zuschauer nach dem Ende des Films von seinem Sitznachbarn hören wird. Das liegt nicht etwa an den Schauspielern, die sich alle etwas zu ernst nehmen, sondern an der Inszenierung selbst. „Total Recall“ ist hier ein einfaches Konstrukt aus der Abwechslung zwischen Flucht vor uninteressanten Feinden und eingestreut wirkendes Actiongeballer. Hier wird keine Geschichte erzählt, hier werden die visuelle Effekthascherei zelebriert, mit schnellen Verfolgungsjagten und zwei hübschen Darstellerinnen soll der Zuschauer davon abgelenkt werden, dass es dem Filmemacher an innovativen Ideen mangelte. Wer sich an den Originalfilm zurückerinnert wird schmunzeln, dass eine Frau durch eine Scan-Anlage schreitet, die der künstlichen Maske Arnold Schwarzeneggers ähnlich sieht, mit der dieser sich auf dem Mars einschmuggelte. Hier gilt sie als Ablenkung für den Zuschauer, so eine kindische Idee ist nichts mehr für die Neuverfilmung, hier steht Farrell hinter der Frau, mit einem digitalen Gesichtsmanipulator in Form eines Halsbandes um, der seine neue Identität als Hologramm erscheinen lässt.
Die Bösen: Kate Beckinsale mit Bryan Cranston
Verfolgt werden Quaid und Melina von Sturmtruppen-ähnlichen Robotern, die wiederum an „I, Robot“ erinnern. Man flüchtet sich in schwebende Autos aus „Das fünfte Element“ um durch eine Welt zu fahren, die „Minority Report“ entsprungen scheint. Schade das man nicht ein wenig mehr bei „Total Recall“-Version 1990 geklaut hat, denn die Figur des Richter, damals dargestellt von Michael Ironside hätte dem Film sicherlich gut getan. Statt des erbitterten Quaid-Verfolgers setzt Wiseman seine „Underworld“-Queen Beckinsale ein um diesen Job zu erledigen, wodurch selbst Bryan Cranston zu wenig Leinwandzeit erntet. Er spielt wie immer gut, er hat sich wie immer nur den falschen Film hierfür ausgesucht.
Wenn Farrell zu Beginn schweißgebadet aus einem Traum aufwacht, der ihm seine wahre Realität suggeriert, fragt Beckinsale ihn, ob er wieder denselben Traum geträumt hätte, woraufhin er bejaht und seiner Film-Ehefrau noch einmal alles erklärt, obwohl sie es wohl schon tausendmal gehört hat. Würde das Drehbuch nicht ständig versuchen die Zuschauer durch solche Sequenzen für dumm zu verkaufen und hätte man sich ernsthafte Gedanken darüber gemacht, wie man Philip K. Dicks Geschichte innovativ auf die Leinwand hätte bringen können, wäre da ein gänzlich anderes Produkt bei herausgekommen, als es uns hier präsentiert wird. Den einzigen Wunsch den man nach „Total Recall“ haben wird, ist es, zu Rekall zu gehen und sich die Erinnerung einpflanzen zu lassen, dass es nur einen Film dieser Art gibt: Paul Verhoevens 1990er Arnold Schwarzenegger Version.
Denis Sasse
“Total Recall“