Und noch einmal Pressebashing

Von Humanicum

Der letzte Beitrag über die verspottete Konzernpresse hat bei den Verspotteten offenbar zu Unbill geführt. Man sieht sich zu Unrecht geschmäht. Der folgende Kommentar klingt ungeheuer gelehrig, enthält jedoch nichts als lauwarme Luft. Meine Antwort darauf ist da schon etwas konkreter

Steinerimbrett kommentiert:

Bild: stupidedia.org

“Eskalierte Propagandapresse” sowohl zu formulieren als auch zu behaupten, zeugt nicht geradewegs von den notwendigerweise gewonnenen Einsichten in die Bedingungen und letztlich die Arbeitsweise von Qualitätsjournalismus. Sie scheren die tatsächlich größtenteils verwerflichen und bar jedweder journalistischer Sorgfaltspflichten agierenden Murks-Medien über einen Kamm mit den allemal lohnenden Ober- und Zwischentönen relevanter Qualitätsmedien. Damit leisten Sie den ohnehin unkontrolliert grassierenden Vorurteilen gegenüber veröffentlichter Meinung (ganz abgesehen von der Verbreitung vielleicht leider doch zutreffender Nachrichten) erheblich Vorschub, und das eigentlich Fatale daran ist: Radikale bis extreme Geisteshaltungen können sich nur noch bestätigt fühlen in ihrer Einschätzung von “Systempresse”, “gelenkten Medien” oder eben auch “eskalierter Propagandapresse”. Und das macht es dann so richtig gefährlich:

Das Vertrauen in den Journalismus ganz allgemein sinkt bis zu einem Punkt, ab dem man nur mehr allein sich selbst und seinen eigenen (vorurteilsfreien?) Überzeugungen zu trauen bereit ist. Nur gut, daß der Mensch im Besonderen nicht zur Selbsttäuschung neigt. Aber insgesamt nur schlecht, daß es offenbar immer mehr an der Bereitschaft fehlt, auch innerhalb der veröffentlichten Meinung substantiell zu differenzieren, daß allein tatsächlich interessengesteuerte Medien dafür herhalten müssen, den immer noch reichlich vorhandenen und eben objektiv-differenziert berichtenden und argumentierenden Journalismus nicht weniger interessengesteuert zu diffamieren. Es ist nur ein kleiner Schritt hin zu den üblichen Praktiken übler Verschwörungstheorien, aber ein verdammt großer hin zum warum auch immer verblendeten Selbstbetrug. “Märchen” gibt es tatsächlich zuhauf, und gewisse Medien scheuen sich nicht, sie nachzuerzählen, aber die böse Hexe oder der häßliche Riese, der sitzt ebenfalls nicht selten auf der Seite verständnisbefreiter bis übelwollender Rezipienten.”

Wiegesagt, klingt toll, taugt aber zu nichts, außer abstraktes Unbehagen zu äußern und sich irgendwie ungerecht behandelt zu fühlen. Daher habe ich für unseren ‘Steiner im Brett’ einen extraschönen Text ausgegraben. Nein, weder die Viagralügen über Gaddafi noch die verschwiegene Uranmunition sind Gegenstand dieses Textes, sondern die Abschiedsrede des New Yorker Journalisten John Swintons zu seiner Pensionierung.

„Eine freie Presse gibt es im gegenwärtigen Zeitpunkt der Weltgeschichte nicht“

John Swinton, der Altmeister des New Yorker Pressecorps, hielt anlässlich seiner Pensionierung die folgende Rede:

Eine freie Presse gibt es nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Weltgeschichte. Sie wissen das, und ich weiss es. Nicht ein einziger unter Ihnen würde es wagen, seine ehrliche Meinung zu schreiben, und wenn Sie es täten, wüssten Sie im voraus, dass es nie im Druck erscheinen würde. Ich werde wöchentlich dafür bezahlt, meine ehrlichen Auffassungen aus der Zeitung draussen zu halten, mit der ich verbunden bin. Andere von Ihnen erhalten ähnliche Saläre für ähnliche Dinge, und jeder von Ihnen, der so töricht wäre, ehrliche Überzeugungen zu schreiben, wäre auf der Strasse, um sich nach einem anderen Job umzusehen.

Wenn ich zulassen würde, dass meine ehrlichen Meinungen in einer Ausgabe meiner Zeitungen erscheint, ginge es keine 24 Stunden und meine Berufstätigkeit wäre vorbei. Das Geschäft des Journalisten ist es, die Wahrheit zu zerstören, rundheraus zu lügen, zu verdrehen, zu verleumden, zu Füssen des Mammons zu kriechen und sein Land und sein Geschlecht für sein tägliches Brot zu verkaufen. Sie wissen es, und ich weiss es. Und was für eine Dummheit ist dieses Anstossen auf eine freie Presse? Wir sind die Hampelmänner, die tanzen, wenn sie an den Fäden ziehen. Unsere Fähigkeiten, unsere Möglichkeiten und unsere Leben sind alle das Eigentum anderer Leute. Wir sind intellektuelle Prostituierte. Ich verstehe, dass Sie essen müssen wie wir alle und deshalb Ihren Mund halten müssen. Sie sind Jude und ich auch. (Sephardisch.)

Pearls and Gems – Der Wahrheit zuliebe biete ich Ihnen hier eine andere Seite der libyschen Geschichte. Stellen Sie sich ein Land vor, in dem es keine Elektrizitätsrechnung gibt, Elektrizität ist für alle seine Bürger kostenlos. Es gibt keinen Zins auf Darlehen, Banken sind in Staatsbesitz und Darlehen werden von Gesetzes wegen zu null Prozent Zins gewährt. Ein Zuhause zu haben wurde als Menschenrecht betrachtet. Alle Frischvermählten erhielten von der Regierung 50  000 US-Dollar, um sich ihre erste Wohnung zu kaufen und um ihnen zu helfen, eine Familie zu gründen. Bildung und medizinische Versorgung waren kostenlos. Vor Gaddafi konnten 25 Prozent der Bevölkerung lesen und schreiben. Heute liegt die Zahl bei 83 Prozent.

Sollten Libyer mit Landwirtschaft beginnen wollen, würden sie Land, ein Bauernhaus, Geräte, Saatgut und Viehbestand erhalten, völlig unentgeltlich. Wenn Bürger die Bildungs- oder medizinischen Einrichtungen nicht finden könnten, die sie brauchten, würde ihnen die Regierung finanzieren, ins Ausland zu gehen, unentgeltlich, und sie würden etwa 2300 US-Dollar pro Monat für Unterkunft und Fahrzeugpauschale erhalten. Autos wären von der Regierung bis zur Höhe von 50 Prozent subventioniert. Der Benzinpreis betrüge 0,14 Dollar pro Liter. Das Land hätte keine Auslandsschulden und seine Reserven würden sich auf 170 Milliarden Dollar, nun weltweit eingefroren, und auf etwa 27 Tonnen Gold belaufen, die das neue Regime sicher aufbewahrt in der Nationalbank vorfand. Jeder, der einen Abschluss hätte, aber keine Arbeit finden könnte, würde das Durchschnittssalär für den Beruf erhalten, als wäre er oder sie angestellt, bis sich ein Arbeitsplatz fände. Ein Teil der Ölverkäufe würde einmal im Jahr auf das Bankkonto jedes Bürgers gutgeschrieben. Eine Mutter, die ein Kind geboren hatte, erhielt sofort etwa 5000 Dollar. Vierzig Laibe Brot kosteten 0,15 Dollar. 25 Prozent der Bürger besitzen einen Hochschulabschluss. Ein gewaltiges Projekt, das Wasser von den wasserführenden Schichten im Süden heranführt, machte es im ganzen Land verfügbar, gratis.

Das ist das, was der «Tyrann» Gaddafi seinem Volk brachte. Es gibt in Libyen etwa 150 Stämme, und es bedurfte einer starken Hand, um das Land zusammenzuhalten. Jeder Bürger besass eine militärische Waffe. Gaddafi hatte keine Angst vor seinem eigenen Volk. Die sogenannten Rebellen, welche die Macht übernahmen, wie man uns sagt, hätten sich nicht einmal ein paar Tage halten können ohne die Luftmacht der Nato, ohne die britischen und französischen Kommandos und Tausende von Söldnern. Das sind die Sieger.
Nun ist ein weiterer Karzai in Tripolis installiert worden, und das Land kann von den Siegern nach Lust und Laune geplündert werden. Für die Förderung libyschen Öls kostet der Aufwand einen Dollar pro Barrel, der heutige Verkaufspreis liegt bei über 100 Dollar. Das französische Unternehmen Total hat bereits 30 Prozent der staatlichen libyschen Ölgesellschaft an sich gerissen. BP beginnt mit der Erschliessung.

Und natürlich werden gewaltige Verträge für den Wiederaufbau Libyens an europäische und US-Firmen vergeben werden. Vom Staatsvermögen von 170 Milliarden sind nur etwa 1,2 Milliarden herausgegeben worden. Angesichts des Zustandes der europäischen Wirtschaft zweifle ich sehr daran, dass Libyen den Rest in absehbarer Zukunft erhalten wird. Nun, wie Sie sagen, ist Libyen frei, aber wie Janis Joplin zu sagen pflegte … ist Freiheit einfach ein anderes Wort dafür, dass man nichts weiter zu verlieren hat [freedom’s just another word for nothing left to loose], wie Libyer feststellen, die vor den Türen ihrer Banken Schlange stehen, um Geldmittel zu bekommen. Gaddafi ist weg und die Vergünstigungen ebenfalls. Was bleiben wird, ist ein grausamer Bürgerkrieg. Der Preis der Demokratie!
«Es ist der fröhliche Wackeltanz, den Amerikaner aufführen – USA! USA! –, wenn ihre Regierung jemanden illegal niedermetzelt. Es ist primitiv, aber es ist absolut libysch.» Falsch. Es ist absolut amerikanisch! Ich sah gerade einen Film über die Ausbildung der US-Armee, bevor sie in den Irak ging. Soldaten, die herumrennen und dabei singen: «Tötet die Frauen. Tötet die Kinder!» Dann zeigt man uns die Folgen, wenn Zivilisten von diesen Tapferen niedergeschossen werden. Alles gefilmt. Wenn sie nach Hause zurückkommen und realisieren, was sie getan haben, begehen sie eben Selbstmord! Das sind die gewöhnlichen Sonntagssoldaten mit ihren Familien. Wir können die Wahrheit mit Gefängnisstrafen wegstecken, aber die Wahrheit wird schliesslich zum Vorschein kommen; und zu unserem Pech können wir den Damm dann nicht noch länger stopfen.

Quelle: http://drnikisahak.blogspot.com/2011/12/man-who-came-to-dinner-or-fck-you.html

Übersetzung: http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=883

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Originaltext in Englisch

John Swinton, the doyen of the New York press corps, upon his retirement , made the following speech:

“There is no such thing, at this stage of the world’s history in America, as an independent press. You know it and I know it. There is not one of you who dare write your honest opinions, and if you did, you know beforehand that it would never appear in print. I am paid weekly for keeping my honest opinions out of the paper I am connected with. Others of you are paid similar salaries for similar things, and any of you who would be foolish as to write honest opinions would be out on the streets looking for another job. If I allowed my honest opinions to appear in one issue of my papers, before twenty four hours, my occupation would be gone. The business of the journalist is to destroy the truth, to lie outright, to pervert, to vilify, fawn at the feet of Mammon, and to sell his country and his race for his daily bread. You know it and I know it, and what folly is this toasting of an independent press? We are the jumping jacks, they pull the strings and we dance. Our talents, our possibilities and our lives are all the property of other men. We are intellectual prostitutes.” I do understand that you have to eat like all of us and therefore must keep your mouth shut. You are Jewish and so am I. (Sephardic).

For the sake of truth, I will give you here another side to the Libyan story. Just imagine a country where there is no electricity bill. Electricity is free to all its citizens. There is no interest on loans, banks were state owned and loans given at zero percent interest by law. Having a home was considered a human right. All newlyweds received US$ 50 000 from the govt to buy their first apartment and to help them start a family. Education and medical treatments were free. Before Qaddafi, 25 % of the population were literate. Today this figure is 83 percent. Should Libyans want to take up farming, they would receive land, a farmhouse, equipments, seeds and livestock to kick start their operation, absolutely free of charge. If citizens could not find the education or medical facilities they needed, the govt would fund them to go abroad, free of charge, and would get some US$2,300 per month for accommodation and car allowance. Cars were government subsidized to the tune of 50%. Fuel prices were $0.14 per litter. The country had no external debt and its reserves amounted to some $170 billion, now frozen globally plus some 27 tons of gold, which the new regime found safely in the National Bank.

Any graduate unable to find a job would get the average salary for the profession, as if he/she was employed, until employment found. A portion of oil sales were credited once a year to every citizen bank account. A mother who gave birth, immediately got some $5000. Forty loaves of bread cost $0.15. 25% of citizens have a university degree. An immense project bringing water from aquifers in the south made it available all over the country, free of charge.

That is what that “tyrant” Qaddafi gave to his people. There are some 150 tribes in Libya and a strong hand was necessary if the country was to remain in one piece. Every citizen was in possession of a military weapon. Qaddafi was not frightened of his own people. The so called rebels who took over, so we are told, would not have lasted a few days without NATO air power, British and French commandos and thousands of mercenaries. Those are the winners.

Now another Karzai has been installed in Tripoli, and the country can be plundered at the victors’ whim and fancy. It takes $1 to extract a barrel of Libyan oil and today’s price is over $100. Total the French company has already grabbed some 30% of the Libyan state oil company. BP is starting exploration. And of course massive contracts for the reconstruction of Libya will be handed over to US and European companies. Of the sovereign fund, only some 1.2 billion have been released out of the $170 billion. With the state of the European economy, I doubt very much if Libya will see the rest any time soon. Now Libyans are free as you say, but as Janice Joplin used to say…freedom is just another word for nothing else to lose, as Libyan queueing for funds at their bank’s door are finding out. Qaddafi is gone and so are the perks. What will be left is a terrible civil war. The price of democracy!

“It is the joyous jiggling dance Americans do –USA! USA!- when their government slaughters someone illegally. It is primitive, but it is positively Libyan”. Wrong. It is positively American! Just saw a movie on the training of the US Army before going to Iraq. Soldiers running and singing:”Kill the women! Kill the children! “Then we are shown the results when civilians are gunned down in the streets by those braves. All on film. When they come back home, realising what they have done, they just commit suicide! These are ordinary Sunday soldiers with families.
We can hide the truth with prison sentences, but the truth eventually come through, and unfortunately for us we cannot plug the dyke any longer.