Der Fall Sebastian Edathy ist doch immer wieder für eine Überraschung gut. Jedenfalls brachte der Prozessauftakt gegen den wegen Herunterladens bzw. Besitzes kinder- und jugendpornografischen Materials angeklagten ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten eine unerwartete Wendung. Die Staatsanwaltschaft, die bislang wild entschlossen war, den Fall vor Gericht durchzuziehen und Edathy öffentlich ans Kreuz zu nageln, ließ plötzlich durchblicken, dass sie sich jetzt doch eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße vorstellen kann. Was den Sinneswandel von Oberstaatsanwalt Thomas Klinge hervorgerufen hat, ist nicht bekannt. Nicht auszuschließen ist, dass er mit den Ermittlungen gegen seinen Vorgesetzen, den Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig, zu tun hat. Es besteht nämlich der Verdacht, dass dieser den Abschlussbericht des Landeskriminalamtes, auf dem die Anklage gegen Edathy fußt, an Medienvertreter herausgegeben hat. Klinge selbst wollte dem zwar mit Blick auf das Verfahren vor dem Landgericht Verden an der Aller keine besondere Bedeutung beimessen und sprach von kompakten Vorwürfen und Beweisen. Aber wie dem auch sei, auf dem Weg zu der vor allem von Edathy so favorisierten Einstellung steht noch eine Hürde, die der Angeklagte selber aufgebaut hat. Denn der Oberstaatsanwalt fordert für seine Zustimmung zu einer Einstellung nichts weniger, als dass sich Edathy glaubhaft geständig einlässt – mit anderen Worten: Der Angeklagte soll zugeben, dass er die ihm zur Last gelegten Straftaten begangen hat. Denn das hat Edathy immer bestritten. Noch bei seinem letzten großen Auftritt vor der Bundespressekonferenz im Dezember letzten Jahres hat er klipp und klar festgestellt: “Es war sicherlich falsch, diese Filme zu bestellen. Aber es war legal.” Was soll ich sagen? Auch wenn es durchaus zu begrüßen wäre, dass der Angeklagte endlich seine von ihm selbst so perfide gestrickte Opferrolle aufgeben und die Verantwortung für sein schuldhaftes wie unmoralischen Handeln übernehmen würde, bliebe doch ein mehr als fader Nachgeschmack. Denn mit der Zahlung einer Geldbuße “im mittleren vierstelligen Bereich”, zu der er für die Einstellung des Verfahrens dem Vernehmen nach bereit ist, wäre er ganz schön billig davon gekommen – ungeachtet der Tatsache, dass seine Karriere in Deutschland definitiv beendet ist. Wie die Bürger dies bewerten würden, mag man sich allerdings gar nicht vorstellen. Neben die allgemeine Parteien- käme noch eine böse Justizverdrossenheit ganz nach dem Motto: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Man darf gespannt sein, wie viel Flurschaden der Fall Edathy noch anrichtet.