UND IM HERZEN DIE SEHNSUCHT

Von Hillebel

Lydia leitet ein Luxushotel in Spanien. Als sie eines Tages Besuch von einer jungen Hamburger Journalistin erhält, die sie für eine Fotoreportage interviewen möchte, wird Lydia schmerzlich an die Vergangenheit erinnert …

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Ein Hupton gellte in Lydias Ohr. Wie kam das Auto mitten in den Wald? Dieser Weg war nur für Spaziergänger und Reiter bestimmt! Aber Lydia hatte keine Zeit, sich weitere Fragen zu stellen. Denn ihre Stute bäumte sich wiehernd auf und schoss in panischer Angst vorwärts. Zweige schlugen Lydia ins Gesicht, trotzdem gelang es ihr, im Sattel zu bleiben. Sie musste das Pferd irgendwie zum Stehen bringen …

Plötzlich tauchte ein Reiter neben ihr auf. Er griff nach dem Zaumzeug und redete beruhigend auf das Pferd ein. Eine kleine Ewigkeit später trabte es ruhig neben dem seinen her …

Schweissgebadet fuhr Lydia in ihrem Bett auf. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Wie damals, vor 25 Jahren, als sie vom Pferd geglitten war und der Fremde sie in seinen Armen aufgefangen hatte. Jetzt war Lydia ganz wach. Sie knipste ihre Nachttischlampe an, verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf und hing weiter ihren Erinnerungen nach.

“Das ist noch mal gutgegangen”, grinste der unbekannte Reiter und wischte sich den Schweiss von der Stirn. “Wie ist das passiert?”

“Ein Auto hat gehupt – das hier im Wald nichts zu suchen hat. Sicher ein verdammter Stadtmensch”, erklärte Lydia wütend.

“Die wissen leider nicht, was sie damit anrichten können. Sind Sie denn allein ausgeritten?”

“Ja, aber das bin ich gewohnt. Ich reite, seit ich ein Kind bin. Ich mache Ferien auf dem Reiterhof.”

Die beiden Pferde grasten jetzt friedlich am Waldrand. Lydias Retter warf ihnen und Lydia einen Blick zu und meinte dann: “Tja, dann wollen wir mal zurück, aber diesmal bitte langsam. Übrigens: Ich heisse Klaus. Klaus Oeverbeck. Und mein Gaul heisst Odin.”

“Ich bin Lydia Büttner, und die Stute ist Rita. Es war sehr nett, dass Sie uns geholfen haben.”

“Was blieb mir anderes übrig?” lächelte er. “Es wäre schade gewesen um Sie beide.”

Sie liessen die Pferde im Schritt traben, damit sie trocken wurden. Als sie beim Reithof angekommen waren, nickte Klaus der jungen Frau zu: “Vielleicht begegnen wir uns ja noch einmal? Aber ich hoffe, unter weniger dramatischen Umständen.”

“Das hoffe ich auch. Und nochmals vielen Dank!” Gedankenverloren sah sie dem hochgewachsenen Mann auf seinem wunderschönen Hengst nach. Sie dachte an seine blauen Augen im sonnengebräunten Gesicht: Konnte man sich so schnell verlieben?

Wenn sie in den nächsten Tagen ausritt, sah sie Klaus und seinen weissen Hengst schon von weitem. Sie ritten eine Weile nebeneinander her, dann stiegen sie ab und liessen die Pferde grasen, während sie sich unterhielten. Er hatte seine Ausbildung als Landwirt beendet und half jetzt seinen Eltern auf dem Gut. Lydia lernte in Hamburg den Beruf der Hotelfachfrau. Sie hatte die Ferien auf dem Reiterhof mit einer Freundin zusammen geplant, die aber im letzten Augenblick hatte absagen müssen.

Lydias Liebe zu Klaus wuchs von Tag zu Tag. Sie spürte, dass auch sie ihm nicht gleichgültig war, trotzdem blieb er seltsam zurückhaltend. Es passierte dann dennoch an einem Nachmittag, an dem die Luft vor Licht und Wärme flimmerte. Sie lagen im Gras und beobachteten einen Marienkäfer. Ihre Köpfe berührten sich beinahe, und plötzlich trafen sich ihre Lippen zu einem langen, leidenschaftlichen Kuss. Lydia glaubte, vor Verlangen zu vergehen, aber Klaus löste sich abrupt von ihr, sprang auf und rief sein Pferd, das die Ohren spitzte. Kaum stand der Hengst vor ihm, schwang er sich auf dessen Rücken und trieb ihn zum Galopp an. Lydia blieb voll unbeschreiblicher Sehnsucht zurück. Sie verstand überhaupt nichts mehr …

Am nächsten Tag liess Klaus sich nicht blicken. Als Lydia nach ihrem Nachmittagsausritt zu einer Tasse Kaffee und einem Stück Butterkuchen ins Dorfgasthaus einkehrte, hörte sie ungewollt ein Gespräch mit an. Zwei Dorfbewohner unterhielten sich über die bevorstehende Hochzeit von Klaus Oeverbeck mit der Arzttochter Birgit Mertens. Das ganze Dorf war zu der Vermählung eingeladen. Endlich verstand Lydia Klaus’ seltsames Verhalten. Sie reiste noch am selben Tag ab.

In den darauffolgenden Jahren war viel anderes geschehen, die Sehnsucht nach Klaus hatte sie tief in ihrem Herzen vergraben. Doch jetzt hatte die Vergangenheit sie eingeholt. Denn die Journalistin, die sie für eine deutsche Frauenzeitschrift interviewen sollte, hiess Martina Oeverbeck und kam aus Hamburg. Selbst wenn sie vielleicht gar nichts mit Klaus zu tun hatte: Allein der Name genügte, um die Ereignisse von damals wieder lebendig vor ihr auferstehen zu lassen …

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Lydia stand sinnend an einem der von Säulen unterteilten Arkadenfenster ihres grosszügig eingerichteten Büros des Hotels “Andalucia”. Sie liebte den Blick auf die blaue Bergkette, an deren Fuss die Stadt Cordoba lag. Cordoba, ihre Wahlheimat.

Plötzlich klopfte es.

“Herein.” Lydia drehte sich um.

“Lydia, Frau Oeverbeck und Herr Krüger sind da”, kündigte ihr Stiefsohn Javier auf Deutsch an.

“Danke, Javier.” Lächelnd und mit ausgestreckter Hand ging Lydia auf die Journalistin und den Fotografen zu: “Willkommen im schönen Andalusien und in unserem Hotel.” Sie wies auf die Sitzecke: “Bitte, nehmen Sie doch Platz.”

Der Tee stand schon bereit. Nachdem Lydia eingeschenkt hatte, reichte sie die Schale mit den hausgemachten Plätzchen herum. Sie forschte im Gesicht der Journalistin nach einer Ähnlichkeit mit Klaus. Die blonden Haare? Die blauen Augen? Das strahlende Lächeln? Wie alt oder vielmehr jung mochte Martina Oeverbeck sein? Höchstens Mitte zwanzig, schätzte Lydia. Sie könnte tatsächlich Klaus’ Tochter sein.

Nach einer halben Stunde Smalltalk verliess Javier mit dem Fotografen das Büro, um ihm das Hotel zu zeigen, und Martina stellte ihr kleines Tonbandgerät an. Die junge Frau bewunderte Lydias liebenswürdig-souveräne Art, auf ihre Fragen zu antworten: Ja, sie hatte in Hamburg eine Ausbildung als Hotelfachfrau gemacht, hatte danach im In- und Ausland gearbeitet. Ausser Deutsch sprach sie Englisch und Spanisch und recht gut Französisch. Mit 30 Jahren hatte sie in einem der ersten Hotels von Barcelona gearbeitet und Don Felipe kennengelernt. Er stammte aus einer alten andalusischen Adelsfamilie und besass in der Nähe von Cordoba einen Landsitz, den er in ein Hotel umwandelte. Er hatte Lydia vorgeschlagen, die Umbauten zu überwachen und später die Leitung des Hotels zu übernehmen. Zwei Jahre später hatte er ihr einen Heiratsantrag gemacht.

“Den Sie angenommen haben”, lächelte Martina.

“Ja. Don Felipe war lebenserfahren, intelligent, in allen Dingen sehr grosszügig und ungeheuer kultiviert. Man musste ihn einfach lieben.”

“Die Spanier gelten gewöhnlich als Machos, nicht wahr?”

Lydia lachte und sagte dann weich: “Don Felipe war ein Mann. Im wahrsten Sinne des Wortes. Seine iberischen, maurischen, östereichischen und französischen Ahnen schienen ihm nur ihre Vorzüge mitgegeben zu haben.”

“Ihr Mann war ein erfolgreicher und vielbeschäftigter Geschäftsmann. Er hielt sich oft in Amerika auf.”

“Felipe war tatsächlich nicht oft in Cordoba, aber wenn wir zusammen waren, war jeder Tag ein Fest. Ich habe nie bereut, ihn geheiratet zu haben, und sein Tod vor zwei Jahren hat mich sehr getroffen.”

“War es eigentlich schwierig, das Hotel allein weiterzuführen?”

“Nein, ich habe es immer in eigener Verantwortung geleitet.”

“Sie haben einen Stiefsohn …”

“Ja. Javier ist jetzt 30. 17 Jahre jünger als ich. Seine Mutter Donna Luisa starb, als er sechs war.”

“Sie haben ihn also aufgezogen?”

“Als ich Don Felipe kennenlernte, war Javier 13. Er ging in ein Schweizer Internat und kam nur in den Ferien nach Hause. Aber wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Später studierte er in Amerika, und seit dem Tod seines Vaters führt er dessen Geschäfte weiter.”

“Glauben Sie, dass er sich mit Ihnen fotografieren lassen wird?”

“Aber natürlich! Deswegen ist er ja gekommen”, lachte Lydia.

“Wohnen Sie hier im Hotel?”

“Nein, hier habe ich nur ein Büro. Ich besitze ein schönes altes Stadthaus in Cordoba, das Felipe mir geschenkt hat. Den Landsitz der Familie hat natürlich Javier geerbt.”

“Mit Ihrem Mann zusammen hatten Sie auch viele gesellschaftliche Verpflichtungen. Konnten Sie das mit Ihrem Beruf in Einklang bringen?”

“Wie gesagt: Mein Mann war oft abwesend, aber wenn er hier war, hatte ich immer Zeit für ihn. Ich konnte mich immer voll und ganz auf mein Hotelpersonal verlassen.”

“Ihr Mann war sehr viel älter als Sie und oft unterwegs. Kann man unter diesen Bedingungen überhaupt eine glückliche Ehe führen?”

“Ja”, erwiderte Lydia mit Bestimmtheit. “Das kann man. Ich habe mir nie mehr gewünscht, als Felipe mit geben konnte.” Sie stand auf und trat wieder ans Fenster. Sie hatte nicht die ganze Wahrheit gesagt. Die Ehe mit Felipe war zwar sehr glücklich gewesen, aber ihre Beziehung war nicht auf Leidenschaft, sondern auf gegenseitige Zuneigung und Achtung aufgebaut. Leidenschaftliche Liebe hatte sie nur für Klaus empfunden …

Javier kam mit dem Fotografen zurück. Martin Krüger machte Aufnahmen von Lydia und Javier im Büro, in der Empfangshalle und im grünen Patio des Hotels. Danach zeigte Lydia den Journalisten aus Hamburg die Zimmer und sagte ihnen, dass sie frei im Hotel herumgehen und natürlich auch das Personal befragen könnten.

Am nächsten Tag machten sie weitere Aufnahmen in Cordoba und in Lydias wunderschönem Stadthaus, dann reisten Martina Oeverbeck und der Fotograf wieder ab. Lydia hatte Martina keine persönlichen Fragen gestellt. Eine seltsame Scheu hatte sie davon abgehalten.

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Zufrieden betrat Klaus Oeverbeck an diesem warmen Maiabend das Gutshaus. Nachdem er geduscht und sich umgezogen hatte, ging er in die Küche, aus der vielversprechende Düfte kamen. Frieda stand als Köchin am Herd: “Heute Abend gibt’s Pichelsteiner Fleisch”, verkündete sie. “Das ist Jörns Lieblingsgericht.”

“Es gibt hier immer nur Jörns oder Martinas Lieblingsgerichte, nie meine”, beschwerte sich Klaus bei der Haushälterin, aber seine Augen lachten dabei. Er war glücklich, dass Jörn nach dem Abschluss seines Agrarstudiums zurück auf den Hof gekommen war, selbst wenn der Junge seinen Kopf voller Änderungsvorschläge hatte und keinen Hehl daraus machte, dass er die Art, wie sein Vater das Gut bewirtschaftete, als längst überholt ansah. Klaus erinnerte sich noch zu gut daran, wie veraltet er selbst einst die Methoden seines eigenen Vaters gefunden hatte.

“Mutti hat angerufen”, berichtete Jörn, als Klaus das Esszimmer betrat.

“Und? Geht es ihr gut?” Vor zehn Jahren hatte Birgit ihm plötzlich eröffnet, dass sie genug davon hatte, “lebendig auf dem Land begraben” zu sein, und dass sie es bereute, gleich von der Schulbank weg geheiratet zu haben. Sie hatte Medizin studiert und arbeitete nun in einem Hamburger Krankenhaus. Vor zwei Jahren hatte sie Klaus um die Scheidung gebeten: Sie hatte einen anderen Mann kennengelernt. Inzwischen hatte er den Schmerz überwunden. Er mochte sogar ihren neuen Mann Dieter.

“Sie wollte nur Bescheid sagen, dass sie und Dieter für zwei Wochen nach Kenia reisen”, berichtete Jörn. “Sag mal, Paps, warum machst du nicht auch mal Urlaub?”

“Erstens kann ich das Gut nicht allein lassen, und zweitend fühle ich mich hier ausgesprochen wohl, Sohnemann.”

“Auf deine beiden Einwände gibt’s zwei Antworten: Erstens kenne ich den Laden hier bestens und kann dich vertreten, und zweitens bist du zu jung, um dich hinterm Ofen zu verkriechen. Du solltest dir mal ein bisschen den Wind um die Nase wehen lassen.”

Nach dem Essen machte Klaus es sich in seinem Lieblingssessel bequem und blätterte zerstreut die Zeitschrift durch, die Martina ihm letzte Woche dagelassen hatte. Warum eigentlich? Ach ja, es handelte sich um eine Folge ihrer Reportagen über erfolgreiche deutsche Frauen im Ausland. Hier ging es um die Direktorin eines Luxushotels in Cordoba. Die Fotos waren schon mal gut, stellte er fest. Markttag auf dem Plaza de la Corredera, ein bewachsener Patio, das schöne, von dunklen Haaren umrahmte Gesicht einer selbstbewussten Frau nahmens Lydia. Wie er dem Text entnehmen konnte, war sie die Witwe eines spanischen Adeligen. Der junge Mann, der lächelnd neben ihr stand, war ihr Stiefsohn. Es war beiden anzusehen, dass sie sich gut verstanden.

Er liess die Zeitschrift sinken. Lydia. Irgend etwas an ihrem Gesicht kam ihm bekannt vor. Und plötzlich sah er sich um Jahre zurückversetzt. Das durchgehende Pferd. Lydias wehendes Haar. Er erinnerte sich an den langsamen Rückritt und die nächsten Tage, an denen sie sich ständig begegnet waren. An das Gefühl, das zwischen ihnen aufgekeimt war, an den leidenschaftlichen Kuss. Er hatte mit sich selbst ringen müssen, um Lydia nicht seine Liebe zu gestehen – weil er sich vom Heiratsversprechen gebunden fühlte, das er Birgit gegeben hatte. Für ihn war es immer unvorstellbar gewesen, eine andere Frau als Birgit zu heiraten. Sie kannten sich von Kindesbeinen an.

Dann war Lydia unvermutet abgereist – ohne Abschied, ohne ein erklärendes Wort. Den Schmerz, den er empfunden hatte, hatte er tief in sich vergraben. Er hatte sich gesagt, dass es so vermutlich besser war, besser für sie alle. Und jetzt hatte Birgit ihn verlassen. Es war wie eine Ironie des Schicksals …

Er betrachtete wieder die Zeitschrift. Es gab ein anderes Foto von Lydia, in ihrem Büro am Schreibtisch. Je länger er es betrachtete, desto sicherer war er, dass es sich tatsächlich um “seine” Lydia handelte. Er spürte auf einmal den übermächtigen Wunsch, sie wiederzusehen, sie in seine Arme zu nehmen …

Der Telefon klingelte. Es war Martina: “Hallo, Paps. Hast du eigentlich schon meine Reportage gelesen?”

“Ich bin gerade dabei.”

“Stell dir vor, Javier hat mich angerufen. Er und Lydia fanden die Reportage sehr gelungen. Javier läd mich für die Ferien nach Cordoba ein. Ich habe gefragt, ob ich jemanden mitbringen darf, und er ist einverstanden. Ich habe dabei an dich gedacht, Paps. Bitte, komm mit. Es wird dir gut tun, ein wenig auszuspannen.”

“Sag mal, habt ihr ein Komplott geschmiedet, Jörn und du?”

Sie lachte und fuhr fort:: “Paps, du wirst sehen: Cordoba ist eine beeindruckende Stadt. Und Lydia ist eine wunderbare Frau.”

Fast wäre ihm herausgerutscht, dass er das wusste. Statt dessen fragte er: “Und was ist mit diesem Javier?”

“Kein Kommentar”, gab Martina zurück. Ihre Stimme war ganz weich.

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Lydia sprach mit einem englischen Ehepaar, das zu den Stammgästen des “Andalucia” gehörte, als Javier in Begleitung von Martina und eines gutaussehenden Endvierzigers den Patio betrat.
Sobald die Engländer sich verabschiedet hatten, wandte Lydia sich ihrem Stiefsohn und den Besuchern zu. Sie begrüsste die junge Frau, dann sah sie stumm Klaus an.

Martina wollte die beiden miteinander bekannt machen, aber Lydia kam ihr zuvor: “Guten Tag, Klaus”, sagte sie leise und merkte plötzlich, dass ihre Augen voller Tränen waren.

“Sie … Sie kennen meinen Vater?” fragte Martina verwirrt.

“Ja, wir kennen uns”, antwortete Klaus an Lydias Stelle.

Javier schien genau so überrascht zu sein wie Martina, aber er fasste sich schneller. “Komm, Martina, wir lassen die beiden allein.” Er hatte Erleichterung empfunden, als Martina ihm den Mann an ihrer Seite als ihren Vater vorgestellt hatte. Seine Befürchtung, sie könnte einen Freund mitbringen, hatte sich Gott sei Dank zerstreut. Er liebte Martina. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen, und er war sicher, dass das, was seine Stiefmutter und Martinas Vater miteinander verband, auch nichts anderes als Liebe war. Es gönnte es Lydia von Herzen – sie war zu jung, um allein zu bleiben.

Javier griff nach Martinas Hand und zog sie mit sich fort. Er war entschlossen, jede Minute der drei kostbaren Wochen, die vor ihnen lagen, voll auszukosten …

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Am Vorabend von Martinas und Klaus’ Abreise gab es im Hotel eine kleine Feier. Im Patio war ein festlicher Tisch mit schönem Geschirr und altem Familiensilber gedeckt. Javiers bester andalusischer Wein schimmerte rot in den kunstvoll geschliffenen Gläsern. Als Menü war eine von Lydia zubereitete spanische Gemüsesuppe und eine Paella vorgesehen, die in einer Kupferpfanne auf dem offenen Feuer garte. Als Nachtisch stand in einer Kristallschale ein erfrischender Fruchtsalat bereit.

Javier hob sein Glas: “Martina, Klaus, ich bin wirklich sehr traurig, dass die Ferien zu Ende sind und ihr zwei wieder fort müsst.”

Martinas Blick tauchte tief in die dunklen Augen des jungen Mannes ein, den sie liebte: “Es wird ja nicht für lange sein”, lächelte sie. “Ich werde wiederkommen, sobald ich alles in Hamburg geregelt habe. Ich kann meinem Beruf auch hier in Cordoba nachgehen. Und vielleicht kann ich hier endlich in Ruhe mein Buch schreiben.”

Lydia spürte ihrerseits Klaus’ zärtlichen Händedruck und lächelte ihm zu. Auch sie hatten Pläne gemacht. Jörn würde Klaus mehr und mehr auf dem Gut entlasten, und auch sie wollte mehr Verantwortung für das Hotel abgeben. Für Klaus und sie würde ein neues Leben beginnen – mal auf seinem Gut, mal hier in Cordoba. Sie würden endlich zusammen sein. Für immer. Und im Herbst würden sie hier auf dem Landgut eine wundervolle Doppelhochzeit feiern …

ENDE