Der Nachmittag in Astrid Lindgrens Värld ist mir in bester Erinnerung geblieben und dies nicht nur, weil die Welt von Michel, Pippi und Nils Karlsson Däumling einfach toll ist. Es war auch diese eine Begebenheit, die mich an jenem warmen – für schwedische Verhältnisse heissen – Tag beeindruck hat: Direkt neben einem der grössten Restaurants im Park gab es einen Badeteich, der an diesem Tag natürlich sämtliche Kinder magisch anzog. Das Problem war nur, dass kaum jemand daran gedacht hatte, Badehosen für die Kinder einzupacken. Wirklich ein Problem? Doch nicht in Schweden. Ohne zu zögern entledigten sich die schwedischen Kinder ihrer Kleider und sprangen ins kühle Wasser. Einige behielten zwar die Unterhosen an, die meisten aber waren splitternackt. Die einzigen, die sich über diese Unbekümmertheit erstaunt zeigten, waren wir. Nicht, weil uns die nackten Kinder gestört hätten, sondern weil wir uns nicht vorstellen konnten, dass Kinder in der Schweiz so frei sein dürften.
Wie ich heute bei “10 vor 10″ erfahren habe, soll hierzulande gar verboten werden, was in Schweden keinen stört. Die Kinder könnten einem Pädophilen vor die Kamera geraten, also seien sie zu schützen, indem sie beim Baden stets bekleidet seien, fordern einige Politiker. Diese Forderung ärgert mich, obschon ich Kinderpornographie und Pädophilie zutiefst verabscheue. Da sollen kleine, unschuldige Kinder nicht mehr nackt baden dürfen, weil sonst einige kranke Erwachsene auf verwerfliche Gedanken kommen könnten.
Irgendwie erinnert mich das an den alleinstehenden Mann mittleren Alters, der mich einst nach einem Gottesdienst bat, nächstes Mal doch bitte ein anderes Kleid zu tragen, weil er meinetwegen schmutzige Gedanken gehabt habe. Und wenn ich kein anderes Kleid anziehen wolle, solle ich gefälligst heiraten, damit er durch mich nicht zur Sünde verleitet würde. (Äh, nein, das ist nicht achtzig Jahre her, sondern knapp zwanzig.)