Wäre er Moslem gewesen, so hätte der deutsche Qualitätsjournalismus von den ideologisch verbohrten Untaten des Islamisten berichtet. Man hätte sein krankes islamistisch durchspültes Gehirn durchleuchtet, hätte die Denkfehler, die es bei solchen Gestalten zuhauf gibt, freigelegt und entrüstet obduziert. Und am Ende hätte es wieder einmal geheißen, dass der Islam selbst vielleicht nicht gerade mörderisch sei, wohl aber doch ein ertragreicher Nährboden für Gewalt, für unfassbar blutige Taten und Meere von Kadavern.
Der Wahnsinn kam aber von einem Norweger. Einer, der so ist wie viele. Er galt als rassistisch, islamophob und rechtsradikal. Der deutsche Journalismus, geschlossen von B wie BILD bis Z wie Zeit, schreibt nicht vom Islamophoben, von Islamophobisten, um beim üblichen Duktus zu bleiben, schreibt auch nicht vom Rechtsradikalen. Er nennt ihn, sofern er ein wenig seriös bleibt und nicht gleich zu dessen Psychopathie mäandert, Killer oder Attentäter. Selbst das Wort Terrorist findet weniger Anklang als üblicherweise, wenn der Killer oder Attentäter einen muslimischen Hintergrund hatte. Durchleuchtet jemand ausgiebig und ehrlich das Weltbild dieses Menschenfeindes? Seziert man seine Denke? Stellt daraufhin klar, dass seine Weltsicht, dieser klumpige Brei aus Hass und Abneigung gegenüber Fremden, aus Islam-Aversion und rassistischen Affekten, nicht unbedingt mörderisch sei, sehr wohl jedoch ein ersprießlicher Acker für Unerbitterlichkeit?
Es ist offenbar, dass es in diesem Lande Terroristen zweierlei Klasse gibt. Da gibt es Islamisten, die Terror betreiben, die Gesellschaft gefährden, unsere Lebensweise in Grund und Boden stampfen wollen. Und das sind ideologische Verbrecher, durch Allah Getriebene, einem blutigen Gott Unterstellte, sich schlicht und ergreifend aus dem Reich des Todes heranpirschende Verbrecher gegen die Menschlichkeit. Und es gibt psychopathische Spinner, die Attentate begehen, die zwar schrecklich traurig sind, aber scheinbar diese Gesellschaft kaum gefährden, vielleicht weil sie Teil dieser Gesellschaft sind. Die Ideologie wird ausgeblendet, auch begrifflich. Es sind Killer ohne geistige Schule, man kehrt unter den Teppich, dass sie ihrem Gott auf ihre Weise folgen, diesem Gott der Herrenmenschen, der rassistischen Unterteilung der Welt. Rassenhygienische Schriften sind kein Koran, Koryphäen der neuen Rechten sind keine grausamen Göttergestalten - wer mit solchen Leitmotiven zum Abschlachten übergeht, der ist nicht Jünger einer bestialischen Ideologie, der ist lediglich psychisch krank, verrückt, der ist Killer, nicht Islamophobist, als eine Art sprichwörtlicher Gegenspieler des Islamisten.
Der eine mordet, ist dafür aber nur bedingt persönlich haftbar, weil er als Instrument einer Ideologie tötet. Der islamistische Terrorist ist nur ausführende Hand des Islamismus, dem man wiederum unterstellt, dass er sich aus dem Islam, dem Koran nähre. Der Islamist ist somit Ausgeburt eines strukturellen Elends, nach westlicher Lesart. Eigentlich gibt es nach westlicher Interpretation gar keine Terroristen aus der muslimischen Welt: es gibt aber den entpersonalisierten muslimischen Terrorismus, es gibt diese Religion, die Gewalt heranmästet. Der andere, der im rassistischen Eifer tötet, der ist persönlich und nur persönlich haftbar, kein Instrument. Jene Ideologie, die ihn aushöhlte, ist nicht Sujet. Sie findet kaum Erwähnung, ist nur Makulatur, Ausschmückung für Journalisten, kein Nährboden. Der rassistische Fanatiker ist nicht Auswurf ideologischer Strukturen, er ist Fehlgänger, psychisch deformiert, damit Alleinschuldiger, ein trauriger und freilich auch verurteilenswerter Einzelfall. Vereinfacht, durch die westliche Brille gesagt: der Moslem, der terrorisiert, er ist der Normalfall, weil Allah auf Tod programmiert ist. Der Europäer, geschliffen durch eine rassistische Schule, er ist irgendwie ein Ausrutscher, unerklärlich, weil sein Gott (man verpasse ihm beliebige Namen aus der rassenhygienischen Historie - Haeckel, Ploetz oder Forel) eigentlich nicht a priori militant ist.
Dabei drängt sich nun eine Frage auf. Zunächst die Prämisse, zur Einleitung: Osama bin Ladin, der von seinen Zeltlagern aus aufwiegelte und Hassbotschaften aussandte, um in der Welt auf willige Ohren zu stoßen, die dann die Gewalt ausführten, die er nur verbal forderte - dieser Osama bin Ladin galt als Terrorpapst oder Terrorpate. Doch seine organisatorische Verwicklung in terroristische Anschläge galt immer als ungesichert und mehrmals las man, er sei nicht mehr als eine Art spiritual leader, der weder mittelbar noch unmittelbar ins Tagesgeschäft eingebunden sei. Trifft dies zu, so nötigt sich diese Frage auf: Sind die heutigen spiritual leader, die man schwerlich beim Namen nennen kann, um sich juristisch nicht angreifbar zu machen, solche die vielleicht über ein sich abschaffendes Deutschland fabulieren, sind diese Gestalten nicht vergleichbar mit jenem geistigen Führer aus der Wüste? Treiben sie nicht an, wie einst er? Schüren sie nicht den Hass, wie damals der Vollbebartete?
Die Abendländler, die Europa seit Jahren vergiften und vom Islam berichten, als wolle dieser die Welt im Schnelldurchlauf erobern, haben eine moralische Mitschuld an den Geschehnissen in Norwegen. Sie machten es erst möglich, sie holten den Rassenwahn zurück in die Welt. Der rassistische Terrorist, der nun beinahe hundert Menschen tötete, er mag die hiesigen Theoretiker, die uns seit Jahren in diesem Lande beschäftigen, nicht gelesen haben. Andere jedoch, solche aus seinen Gefilden, bestimmt. Der Rassenwahn und die Islamophobie haben letztlich eine europäisch-angelsächsische Internationale begründet, in der sich auch deutsche Theoretiker versammeln. Wenn nicht körperlich, so doch geistig. Vereint im herrenmenschlichen Geiste. Wo ist der Beschluss der Vereinten Nationen, die rassistischen Hassprediger und islamophoben Fanatiker, die auch in unseren Straßen, im Fernsehen und aus Büchern heraus Hysterie säen, dingfest zu machen? Aber dann, wir bleiben trotz allem an unsere Werte verhaftet, bitte keine Hinrichtung wie damals, als man den islamistischen spiritual leader erschoss, ihm nicht mal ein Gerichtsverfahren erteilte. Man überführe diese rassistische Gestalten körperlich unversehrt den Rechtsstaat und beweise ihnen somit, wie leistungsfähig Gesellschaften sein können, in denen Menschen verschiedener Herkunft rechtsstaatlich vereint leben.