Und der schwarze Peter wandert zu…. Kinder und Übergewicht (mal wieder)

Und der schwarze Peter wandert zu …

… denen, die sich nicht wehren können

… denen, die am leichtesten zu beeinflussen sind und am wenigsten hinterfragen

… denen, die am meisten zu verlieren haben

Den goldenen Windbeutel der Verbrauchertäuschung bekam dieses Mal die Capri Sonne.  Das Getränk, das gesunde, frisch gepresste Orangen verspricht und eine Menge zugesetzten Zucker enthält.

Somit ist klar,

… dass die Kinder schuldig sind. Sie werden getäuscht, also lassen sie sich täuschen. Sie sind zu gutgläubig, zu denkfaul, zu dumm, zu zuckersüchtig.

… dass die Eltern schuldig sind. Sie sind zu leichtgläubig, zu denkfaul, zu willensschwach und zu bequem, um ihrem Nachwuchs echte Orangen auszupressen.

Die Industrie wird wieder versprechen, dass sie sich um weniger Zucker bemüht und andere Süßungsmittel verwenden. Ob das dann gesünder ist, sei mit Fragezeichen versehen. Auf jedenfall wird es für die Mischer in den Laboren nicht einfacher. Das Getränk darf nicht weniger süß schmecken, es soll weniger Zucker enthalten, Stevia schmeckt vermutlich nicht so klasse und vor allem darf das Getränk nicht teurer werden, aber vor allem soll die Gewinnspanne nicht sinken. Da werden die Köpfe rauchen.

Unabhängig davon, wie ungesund/gesund Capri Sonne in Zukunft sein wird oder derzeit ist, der schwarze Peter ist mitnichten bei der Wirtschaft. Denn die flößen den Kindern das Getränk ja nicht ein. Auch die Supermärkte sind nicht schuld, es steht die Capri Sonne ja nicht allein im Regal und hinten in der Obstabteilung gibt es jede Menge frische Orangen, also die Wahl ist da.

Der schwarze Peter ist eindeutig wieder bei den Konsumenten, bei den Kindern und Eltern gelandet.

Was ich bedenklich finde ist die Tatsache, dass somit Übergewicht bei Kindern durch die Blume wiederum rein dem Zuckerkonsum zugeschoben wird. Kinder essen Zucker weil sie Zucker essen wollen, so die unterschwellige Botschaft. Sie trinken Zucker, weil sie das wollen. Sie haben es nicht besser gelernt. Sie sind verdorben durch die Dummheit der Eltern und hilflos ihrer Gier ausgeliefert.

Mit inkludiert ist in dieser Botschaft, dass es ja so leicht für Kinder ist, auf Zucker zu verzichten. Wenn nur die dummen Eltern und ihre Kinder mit erzogen werden, aufgeklärt werden. Und so gibt es wieder jede Menge Artikel darüber zu schreiben.

Schon bei der Einschulung sind die Kinder zu dick und zu ungelenkig. Das sagt man ihnen am besten vor versammelter Klasse, nach dem beschämenden Wiegen und Messen  und laut und verschafft ihnen einen hervorragend demütigenden Start ins Schulleben.

Und da die Barbie ja auch dünn ist und die lebenden Barbies sprich Models in den Magazinen auch, wird die Angst vor dem eigenen Körper vor allem bei den Mädchen immer größer, jede Veränderung während der Pubertät, der normale Zuwachs an Fettgewebe, die weicheren Körperformen werden zur Bedrohung des angestrebten Zombielooks.

“dick” , “fett”, “Pummel”, “Moppel”  – diese Bezeichnungen werden zu Schimpfwörtert, die weit mehr verletzen können als jede andere Form der Herabwürdigung.

Wie groß die Phobie der jungen Mädchen vor sich selbst geworden ist, kann jeder sehen, der bei gutefrage.net die Frage “Bin ich zu dick” eingibt.  356.000 Ergebnisse – werden dort gezählt. Es werden nicht wirklich so viele sein, wenn man sie alle durchklickt, aber genug, um zu erschrecken.  Und einige der Antworten erschrecken nicht minder.

Wollen wir wirklich ein Heer von magersüchtigen, kraftlosen, wehrlosen jungen Mädchen heranzüchten? Von Mädchen, deren Gedanken sich nur und immer ums (nicht)Essen kreisen, die permanent hungern und denken, das müsse so sein – und es somit den Modelagenturen leicht machen, indem wir sie wissen lassen, wo sie ihren Nachwuchs abholen können? Genau vor der Klinik….

Egal, welche Körperform ein Kind hat. Es hat vor allem eine Seele, ein Selbst-Bewusstsein, das viel zu zerbrechlich ist  als dass wir es den “wohlmeinenden” Diätgurus und der raffgierigen Schlankheitswahn-Industrie vor die Fänge werfen dürfen.  Und Eltern lieben ihre Kinder, es ist völlig verkehrt ihnen vorzuwerfen, diese fast schon absichtlich mit “schlechten” Produkten vollzustopfen.  Und jene Kinder, die wirklich mehr (vor allem Süßes) essen, als ihr Körper braucht und haben will (unabhängig von der Körperform) haben meist einen sehr traurigen Grund dazu, einen Grund, den kein Diätcamp verschwinden lassen kann.  Doch darum kümmern sich viel zu wenige der “wohlmeinenden” Stimmen aus Medizin und Diätwissenschaft.


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