Irgendwann wird es soweit sein. Dann führen sie mich ab. Dann gehts direkt aus der Konzerthalle in den Knast. Dann habe ich sie umgebracht. Sie, die falschen Fans, die wir-haben-bei-einem-ratespiel-im-radio-zwei-tickets-gewonnen-konzertbesucher. Wie ich sie hasse. Oder die, die ihre Tickets zum Geburtstag, zu Weihnachten oder, noch schlimmer, zum Valentinstag, bekommen haben. Und eigentlich gar nicht hingehen wollten. Weil sie die Band gar nicht kennen. Noch nie was gehört haben vom Künstler, der sich auf der Bühne abrackert. Die, die überhaupt keine Ahnung haben, was da auf der Bühne gespielt wird. Geschweige denn, was die da singen. Ist ja ausländisch. Vasteh ma nich.
Die sind wirklich schlimm. Besonders, wenn sie neben einem stehen. Oder, noch besser und viel öfter, wenn sie direkt vor einem stehen. Hand in Hand. Arm in Arm. Und immer vor mir. Nicht vor anderen. Nein, vor mir. Irgendwann fängt Sie an, mit dem Arsch zu wackeln. Und in den Knien zu wippen. Eine Art Tanz. Wie in der Disco (sie ist auch angezogen, als ob sie zur Disco gehen wollte). Zu einem Song, der mehr politisches Statement in sich hat, als diese zwei da vor mir je in ihrem Leben von sich geben werden. Vom Geschehen auf der Bühne sehe ich nun nur noch ab und an was. Jetzt seh ich was. Jetzt nicht. Jetzt seh ich wieder was. Jetzt wieder nicht. Meine linke Hand ballt sich leicht zur Faust, die rechte knautscht den Bierbecher. Vorsicht, noch ist (teures) Bier drin.
Er nimmt dann seinen Arm von ihrer Schulter. Es ist ihm nun doch etwas peinlich. Sie legt aber schon zwei Takte später seinen Arm wieder dahin zurück. Schaut ihn kurz Kopf schüttelnd und vorwurfsvoll an. Hallo!!! Wir haben die Karten gewonnen. Also mach schön mit, mein Hübscher. Auch wenn keiner von uns beiden weiß, was hier eigentlich abgeht. Sagt dieser Blick. Da muss Er nun durch. Oder auch nicht. Er wehrt sich. Wie? Genau! Er fängt an zu diskutieren. Während der Künstler auf der Bühne gerade seine schönste Ballade anstimmt und die ersten Takte bei den echten Fans für Gänsehaut sorgt, quatschen die beiden da vor mir dazwischen. Reden dem Künstler ins Lied. Nun ballt sich auch mein Hirn zur Faust.
Ich nehme den Becher mit dem Bier, halte ihn kurz über ihren Kopf, schütte dann den Inhalt auf sie, als gleichzeitig mein Nachbar sie anstößt und zu ihr sagt: Halt jetzt deine Fresse oder verpiss dich. Sie wollen zuerst protestieren, sehen dann aber ein, dass sie gegen 500 oder mehr keine Chance haben. Gerade, als sie sich zum Gehen entscheiden, erwache ich aus meinem Wunschtraum. Natürlich stehen sie immer noch vor mir und quatschen und tanzen und reden und meckern und reden und quatschen und reden. Nur eins machen sie nicht: Zuhören. Jetzt wäre der Zeitpunkt gekommen, sie umzubringen. Ich tu es nicht. Mein Messer hat der Türsteher konfisziert. Ihr Glück. Und nun ist auch das Konzert vorbei. Aber ich weiß, dass ich es irgendwann einmal tun werde. Dann bring ich sie um.