Nerds können aufatmen, man muss keine polyglotten Großleistungen mehr aufs grammatische Parkett legen, wenn man sich mal wieder hemmungslos und freudig pestschwarz vergnügen mag. Panini hat endlich dieses kleine übellaunige Miststück von Comic, welches Garth Ennis (Storyboard), Amanda Conner (Zeichnungen) und ihr Ehemann Jimmy Palmiotti (Tusche) 2002 auf die Menschheit losliessen eingedeutscht.
In Kurzform: Ein extraterrestrischer Beobachter schliesst mit seinem kleinen Schwebeandroiden eine Wette ab, dass jedes menschliche Wesen das Potential zum Superwesen hat (die werte abstrakte Gottheit und Mephisto lassen grüssen) und schwupps verleiht er einer wohlfeil abgefuckten Alleinerziehenden Superkräfte.
Es ist naheliegend, dass diese Dame, die sich als Teilzeitnutte verdingen muss um ihr Baby durchzubringen, nur schwerlich in Übereinstimmung zu bringen ist mit den ehrbaren (und weltfremden) Gelöbnissen der gemeinen flugbegabten Strumpfhosenträger.
Und so ist es kein weiter Weg zum ersten Konflikt. Nachdem die "Liga der Ehre" - eine Ansammlung schreieend komischer Parodien großer "Figuren anderer Verlag" - äääh ich meinte natürlich "Ikonen der Comic-Kultur" [Ennis] in ihren Club aufgenommen hat läuft einiges aus dem Ruder. Feinde werden übelst vermöbelt und am Ende mit einer lustvollen Golden Shower vollkommen gedemütigt - sehr zum Erschrecken des asexuellen Der Super-Heilige - unschwer als dieser Junge von Krypton zu erkennen.
Auch ihr gossengeschulter Duktus stösst auf Ablehnung, insbesondere Die grüne Limette eine jugendfrei rappende Schrumpfepigone des ruhmreichen Green Latern tickt bei dieser Wortgewalt wortstark aus. Aber dem nicht genug, The Pro gibt sich nicht damit zufrieden ihre neuen Talente zum Schutze der Menschheit und zum Ruhme der Strumpfhosen einzusetzen, sondern nutzt, nachdem sie den Anführer der Liga durch einen liebevollen Fellatio als sterilen Held diskreditiert hat, auch ihre Skills auch im alten Gewerbe und macht mit Handjobs in Lichtgeschwindigkeit reichlich Asche.
Nein, der Comic ist weder politisch korrekt noch irgendwie zeichentheoretisch aufwertbar - aber warum auch? Ihr findet hier eine der durchgeballersten Girls Revenge-Szenen aller Zeiten, werdet Zeuge wie die Klischees des maskulinen Rächers und seines freundlichen Boytoys ähh Gehilfen hingebungsvoll durch den bittersüssen Kakao gezogen werden und ganz nebenbei erfahren wir, dass Superhelden bloss auch Spiesser wie alle anderen sind - einziger Unterschied, sie können eben fliegen.
Ennis beweist einmal mehr dass seine Gift und Galle gewordenes Storyboarding einfach lustiger ist als die seiner zahlreichen Epigonen und mit Connor hat er eine mächtige Verbündete im Kampf gegen die Sterilisierung des Genres gefunden. Dieses Dreierteam sollte heilig gesprochen werden. Jetzt sofort! Da es mir aber an dieser römisch-katholische Kompetenz mangelt gebe ich zunächst mal ne Flaneurempfehlung und erpresse derweil mal den Papst :D.
Und 100 Nerds kichern "Hihi, Superschlampe!"
Autor des Artikels : derdigitaleflaneur
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