Unausgesprochenes im Konjunktiv

Von Liebeserklaerer

Bloß nicht zu viel zeigen.

Manchmal ist das Leben gut zu uns. Und gibt uns Chancen. Schickt uns zum richtigen Zeitpunkt in die richtige Bar. Gibt uns den richtigen Termin zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Lässt uns eine Bahn verpassen. Damit wir diesem einen Menschen über den Weg laufen.

Dann liegt es an uns. Aus Blicken und Anziehung mehr zu machen. Manchmal kriegen wir das hin. Manchmal nicht. Weil wir uns nicht trauen, Angst vor Zurückweisung haben, es nicht gewohnt sind, Mut aufbringen zu müssen.

Manchmal haben wir trotzdem Glück und finden uns am nächsten Tag bei Facebook. Und etwas Schönes kann beginnen.

Manchmal kommt aber das Leben dazwischen.

Timing ist für die Liebe ebenso wichtig wie die Liebe. Und die Chancen, die uns das Leben gibt, nimmt es auch wieder. Schickt uns in andere Städte, lässt Dinge dazwischenkommen, bevor aus Magie mehr werden durfte. So bleibt Unausgesprochenes unausgesprochen. Aber es bleibt. Irgendwo, und in den Erinnerungen an das, was nicht war.

Bis die nächste Chance kommt. Am Alexanderplatz, zum Beispiel. Auf dem Oktoberfest. Am See. Großstädte werden zu Dörfern. Zufällige Begegnungen, Lebenswendungen, die wieder an dieselben Orte führen. Oder uns Vorwände verschaffen, Gründe liefern, uns zu melden. Bei dieser Person, die das Leben uns schickte. Also, eine neue Chance, die nutzen wir jetzt aber. Doch dazu müssen wir ihm trauen, dem Leben und seinem Drehbuch, das uns aber schon oft enttäuscht hat. Warum also soll dieser Plot funktionieren? Also: Nummer Sicher, das Leben ist unsicher genug.

Unausgesprochenes bleibt wieder unausgesprochen, im Konjunktiv schafft es es vielleicht geschrieben in eine WhatsApp-Nachricht. Unter Umständen, möglicherweise, war ja gar nicht so gemeint. Irgendwo zwischen den Zeilen, uneindeutig, versteckt sich, was wir wirklich sagen wollen. Wer sein Herz auf den Tisch legt, hat schon verloren – seine Unnahbarkeit, sein Geheimnis. Ist jedes Geheimnis wert, bewahrt zu werden? Wer sein Herz auf den Tisch legt, kann gewinnen – etwa die Erkenntnis, dass es da alleine liegen bleibt. Das Risiko ist zu groß. Wir verzichten deshalb lieber auf die Chance, dass ein zweites Herz dazukommt.

Wenn alle Chancen verspielt, alle Gelegenheiten vorbei sind, dann sagen wir es manchmal. Dass wir ja nicht wussten, woran wir waren. Wenn wir uns sicher gewesen wären, dann hätten wir uns doch getraut. Konjunktive, ausgesprochen. Die nicht mal Sinn ergeben. Wer sicher ist, muss sich nichts mehr „trauen“. Genau das will das Leben aber, im Gegenzug für die Chancen, die es uns gibt.