Unarten in Boxgyms

Von Betker

Es gibt Unarten, die man vor allem in Boxgyms findet. Ich meine nicht die Unfähigkeit, eine Tageszeit ansagen zu können, wenn man das Gym betritt. Diese armen Kreaturen sind schließlich nur Opfer ihrer Sozialisation. Ihre Mütter haben schlicht versäumt, ihnen das Grüßen beizubringen. Ich spreche auch nicht von den entkräfteten Sportlern, die es nicht schaffen, die Trainingsgeräte zurückzulegen oder leere Shampooflaschen in den Müll zu schmeißen. Was ich meine, sind vielmehr ganz boxspezifische Unarten.
1.Unart: In Boxstiefeln trainieren
In jedem Gym sind sie zu sehen: Boxerinnen und Boxer, die in Boxstiefeln trainieren. Boxstiefel sind für den Boxring konzipiert. Der Boxring ist in der Regel eine leicht federnde Konstruktion, die mit einer Filzmatte gedämmt und mit einer Stoffplane überspannt ist. Dementsprechend hat ein Boxstiefel eine extrem flache und flexible Sohle und keine Dämpfung. Da man aber in der Regel nicht in einem Ring trainiert, sondern in der Boxhalle, deren Böden nie so gedämmt sind wie Boxringe, sind Boxstiefel schlicht das falsche Schuhwerk. Die vernünftigste Erklärung gab mir eine Boxerin. Sie erklärte: Schwarze Boxstiefel machen einen schlanken Fuß. Wer nicht unbedingt einen schlanken Fuß haben muss, sollte in Boxhallen lieber in gut gedämpften Turnschuhen mit einer durchgängigen Sohle trainieren.
2. Unart: Zwischen den Fingern bandagieren
Die Hand des Menschen ist von der Natur oder von Gott, je nach Anschauung, zum Greifen und nicht zum Schlagen gemacht. Dementsprechend muss man die Hände vor Verletzungen schützen – und das tut man mit Bandagen. Was ist also die Funktion des Bandagierens?
a.) Man stabilisiert das Handgelenk, um es vor dem Umknicken zu schützen.
b.) Man dämpft die Schlagfläche, um sich vor Prellungen zu schützen.
c.) Man stabilisiert die Mittelhandknochen, um Brüche zu verhindern.
Wenn man sich zwischen den Fingern bandagiert, fühlt sich die Hand zwar größer und „stärker“ an, aber man drückt dadurch die Mittelhandknochen auseinander. Dadurch verändert sich die Statik der Hand. Natürlich gibt es Menschen, die glauben, sie seien klüger als die Evolution oder Gott. Aber wirklich vernünftig ist das nicht. Profis haben zum Beispiel zwischen den Fingern nur ein zusammengedrücktes und zum Teil halbiertes Stück Tape.
3. Unart: Mit Boxhandschuhen Liegestütz machen
Wer kam eigentlich auf diese blödsinnige Idee, mit Boxhandschuhen Liegestütz zu machen? Es besteht nämlich kein Grund, mutwillig die Dämpfung von Boxhandschuhen dadurch kaputt zu machen. Aber es wird gemacht. Boxhandschuhe sind prinzipiell fürs Boxen und fürs Sparring gemacht. Selbst für die Gerätearbeit gibt es eigene Handschuhe. Aber für Liegestütz gibt es keine eigenen Handschuhe. Dementsprechend kann man das getrost auch ohne machen.
© Uwe Betker