Umverpacken, Formalitäten erledigen und abkassieren (Avastin & Lucentis)

Von Ibex @Patientensicht

Avastin (Roche) vs Lucentis (Novartis)

Zeitungsmeldung:

SP-Gesundheitsdirektor bringt Pharma in Rage, Tages-Anzeiger, 9. Juli 2011

Die Geschichte dahinter:

Roche stellt das erfolgreiche Krebsmedikament Avastin her (6 Mrd. Umsatz pro Jahr). Im 2005 entdeckt ein Augenarzt zufällig, dass dieses Medikament gegen die Augenkrankheit Makuladegeneration (AMD) hilft. Der Erfolg und die Wirksamkeit des Medikamentes sind nicht zu übersehen. Die Augenärzte beginnen schnell, das Medikament einzusetzen. Ärzte sind in der Anwendung von Medikamenten nicht eingeschränkt. Dies wird übrigens auf Englisch als Off-Label Einsatz bezeichnet.

Im Jahre 2007 bringt Novartis, der 30% der Aktien von Roche gehören, das Medikament Lucentis auf den Markt. Dabei ist Lucentis im Prinzip eine Neuverpackung des Medikamentes Avastin. Zusätzlich wurden die notwendigen wissenschaftlich Studien erstellt. Das Übel dabei ist nun, dass dieses Medikament über 10x teurer verkauft wird. 10x teurer! Und das für ein Medikament für das praktisch kein Forschungsaufwand geleistet wurde. Auf keinen Fall jenen häufig genannten langjährigen risikoreichen Forschungsprozess von dem nur jedes 10. Medikament überlebt. Nein, umverpacken, Studien erstellen und verkaufen.

Roche ist natürlich nicht interessiert das Medikament Avastin für die Augenkrankheit Makuladegeneration (AMD) wissenschaftlich zu überprüfen und anzubieten und dabei Novartis, dem 30%-Eigentümer von Roche, Konkurrenz zu machen.

In der Schweiz werden nur wissenschaftlich geprüfte Medikamente zugelassen und von Krankenkassen bezahlt. Diese Regel macht Sinn, denn sonst könnte jeder sein «Wässerchen» anbieten, ob es nun hilft oder nicht. Hier wird diese Regel nun aber von Novartis und Roche schamlos zu Lasten der Allgemeinheit ausgenutzt.

Aber Roch und Novartis handeln eigentlich nachvollziehbar. Es sind gewinnorientierte, börsenkotierte Unternehmen, die ihren Aktionären und Managern verpflichtet sind und keine Wohltätigkeitsorganisationen. Das Problem liegt vielmehr dort, dass die Gesellschaft und der Staat es nicht schaffen – weil sie zu schwach, zu unmotiviert oder was auch immer sind – einen vernünftigen Preis zu erzielen.

Wer die Geschichte nicht glaubt, der möge in Avastin und Lucentis. Ein Lehrstück der Gesundheitspolitik, Makuladegeneration: Der Arzneikrieg - „wohlwollend geduldet“, FAZ.NET, 25. Feb. 2010 und Lucentis contra Avastin: AMD Medikament - SWR Fernsehen, 1. März 2007 weiterlesen.

Ein kleiner Beitrag den jeder Schweizer selber leisten kann: Unterstützung und Unterschrift der Transparenzinitiative. So wird wenigstens Klarheit über die (Un-) Abhängigkeit der Parlamentarier geschafft.