Umdenken mit Mama Venditti

Es war schon in der Finanzkrise so und jetzt, wo wir uns endlich ernsthaft überlegen müssen, ob es auch ohne Atomstrom geht, geht das Gejammer wieder los: Wir können doch nicht einfach so unsere Ansprüche runterschrauben. Wir haben uns an einen bestimmten Standard gewöhnt und unsere Lebensqualität würde sich massiv verschlechtern, wenn wir plötzlich mit weniger Strom, weniger Rohstoffen, weniger CO2-Verbrauch, etc. auskommen müssten.

Nun, ich weiss nicht, wie ihr das seht, aber in meinen Augen gibt es ganz viele Dinge, ohne die wir auskommen könnten, ohne dass unsere Lebensqualität unter dem Verlust leiden würde. Im Gegenteil, sie würde sich sogar erheblich verbessern. Hier sind einige Dinge – zugegebenermassen  vor allem kleine Dinge, aber irgendwo muss man anfangen – die mir so ganz spontan einfallen:

Kinder-Überraschungseier: Habt ihr schon je ein Kind gesehen, das dank dieser unsäglichen Kleinstspielzeuge ein glücklicheres Leben hatte? Ich nicht. Im Gegenteil. Meine Kinder sind danach meist bedeutend unglücklicher als zuvor. Entweder, weil der Bruder das viel bessere Spielzeug drin hatte oder aber, weil das Ding innert Minuten kaputt war. Warum nicht Rohstoffe, Energie und zugleich elterliche Nerven sparen und das Zeug abschaffen?

Das Spielzeug zum Happy Meal: Der gleiche Grund wie oben, nur dass man hier noch weiter gehen könnte und nicht nur das Spielzeug, sondern den ganzen Laden rund ums Spielzeug abschaffen könnte. Glaubt mir, die Kinder früherer Generationen waren nicht unglücklicher, bloss weil sie nicht nach Lust und Laune Müll in sich reinstopfen konnten. Wozu man einen Betrieb aufrecht erhalten muss, der rund um den Globus rund um die Uhr gesunde Nahrungsmittel in ungesunden Mist verwandelt, der all den Mist in unnötige Verpackungen steckt und dann auch noch Tag und Nacht die Leuchtreklame eingeschaltet haben muss, damit er nicht in Vergessenheit gerät, leuchtet zumindest mir nicht ein.

Musikberieselung allüberall: Kann mir mal einer erklären, weshalb in einem vollbesetzten Café, in dem sich unzählige Menschen angeregt unterhalten, auch noch Musik laufen muss? Wozu es gut sein soll, dass mir beim Bummel durch eine beliebige Altstadt dieses Landes aus jedem Laden andere Musik entgegen dröhnt? Wie es mein Leben bereichern soll, dass im Parkhaus Musik läuft und zwar auch sonntags? Weshalb ich selbst dann, wenn ich mit meinem Kind auf der Notfallstation auf den Bescheid des Arztes warte, ungefragt mit seichter Radiomusik beschallt werden muss? Konservenmusik wohin man geht und keiner fragt sich, wie das Leben klänge, wenn man auf diese Lärmverschmutzung, die ganz nebenbei auch noch ziemlich viel Strom fressen dürfte, verzichten würde.

Licht zu jeder Tages- und Nachtzeit: Die Strassenlampen brennen auch tagsüber? Ist doch nicht weiter schlimm, wir haben ja ein Kraftwerk gleich um die Ecke, das uns den Strom dazu liefert. Nächtliche Beleuchtung von Sehenswürdigkeiten? Aber klar doch. Wie soll sonst die Menschheit je erfahren, dass hier ein imposantes Schloss, dort eine schöne Stadtkirche steht? Lichtshows am Nachthimmel? Aber natürlich. Die Menschen haben doch einen hohen Eintrittspreis bezahlt, also muss der Partyveranstalter auch etwas Spektakuläres bieten. Dass die Vögel dabei fast durchdrehen und die Nachbarn einen Vogel kriegen, kümmert doch keinen.

Erdbeeren aus Spanien: Seien wir doch ehrlich, die Dinger schmecken scheusslich. Es sei denn, man befinde sich gerade zufällig in Spanien und habe die Zeit, darauf zu warten, bis sie reif sind. Ach, und wo wir schon bei den Erdbeeren sind: Hat mir jemand einen Tipp, wie ich Luise davon überzeugen soll, dass es am Montag keine Geburtstagstorte mit Erdbeeren geben soll? Das Argument „Erdbeeren, die so lange gereist sind, sind unglücklich und schmecken deshalb nach gar nichts“, hat sie noch nicht vollends überzeugt.

Strombetriebene Mini-Ferraris für Kleinkinder: In so einem Gefährt sieht auch das intelligenteste, aufgeweckteste und glücklichste Kind nur noch gelangweilt, dumm und verzogen aus. Da verschwendet man wertvolle Ressourcen, nur um ein Kind derart zu degradieren. Weg damit!

Arbeiten bis Mitternacht und darüber hinaus: Früher war spätestens nach dem Abbrennen der letzten Kerze Schluss und die Arbeit musste bis zum nächsten Tag warten. Heute ist dank Glühbirne, Computer und Drucker erst Schluss, wenn die Arbeit beendet ist. Ich kenne mindestens einen Menschen auf diesem Planeten, der ein glücklicheres Leben führen würde, wenn sich abends, wenn die Kinder im Bett sind, die Arbeitszeit nicht beliebig ausdehnen liesse.

Mike Shiva & Co: Kann mir mal einer erklären, inwiefern sich unsere Lebensqualität verbessert, wenn das Fernsehen rund um die Uhr jedem Deppen, der glaubt, etwas zu sagen zu haben, auch noch einen Sendeplatz anbietet? Und wenn kein Sendeplatz mehr frei ist, der Deppen aber noch immer genug da sind, gründet man eben einen neuen Sender, auf dass wir nie in Gefahr geraten, uns einmal ein paar Momente lang mit Nachdenken abgeben zu müssen. Würde man das Fernsehprogramm auf die wirklich sinnvollen, informativen und unverzichtbaren Sendungen begrenzen, wir könnten wohl morgen aus der Atomenergie aussteigen.

Beautifulvenditti: Ja, dieser Blog bedeutet mir sehr viel und ich freue mich sehr darüber, dass er für eine Handvoll Menschen zur täglichen Unterhaltung beiträgt. Aber glaubt mir, ich bin mir mehr als bewusst, dass die Menschheit sich auch ohne meinen Beitrag früher oder später zugrunde richten wird auch ohne meinen stromfressenden Beitrag auskommen könnte.

Umdenken mit Mama Venditti

 



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