Ich bin im Bowl-Fieber! Ja genau, diese hipsteresken Schüsseln mit allerlei Superfoods bestückt, die gerade sämtliche gentrifizierten Großstadt-Viertel und gleichzeitig meinen Instagram-Feed fluten. Ich bin keiner von denen, die genervt mit den Augen rollen, wenn wieder jemand mit Chia-Samen, Miso-Paste und Matcha-Latte um die Ecke kommt. Ich gestehe: ich bin ein Opfer dieses Trends. Er hat mich angefixt, mit seinen blumigen Vokabeln und vielleicht sogar mit dem Gefühl, dass man dadurch nicht nur satt und glücklich, sondern auch kerngesund, wunderschön, hochkonzentriert, pickel- und fettfrei wird. Ich bin das Gegenteil von diesem Mann (lesenswert!). Call me Konsumopfer, ist schon ok.
Im Grunde ist es ganz simplel. Früher war gesundes Essen eigentlich immer ziemlich unsexy. Ihr wisst schon – Spinat, Apfelschnitze, Vollkornbrot mit Margarine, bei ganz armen Schweinen auch mal Lebertran. Findige Trendscouts , vermutlich irgendwo aus Berlin Mitte, haben jetzt einen Paradigmenwechsel eingeleitet und gesundes Essen kurzerhand in den Deckmantel des ganzheitlichen Genusses gehüllt. Das funktioniert zur Zeit unfassbar gut, vor allem dank einer ausgefeilten Art und Weise Essen zu präsentieren und zu beschreiben. Wenn ein Salat mit Obsteinlage plötzlich „Indian Summer Nourishment“ heißt. Wenn aus schnödem Reis plötzlich Crispy Rice und aus Krautsalat Kimchi-Slaw wird. Wenn eine ungleichmäßig lackierte Schüssel mit abgeplatztem Rand plötzlich „Bowl“ heißt und Menschen mit Wollmütze und Tattoo dafür Schlange stehen.
Ich bin zwar weder Wollmützen-affin noch tätowiert, aber ich finde es ziemlich klasse, wie viel kreative Energie momentan in die Speisekartengestaltung solcher Restaurants fließt. Ich habe nicht das kleinste Problem damit, dass man mir hier gesunde Lebensmittel in diversen Bowls als Soulfood andrehen will. Nachdem ich neulich viel zu lange über der Speisekarte des Katapazzo aus München hing, sah ich den Zeitpunkt gekommen, meine eigene Schüssel zu füllen. Meine eigene Bowl zu kreieren. Dass ich für sowas anfällig bin, hatte sich angedeutet im Blog. Hier zum Beispiel. Oder hier.
Wie baut man sich so eine Bowl zusammen? Ich bin nach dem Baukastensystem vorgegangen. Eine gesunde Getreidesorte als Basis, dazu Lieblingsgemüse, Nüsse, getrocknete Früchte und als verbindendes Element irgendwas Cremiges mit verrücktem Einschlag. Ein bisschen stolz bin ich im Nachhinein auf meine Idee, die von Natur aus eher zurückhaltende Hirse mit einem Umami-Fond zu infundieren – daher rührt auch der Name meiner Schale. Umami-Fond bedeutet: Wasser, etwas Honig, getrocknete Steinpilze, Tomami, alter Balsamico und ein Schuss Sojasauce. Alle Komponenten – mal abgesehen vom Wasser, strotzen nur so vor Glutaminsäure, also natürlich auftretenden Geschmacksverstärkern. Auf dieser Basis lässt sich aufbauen. Scharf angebratene Auberginen und Austernseitlinge mit Parmesan umkrustet (wieder: Umami!), dazu ein angerösteter Nuss-Mix, Cranberries und Eine Majonnaise auf Basis von Miso-Paste (Umami hoch 10). Eine ordentliche Ladung Limettensaft war da am Ende nötig, um den geschmacklichen Wumms in die richtige Bahn zu lenken. Insgesamt: Oberlecker. Bleibt nur die Frage: Ist eine Bowl mit Superfoods jetzt der neue Superbowl? Wie auch immer. I keep on bowling…
Zutaten für eine große Umami-Bowl
- 100 Gramm Hirse
- 200 ml Wasser
- 1 TL Honig
- 20 Gramm getrocknete Steinpilze
- 1 EL Tomami
- 1 El Tamari
- 1 TL alter Balsamico
- 1 Aubergine
- 100 Gramm Austernseitlinge
- 30 Gramm Parmesan
- 30 Gramm Butter
- eine Prise Zucker
- 40 Gramm Nüsse nach Wahl
- 40 Gramm getrockenete Cranberries
- 1 EL helle Miso-Paste
- 1 Ei (zimmerwarm)
- 50 ml Sonnenblumenöl (besser: ein aromatisches Öl wie Pistazienkernöl o.ä.)
- Saft einer halben Limette
- 1 El Creme Fraiche
- Meersalz
- Pfeffer
Zubereitung der Umami-Bowl
250 ml Wasser erhitzen, bis es leicht köchelt. Steinpilze, Sojasauce, Tomami, Honig und Balsamico dazu geben und 10 Minuten leicht sieden lassen. Die Hirse hinein geben, einmal aufkochen und 20 Minuten bei geringer Hitze quellen lassen.
Aubergine in kleine Würfel schneiden, Austernseitlinge in grobe Stücke zupfen. Etwas Sonnenblumenöl in einer Pfanne stark erhitzen und die Auberginenwürfel darin 10 Minuten scharf anbraten, dabei immer wieder durchschwenken. Nun die Austernseitlinge hinzufügen, bei weiterhin starker Hitze fünf Minuten mitbraten. Röstspuren erwünscht! Anschließend die ein Stück Butter durchschwenken, etwas Zucker einstreuen und Parmesan darüber reiben. Alles gut durchschwenken und schmelzen lassen. Mit Meersalz würzen. Nüsse in einer Pfanne ohne Fett anrösten.
Für die Majonnaise ein Ei trennen und das Eigelb mit der Miso-Paste und dem Limettensaft verquirlen. Öl unter ständigem Rühren mit dem Schneebesen langsam zugießen und emulgieren lassen. Creme Fraiche unterheben und mit Salz und Zucker abschmecken. Frühlingszwiebeln fein hacken und unterrühren.
Hirse in einer Schale anrichten und in der Mitte eine Mulde eindrücken. Auberginen und Pilze hineingeben. Mit Nüssen und Cranberries bestreuen und mit der Majonnaise beträufeln. Zum Schluss fein gehacktes Grün der Frühlingszwiebeln darüber streuen. Das dekorative Kraut auf dem Bild ist Vogelmiere.