Um die Felle der Volksgunst

Um die Felle der VolksgunstLangweilig war, aber gerade darum spannend. Auf den letzten Metern geben die Kandidaten nun noch einmal alles: Der künftige SPD-Ministerpräsident Jens Bullerjahn mag seine Frau nicht öffentlich zeigen, dafür hat er die Gruppe City, die den Wählern zum Finale den Marsch bläst. Krude Thesen, Blut und Hoden: "Einmal fassen, tief im Blute fühlen, dies ist mein und es ist nur durch dich." Gemeint ist zur Feier des Tages wohl Jens Bullerjahn.
Dessen künftiger Ministerpräsidentenkollege Wulf Gallert, erster Ministerpräsident der Linken seit Hans Modrow, hält es mit der Frau genauso - Transparenz auf ostdeutsch. Hier wird noch der Mann gewählt, nicht die Frau. Auf der Bühne in der Stadtmitte zum Wahlkampfabschluss denn auch nur Männer. Der kleine Gysi auf einer Riesenbühne, daneben Gallert, das Gesicht das ganze Gegenteil von hohlwangig. Artur der Engel in links, schwebend über dem Wahlvolk, das womöglich doch hundert Köpfe zählt. Die Gruppe City würde hier gut hinpassen.
Auch beim konservativsten künftigen Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt, das mit 20 Milliarden Euro Schulden auf strikten Sparkurs gegangen ist. Rainer Haseloff, der sich selbst "Black Hasi" nennen lässt und Kaffeetüten mit diesem Aufdruck verteilt, hat eine Frau, die für die bedeutungslose Rolle der "First Lady" bereit ist. "Belebend, stark, 100 Prozent Sachsen-Anhalt", findet sich der Kandidat. So wirkt auch seine Gabriele, die als Zahnärztin praktiziert wie Sigmar Gabriels neue Liebe Anke Stadler .
Allen zusammen gefällt die Musik der Gruppe City. Hier gleichen sich die Frisuren, die Gesichter, die Lebensläufe, die Köpfe, die Augen, der Wille zur Machtausübung, der Wille zum Staatmachen. "Die Kuschel-Ossis von Sachsen-Anhalt" macht die ‎Sächsische Zeitung im Nachbarland aus, wo eine parteiübergreifende große Koalition aus Politaufsteigern der Nachwendejahre sich das Land als Beute teilt.
Worum es auch immer geht, wer auch immer im Mittelpunkt steht - rundherum sind die anderen. In Ausschüssen und Aufsichtsräten, in Kreisparlamenten und Ministerien, in Handlanger- und Anführerrollen, in Parteiämtern und als Anführer der Exekutive. Sie verleihen sich gegenseitig Orden für ihre sorgfältig durchgeplanten Karrieren, sie marschieren Schulter an Schulter "gegen rechts" (Angela Merkel) und zerschneiden Einweihungsbänder für Investitionen, die sie weder bezahlt noch beschlossen haben. Sie tragen dieselben Anzüge, fahren dieselben Autos, sprechen dieselbe Sprache, kommen aus denselben Kungelrunden. Sie kennen sich und sie lieben sich nicht,a ber sie sind alle zusammen stolz auf das, was andere geleistet haben.
Denn hier, und das macht die Wahlen in Sachsen-Anhalt immer so unglaublich spannend, kann jeder mit jedem. Der schwarze Hase mit dem roten Blasengel, der Mansfelder Metalfan mit der zugereisten Grünen oder dem importierten Gelben. Alle einst das eine große gleiche Grundinteressse: An die Macht kommen, um die Macht dazu zu nutzen, an der Macht zu bleiben.


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