Um die Ecke zu denken

Von Volkerhepp

Eigentlich kam mein Kunde wegen Beziehungsproblemen zu mir. Seine Frau war auch dabei. Die Sorge, sich immer weiter von seiner Familie, seiner Frau und seinen Freunden zu entfernen, trieb ihn an, jetzt doch eine Lösung zu suchen. Im Laufe der letzten Monate hatte er sich immer mehr abgeschottet, zurückgezogen und war lustlos geworden. Unterbrochen durch Phasen der Traurigkeit schleppte er sich zur Arbeit und schaute, dass er dennoch bestmöglichst funktionierte. Seine Frau war zur Sitzung mitgekommen und saß neben ihm.

Manchmal ist es nicht das Naheliegende

Während des Gesprächs kam heraus, dass er das, was er beruflich macht, eigentlich nie machen wollte – immerhin schon seit 10 Jahren. Und dass die Frustration von Monat zu Monat schlimmer wird und er sich morgends schon ziemlich abkapselt, um den Tag zu überstehen. Aufblühen ist nur noch dann angesagt, wenn es um sein Hobby geht, das er eigentlich gerne zum Beruf gemacht hätte. Eigentlich.

Und wir kamen darauf, dass ihn auch innerhalb der Familie ein Konflikt belastet, bei dem er seit einiger Zeit versucht, keinen festen Standpunkt einzunehmen. Niemandem auf die Füße treten war seine Devise. Und das kostet Kraft. Auch hier war abschotten angesagt, um das durchzuhalten. Und wir kamen auf den Freundeskreis, der auch immer bedient werden wollte, um den bisherigen Status Quo aufrecht zu erhalten. Ganz schön viel.

Meine Frage war “Was würden Sie denn tun, wenn Sie auf gar nichts Rücksicht nehmen müssten?”. Die Antwort kam ziemlich schnell. Und genau hier zeigt sich dann auch generell ziemlich schnell ein Weg auf, den wir Menschen gehen können zur sprichwörtlichen Lösung. Was würden wir denn eigentlich tun, wenn wir auf nichts Rücksicht nehmen müssten? Und wenn jetzt ein “, aber” aus Ihnen herausbricht: Wie wäre es, wenn dieses “, aber” nur ein probates Mittel wäre, das Sie vom Handeln abhält? Und wenn diese ganzen Begründungen dieses “, aber” gar nicht von Ihnen stammen, sondern Stimmen Ihrer Umwelt sind? Der Umwelt, die schon eh immer wusste, was gut und besser für Sie ist?

Was verändert sich bei diesen Gedanken?