Viele Leser haben es bemerkt: Unsere Meldung vom gestrigen Dienstag (1. April) zur Abschaltung aller UKW-Sender in Deutschland war unser diesjähriger Aprilscherz. Natürlich ist gestern kein einziger UKW-Sender in Deutschland außer Betrieb genommen worden.
Es ist schon paradox: In einer rundum digitalisierten Welt steht der UKW-Hörfunk, 1925 erstmals erprobt und seit 1949 im Betrieb in Deutschland, nach wie vor wie ein Fels in der Brandung mit einem Marktanteil von über 90 Prozent. Geht es nach den großen Privatradios, soll sich dies nach Möglichkeit nie ändern. UKW sei nach wie vor das einzig funktionierende Geschäftsmodell der Gattung Hörfunk, sagt aktuell Klaus Schunk, Geschäftsführer des baden-württembergischen Privatsenders Radio Regenbogen und Bereichsleiter Hörfunk beim Privatfunkverband VPRT im “Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk”. Wenn man dort überhaupt eine digitale Zukunft im Hörfunkbereich sieht, dann eher im Internet. Wobei dies in den meisten Fällen eine Verlegenheitsausrede ist, denn man will in erster Linie eines: DAB+ verhindern und den UKW-Hörfunk noch über das nächste Jahrzehnt, oder noch besser: die nächsten Jahrzehnte, retten, um sich weiter die Pfründe zu sichern. Denn die Werbeeinnahmen im Hörfunk sprudeln, trotz neuer Konkurrenz aus dem Internet wie durch Streamingdienste à la Spotify.
Dabei steht mit DAB+ eine für den Hörfunk wie geschaffene neue Technologie bereit, die UKW tatsächlich hoch überlegen ist. Aber sie bedeutet für die etablierten Sender vor allem eines: mehr Konkurrenz. Und das schmeckt denjenigen, die über eine exzellente UKW-Reichweite verfügen und damit seit Jahrzehnten gut verdienen, natürlich gar nicht. Denn neue Konkurrenten auf Augenhöhe sind in der analogen Welt nicht mehr zu erwarten: Das UKW-Band ist überfüllt, bis auf kleine leistungsschwache Frequenzen, die nur punktuell bereit stehen, passt nichts mehr hinein. Ganz anders bei DAB+: Bis zu 200 Radiosender wären theoretisch pro Region möglich – alle gleichberechtigt in punkto potenzieller Reichweite.
Eines zeigt sich allerdings im Moment auch: Nur aus dem Markt heraus kann DAB+ kein Erfolg werden. Nach zweieinhalb Jahren haben sich erst gut drei Millionen Bundesbürger für die Anschaffung mindestens eines Digitalradios entschieden. Dem stehen noch gut 300 Millionen UKW-Radios entgegen. DAB+ ist ein noch sehr zartes Pflänzchen, das langsam wächst, aber nun vor allem eines braucht: einen Anschub, sei es durch finanzielle Mittel seitens der Landesmedienanstalten. Oder der Festlegung eines verbindlichen UKW-Abschalttermins durch die Politik.
Im Endeffekt werden Politiker über die Zukunft des Hörfunks entscheiden müssen, und es wird spannend sein auf welche Lobby sie hören: Auf der einen Seite sind es die Protagonisten beim Digitalradio – die meisten ARD-Anstalten, das Deutschlandradio, wenige Privatradios, die Geräteindustrie, Marketing- und Gattungs-Gesellschaften. Auf der anderen Seite sind es die großen Skeptiker – fast alle kommerziellen Radios, aber auch einige wenige ARD-Anstalten und die großen Hörfunkvermarkter.
Alleine der gesunde Menschenverstand sagt aber eines: Der Hörfunk kann in der digitalen Welt nicht dauerhaft als einzige Bastion analog bleiben, zumal – wie bereits erwähnt – mit DAB+ eine Technik bereit steht, die dem UKW-Hörfunk hoch überlegen ist.