Überraschungscomeback: Nuschelbär im Nischenfernsehen

Da ist er wieder, der Nuschelbär des Nischenfernsehens, der Gott des Geister-TV, die Ikone aller Anhänger von inhaltlich anspruchsvollen Gesprächen, originellen Wendungen und selbstgemachtem Mundart-Blues.
Thomas G. Hornauer sendete mit seinem privaten Kanal Telemedial für alle, die machtlos, mühselig und beladen waren, er schwatzte sich bereitwillig um Kopf und Kragen, versammelte um sich eine ganze Karikaturenausstellung an Hellseher, Schwarzmalern, Kristalkugelguckern und emotionslos herumsitzenden Ausstattungsstücken. Ein Abend mit Hornauer war nie verschwendete Zeit, denn hier, im Königreich des Klemmfurzes, passierten keine grauenhaften Hüpfunfälle wie bei "Wetten, dass...", der auf anderen Kanälen als Dauermoderator dienende Führer wurde weder ausgegraben noch ausgeweidet und Nachrichten, die so tun, als seien sie welche, kamen auch keine. Hornauer stand meist einfach so herum, plapperte Unsinn und unterhielt die Seinen damit prächtig.
Zumindest bis es den Staatsfernsehkanälen ungemütlich wurde mit der ungewohnten Konkurrenz durch den Yoga-Überflieger. Jetzt ließen die Intendaten die Fernsehräte aufmarschieren, um die eigene Quote durch die gnadenlose Vernichtung des Wettbewerbers zu sichern. Hornauer versuchte sich mit seinem selbsternannten "ersten spirituellen TV-Sender in Europa" eine Zeit lang in hinhaltendem Widerstand. Jede Sendestunde zählte, denn bereitwillig um teure Lebensberatung bettelnde Anrufer bedeuteten bares Geld. Dann aber hatte ihn die geballte Medienmacht der großen Parteien, der Jugendwächter und Geschmackswärter doch zur Strecke gebracht: Der pummelige Partisan des Bastelfernsehens schickte ein letztes Mal Schwingungen zum Energieausgleich aus, dann verschwand er von der Mattscheibe, als habe es ihn nie gegeben.
Bis jetzt. Nun aber ist Thomas G. Hornauer wieder da, wenn er auch eigentlich noch immer weg ist. Von Thailand aus sendet Telemedial über die Seite Orangetable im Stil eines russischen Agentensenders über das Internet. Diesmal ist Hornauers Sender der für "Ihre innere Heilung" und in seinen bewegenden Auftritten brummt der deutlich in die Breite gegangene Rundfunk-Rebell meist beruhigend lange, elegische Erörterungen in ein hörbar preiswert zugekauftes Headset. Dazu gibt es eine telemediale Lebensschule, eine telemediale Bibliothek und - zuletzt allerdings schon im Oktober 2009 - die amorph um Begattung flehende "Inspiration zum Zeitgeist des Tages" von Meister Hornauer selbst ausgedacht.
Aber er wird gehört und er darf wieder verehrt werden, der Nuschelbär des Nischenfernsehens, der letzte Bewahrer der Idee vom Bürgerfernsehen, in dem jeder sagen kann, was er nicht weiß, und alle tun dürfen, wovon sie keine Ahnung haben. Den Mächtigen erwächst mit Hornauers auferstandener Rebellenwelle Kanal Telemedial zweifellos ein zweiter gefährlicher Gegner neben Wikileaks, nur eben auf der "seelischen Ebene", wie der gruselige Guru Hornauer selbst sagen würde.


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