Überraschung im „Puppenhaus“

Von Claytec @claytec

Einen außergewöhnlichen Baustoff entdeckte CLAYTEC PR-Berater Dr. Michael Willhardt bei Sanierungsarbeiten an einem historischen Fachwerkhaus. Für die Ausmauerungen fand dort ein besonderes „Abfallprodukt“ der regionalen Industrie früherer Zeiten Verwendung.

Historische thüringische Recycling-Variante: Porzellan-Gussformen als Mauersteine

Im thüringischen Ohrdruf erwarb der langjährige CLAYTEC-PR-Mann Dr. Michael Willhardt ein historisches Fachwerkhaus. Willhardt arbeitet seit Jahren als PR-Berater im Bereich Lehmbau und ökologisches Bauen. Dabei erstreckt sich sein Engagement nicht nur auf die Theorie. Mittlerweile hat er auch viele praktische Erfahrungen gesammelt. So legte er bei der Sanierung seiner Geschäftsräume in einem Gründerzeitbau im Duisburger Stadtteil Hochfeld ausgiebig selber mit Hand an: Wandheizung, Innendämmung und Lehmputz sind für Willhardt gute alte Bekannte. Sein Haus in Duisburg diente darüber hinaus für CLAYTEC vielfach als Experimentierbasis und für Tests neuer Produktentwicklungen.

Logierhaus „Villa Ihler“ in Ohrdruf in Thüringen

Doch auch ein so erfahrener Lehmbau-Experte wie Michael Willhardt erlebt mitunter noch Überraschendes bei der Beschäftigung mit historischen Bauten. Bei der ersten Bestandsaufnahme zum baulichen Zustand einer neu erworbenen Immobilie, dem historischen Logierhaus „Villa Ihler“ in Ohrdruf, kamen jetzt ganz besondere „Bausteine“ zum Vorschein. Nicht umsonst wird der Haustyp im Volksmund der Region nördlich des Thüringer Waldes auch als „Ohrdrufer Puppenhaus“ bezeichnet. Von seiner Entdeckung berichtet Willhardt in einer E-Mail:

„Wir haben einige Gefache entnommen und interessante Mauersteine im Innenbereich gefunden (siehe Fotos): Viele Fachwerkhäuser in der Gegend wurden zwischen 1850 und der Zeit kurz nach dem ersten Weltkrieg mit Gußformen aus der Ohrdrufer Puppenindustrie gebaut, für gut 50 Jahre waren diese ausrangierten Gußformen ein typischer Baustoff. Ursprünglich dienten die Formen zur Herstellung von Porzellanpuppen, die im „Bisquitverfahren“ zwei mal gebrannt wurden. Die Porzellanmasse wurde in die (sehr leichten, schwimmfähigen) Gipsformen gegossen und dann geschwenkt, so dass sich die Porzellanmasse an den Außenseiten der Formen absetzte. Der Gips entzog der flüssigen Porzellanmasse die Feuchtigkeit, sodass sie zum ersten Brand fest genug wurde, um sie aus den Formen zu nehmen.

Puppenherstellung in Ohrdruf – Abb.: Gemeinde Ohrdruf

Die Formen wurden von einer Mutterform abgenommen und vielfach verwendet. Wenn die Abnutzung entsprechend war, dann wurden sie „entwertet“, indem etwa bei Köpfen ein Kreuz durch die Augen gemacht wurde. So wurde verhindert, dass die Formen von anderen weiterverwendet wurden. Dann wurden sie als Baustoff zur Abholung abgegeben (meistens wohl verschenkt). Es muss massenhaft solcher Formen gegeben haben, die dann in Fachwerkhäusern und Scheunen (meist im Innenbereich) zur Ausmauerung der Gefache Verwendung fanden, aber auch als Deckenschüttung (in klein gemahlener Form). Die sehr unterschiedlich großen „Steine“ wurden mit Lehm vermauert und  mit Lehm oder Kalkputz verputzt – Sorptionsfähigkeit garantiert.“

Wir sind gespannt, wie es mit der Villa Ihler in den nächsten Bauabschnitten weitergeht. Workshops zu den Themen Innendämmung mit Lehmputz, ökologischer Trockenbau, und Wandheizung in Lehm hat Michael Willhardt bereits fest eingeplant, und auch soviel ist sicher: So wie im Westen das Büro Willhardt in Duisburg, wird in Mitteldeutschland die Villa Ihler für CLAYTEC Experimentierwerkstatt und Probebühne für neue Produktentwicklungen werden.