Überraschung

748592_web_R_B_by_Rudolpho Duba_pixelio.deAm Freitag hatten wir hier im Büro eine Weihnachtspäckchen-für-Flüchtlinge-Aktion. Also, kurz erzählt, es werden Päckchen gepackt, die dann an Flüchtlinge weiter gegeben werden. In unserem Fall handelte es sich um ein kleines Kind. Das machte mir natürlich besonders viel Spaß dafür einzukaufen, bei mir ist es ja schon ein bisschen her und dann war es hier noch für ein kleines Mädchen, eine ganz neue Erfahrung. Wobei ich gar nicht genug betonen kann, dass ich mit einem Sohn sehr zufrieden bin. Wenn ich schon eingekauft habe, würde ich ja gerne sehen, wie meine Auswahl ankommt, aber das ist ja leider nicht vorgesehen. Nachher würde der eine oder andere behaupten, dass man sich sicher profilieren müsste im Rathaus. Wer weiß, vielleicht stimmt es ja das eine oder andere Mal. Mir geht es aber dabei nur um die leuchtenden Kinderaugen oder auch nicht.

Für „oder auch nicht“ ist mein Sohn Experte. Oder man könnte auch sagen, dass er sich schon mal nicht ganz so mit Ruhm bekleckert hat oder dass ganz vieles schief gelaufen ist. Mit liebevoll gepackten Päckchen für Kinder habe ich so meine Erfahrungen. Damals, da war er vier oder fünf. Meine Mutter hatte mir da was erzählt, mich überredet. Die Kirchengemeinde, ja damals ging die Elwira noch mehr oder weniger in die Kirche, wenn es sich nicht irgendwie vermeiden ließ, hatte den Nikolaus zu Besuch. Die Aktion war folgende: der Nikolaus saß nach der Messe mit den Kindern zusammen in einem Kreis und verteilte die Geschenke. Die Geschenke mussten natürlich vorher die Eltern abgeben. Ich sage jetzt dazu mal nichts, ich hab schon damals keine Kirchensteuer gezahlt und hier zahle ich noch weniger.

Ich war so clever. Ich hab an alles gedacht. Und ich hab mir so viel Mühe gegeben. Der Mini-Szyca, der sollte einen kleinen Winnie Pooh-Wecker bekommen. Der war ja so süß. Mit ein wenig Abstand betrachtet, muss ich mir wohl eingestehen, dass ich mehr auf Winnie Pooh stand als er. Ich hatte da noch einen größeren Karton, da habe ich den Wecker reingetan. Und weiter war noch sehr viel Platz an den Ecken und drumherum, da habe ich noch zusätzlich Bonbons und Nüsse dazu gelegt. Ich war so stolz auf mich und es war so ein kleines süßes Päckchen. Tja, alles wäre gut gegangen aber leider habe ich die Rechnung ohne die anderen Eltern bzw. den Blagen gemacht. So naiv wie ich war, dachte ich mir, dass es hier nur um Symbolcharakter geht. Zusätzlich wollte die ganze Familie danach noch Essen gehen und wenn ich irgendwas verschenkt hätte, was sich in seine Einzelteile zerlegen hätte lassen, dann wäre es nie und nimmer heile Zuhause angekommen. Und ich dachte mir, dass dann das Geschrei erst recht groß gewesen wäre. Tja, so weit so gut.

Jetzt musste ich, wie ich fand, eine sehr langweilige Messe überstehen und mich überkam ein ungutes Gefühl, weniger wegen der Messe, es waren die Messdiener, die mir Sorgen machten. Sie trugen Pakete so groß wie eine Doppelhaushälfte, nein eine Doppelhaushälfte war es wohl nicht, aber mindestens ein Barbie Traumhaus oder eine Eisenbahn. Unglaublich, so groß waren meine Geschenke damals nicht einmal zu Weihnachten. Warum also zum Nikolaus? Ich hätte mit allem gerechnet, nur nicht damit. Und es kam, wie es kommen musste. Die Kinder saßen am Ende der Messe in einem Kreis, der Nikolaus las die Namen von den Geschenken vor und das Kind, was benannt wurde, ging nach vorne und holte sein Geschenk ab. Dann war mein Kind an der Reihe. Schon damals war er wohl nicht blöd. Er blieb sitzen. Nikolaus verwirrt, alles schaute sich um, dann führte ihn meine Mutter zum Nikolaus, widerwillig ging er mit, und meinte, dass das Geschenk zu klein wäre und er hätte lieber ein großes wie die anderen auch.

Dann war das Geheul groß. Schlimmer als bei ihm war es bei mir. Ich war damals sehr emotional, bin ich heute sogar noch manchmal, manchmal sogar viel zu übertrieben. Damals war ich einfach so enttäuscht, enttäuscht über mich, dass ich die Lage nicht richtig eingeschätzt habe, enttäuscht über mein Kind, dass es nicht so bescheiden ist, wie ich es gerne hätte. Aber wie heißt es so schön, nichts ist so beschissen gelaufen, dass es sich nicht zum Guten wenden lassen würde.
Vielleicht bin ich kein guter Mensch, aber das ist auch egal. Als ich das emotionale Chaos überstanden hatte und mir einen Überblick verschafft hatte, habe ich meinem Sohn folgendes erzählt: guck mal, aber du darfst es niemandem erzählen, der Nikolaus muss so viele Kinder beschenken, zwar ist sein Sack sehr groß, aber wenn er so große Geschenke den Kinder machen würde, würden die doch nie und nimmer rein passen. Also schenkt er den Kindern immer nur ganz kleine Päckchen. Und diese Päckchen passen alle in den Sack. An einem kleinen Päckchen kann man erkennen, dass es vom Nikolaus kommt. Wenn die anderen Kinder große Geschenke bekommen haben, heißt es, dass die Eltern die Geschenke mitgebracht haben, damit die Kinder nicht traurig sind, dass der Nikolaus ihnen nichts geschenkt hat. Mann, hat er sich jetzt über sein kleines Päckchen gefreut. Und mir ging’s auch besser.

(Foto: Rudolpho Duba / pixelio.de )


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