Heinz frühstückt eigentlich nie allein. Um seinen Küchentisch in einem mittelfränkischen Dorf sitzen Franzosen, Italiener, Russen, Kanadier, Albaner, Holländer und Briten. Gekommen sind sie über’s Internet: Heinz bietet private Zimmer in seinem Haus über das Buchungsportal Airbnb an – und ist Gastgeber mit Leib und Seele.
Es duftet nach frisch gebackenen Semmeln und Kaffee. Auf dem großen Holztisch in der Wohnküche steht eine Schüssel selbst gekochte Marmelade, Quitte-Kirsch gibt es heute. Dazu: „Home made organic apple juice!“, kündigt Heinz an. Auf den seien seine Gäste besonders heiß. Die Gäste, das sind an diesem Morgen ein britisch-albanisches Ehepaar mit ihren drei Kindern und einem gemeinsamen Freund. Sie sind auf der Durchreise von London nach Albanien und erst nachts um drei in Kehl angekommen.
Persönliche Ausflugstipps von den Gastgebern
Die Familie nächtigt nicht zum ersten Mal im in dem alten fränkischen Sommerkeller. „Viele unserer Gäste kommen immer wieder“, freut sich Heinz. „Es entstehen richtige Freundschaften.“ Verschlafen überreicht eines der Mädchen Heinz und seiner Frau Lydia ein Gastgeschenk. Das passiert öfter, erzählt das Paar. Eigentlich fast jedes Mal. „Das hier ist kein Hotel – es ist eher wie eine Übernachtung bei Freunden“, erklären sie die Philosophie von Airbnb.
„Meine ersten Gäste waren zwei Studenten aus Norddeutschland, die eine Woche Urlaub in der Region machen wollten“, erzählt der Hausherr. Mit zahlreichen persönlichen Ausflugs- und Gastronomietipps habe er die beiden dann losgeschickt – so macht er dass bei vielen Urlaubern. Auch private Führungen durch seinen alten, 200 Meter langen Felsenkeller bietet er an. Den Gästen gefällt’s offenbar: Mittlerweile ist der handgeschrieben Kalender am Küchenfenster vollgestopft mit Übernachtungsanfragen.
Land und Leute kennenlernen
„Die Leute kommen nicht hierher, weil sie sich kein Hotel leisten können“, räumt Heinz mit viel gehörten Vorurteilen auf. „Die wollen kein Hotel. Die wollen persönlichen Kontakt, die wollen Land und Leute kennenlernen“. Das bestätigt auch Allison, die Britin: „Einmal waren wir in Paris in einer Airbnb-Unterkunft. Der Vermieter hat uns nur den Schlüssel in die Hand gedrückt und ist dann wieder abgehauen… da waren wir richtig enttäuscht. Heinz und Lydia hingegen lieben es einfach, Menschen in ihrem Zuhause zu beherbergen.“
Es geht Heinz bei der Zimmervermietung nicht ums Geldverdienen, sagt er. „Ich mag vor allem die vielen interessanten Gespräche mit den Leuten aus allen möglichen Ländern“, sagt er. Aus seinem fränkischen Bergdorf muss er dafür nicht raus: Er holt sich die Welt eben an seinen Frühstückstisch.
Über Airbnb:
Das Motto von Airbnb: Willkommen daheim
Airbnb ist die Abkürzung für „Airbed and Breakfast“, also Luftmatratze und Frühstück. Das Motto: Willkommen daheim. Die Online-Buchungsplattform für Privatunterkünfte wurde 2008 in Kalifornien ins Leben gerufen und vermittelt mittlerweile Zimmer und Wohnungen in 190 Ländern. Nach eigenen Angaben gibt es mehr als 800 000 Menschen weltweit, die Unterkünfte zur Verfügung stellen – mehr als 17 Millionen Übernachtungsgäste haben davon bereits Gebrauch gemacht.
Vielen ist die erfolgreiche Zimmervermittlung im Internet ein Dorn im Auge. Gerade Großstädte, die mit Wohnungsnot zu kämpfen haben, möchten das Zweckentfremden von Wohnraum unterbinden; Berlin hat bereits entsprechende rechtliche Schritte eingeleitet. Auch die Finanzämter möchten gerne wissen, welche Einkünfte die Vermieter mit den Unterkünften erzielen – denn viele geben es in ihrer Steuererklärung nicht an.
Wer selbst Mieter ist und ein Zimmer (oder gar seine ganze Wohnung) auf Airbnb anbietet, könnte ebenfalls Probleme bekommen: Der BGH hat Anfang 2014 in einem Urteil das „Wohnungssharing“ nicht als gwöhnliche Untervermietung anerkannt. Das bedeutet: Ohne Erlaubnis des Vermieters könnte es mächtig Ärger geben, bis hin zur fristlosen Kündigung.
Zuletzt ärgert sich natürlich vor allem auch die Hotelbranche über die Vermittlung günstiger und privater Unterkünfte im großen Stil. Die ursprüngliche Zielgruppe von Airbnb ist zwar eine gänzlich andere als die von klassischen Hotels und Ferienanlagen, doch mittlerweile werden auch semi-professionell betriebene Unterkünfte auf der Plattform angepriesen. Weitere Konkurrenz ist absehbar: Erst kürzlich startete Airbnb ein neues Angebot speziell für Geschäftsreisende.